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Politik

Justiz will für Osman Kavala lebenslange Haft

9. Oktober 2020

Seit drei Jahren sitzt der renommierte Mäzen Osman Kavala im türkischen Hochsicherheitsgefängnis Silivri - in Einzelhaft. Die Staatsanwaltschaft in Istanbul präsentierte nun eine neue Anklageschrift.

Belgien Osman Kavala in Brüssel
Osman Kavala im Dezember 2014 in Brüssel Bild: picture-alliance/AA/D. Aydemir

Die türkische Staatsanwaltschaft hat eine "verschärfte" lebenslange Haftstrafe gegen den seit drei Jahren inhaftierten Unternehmer und Mäzen Osman Kavala gefordert. Sie veröffentlichte in Istanbul eine neue Anklageschrift gegen den prominenten Kritiker des islamisch-konservativen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Darin wird Kavala wegen seiner angeblichen Beteiligung am gescheiterten Putsch von 2016 der "versuchte Sturz der Regierung" und "politische Spionage" vorgeworfen.

Der gleichen Vergehen wird in der Anklageschrift der in Istanbul geborene amerikanische Professor Henri J. Barkey beschuldigt, dessen "örtlicher Mitarbeiter" Kavala gewesen sei. Der im Ausland lebende Türkei-Experte Barkey, ein ehemaliger Direktor des Nahost-Programms des Washingtoner Wilson Center, wird von der Erdogan-Regierung als der wahre Strippenzieher des gescheiterten Staatsstreichs vom 15. Juli 2016 gesehen. 

Der US-Professor und Nahost-Experte Henri J. Barkey Bild: April Brady/POMED/Wikipedia

Sowohl für Kavala als auch für Barkey verlangt die Staatsanwaltschaft in Istanbul drei Mal lebenslänglich mit verschärften Haftbedingungen sowie zusätzlich eine Gefängnisstrafe von 20 Jahren Haft wegen Spionage.

Der renommierte Unternehmer und Kulturförderer Kavala war im Oktober 2017 zunächst ohne Anklage festgenommen worden. Erst mehr als ein Jahr später wurde ihm vorgeworfen, die regierungskritischen Proteste im Gezi-Park im Sommer 2013 finanziert und organisiert zu haben. Ein türkisches Gericht sprach ihn im Februar davon frei. Nur wenige Stunden später wurde Kavala wieder festgenommen, dieses Mal unter Verweis auf den Putschversuch von 2016.

Ankara ignoriert internationale Kritik 

Das Vorgehen der türkischen Behörden gegen den Unternehmer und Bürgerrechtsaktivisten wird international heftig kritisiert. Im September verlangte der Europarat in Straßburg nochmals die sofortige Freilassung Kavalas. Ankara ist Mitglied der internationalen Organisation. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte im Dezember geurteilt, Kavalas Inhaftierung diene nur dazu, diesen "zum Schweigen zu bringen".      

Der 1957 in Paris geborene Kavala betreibt einen der größten Verlage in der Türkei und setzt sich mit seiner Organisation Anadolu Kültür für den Dialog der Volksgruppen etwa im Kurden-Konflikt oder mit den Armeniern ein.

se/ww (afp, rtr, dpa)

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