Türkische Kurden fordern Selbstverwaltung
27. Dezember 2015Zwei Tage lang hatten sie in der Kurdenhochburg Diyarbakir im Süden der Türkei beraten. Dann bilanzierten die Kurdenvertreter in ihrer Abschlusserklärung, der Widerstand ihrer Volksgruppe gegen die Gewalt der Polizei sei im Grundsatz ein Ruf nach mehr Autonomie und Demokratie in lokalen Angelegenheiten. Allerdings hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan erst am Samstagabend nochmals deutlich gemacht, die Türkei werde die Gründung eines weiteren Staates innerhalb ihrer Grenzen nicht dulden.
Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sagte ein geplantes Treffen mit Delegierten der pro-kurdischen Partei HDP (Demokratische Partei der Völker) ab. Zur Begründung verwies er auf jüngste Stellungnahmen von HDP-Politikern. Darin spiegele sich eine Politik wider, die von Gewalt und Spannungen geprägt sei, erkärte Davutoglus Büro, ohne Details zu nennen.
Gewerkschaften rufen zu Streik auf
Die Türkei befürchtet, dass der militärische Erfolg der Kurden im benachbarten Syrien den Separatismus auch unter den türkischen Kurden beflügeln könnte. Mit ihrer Militäroffensive im kurdisch geprägten Südosten des Landes stößt die Regierung in Ankara jedoch auch bei Gewerkschaften auf Kritik. Für Dienstag riefen sie aus Protest gegen das Vorgehen der Armee zu einem eintägigen Streik auf.
Brennpunkt Cizre
Bei einer Bombenexplosion in der Stadt Cizre wurden am Sonntag drei türkische Soldaten getötet. Der an einer Straße platzierte Sprengsatz detonierte, als sie mit einem gepanzerten Fahrzeug vorbeifuhren. Das Militär bezichtigte die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die Bombe deponiert zu haben.
Cizre ist einer der Brennpunkte des Konfliktes zwischen kurdischen Aufständischen und türkischen Sicherheitskräften, der im Juli nach zwei Jahren, in denen ein Friedensprozess eingeleitet worden war, wieder aufflammte.
Mitte Dezember startete die türkische Armee in Cizre und anderen Städten der Region eine Großoffensive gegen kurdische Rebellen. Mit tausenden Soldaten und Panzern geht sie seither gegen mutmaßliche Aufständische vor. Die Zivilbevölkerung leidet erheblich unter dem Einsatz. Das Militär tötete seitdem nach eigenen Angaben mehr als 200 Rebellen.
se/ml (rtr, afp)