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PolitikTürkei

Türkischer Oppositionschef bleibt vorerst im Amt

15. September 2025

Ein Verfahren in Ankara stellt die Wahl von CHP-Chef Özgür Özel infrage. Im Raum steht die Absetzung des Oppositionsführers. Zehntausende Menschen demonstrieren in Ankara gegen die Regierung von Präsident Erdogan.

CHP-Chef Özgür Özel spricht auf einer Kundgebung in Ankara mit dem inhaftierten Istanbuler Bürgermeister Imamoglu im Hintergrund
CHP-Chef Özgür Özel auf einer Kundgebung in der Hauptstadt Ankara am SonntagBild: Umit Bektas/REUTERS

Der Vorsitzende der größten türkischen Oppositionspartei, Özgür Özel, steht weiterhin im Mittelpunkt eines Verfahrens, das seine Position an der Parteispitze infrage stellt. Ein Gericht in Ankara vertagte am Montag das Verfahren um angebliche Unregelmäßigkeiten bei der Wahl der CHP-Parteispitze auf den 24. Oktober. Das Gericht habe weitere Unterlagen angefordert, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Özel droht in dem Verfahren die Absetzung.

Weltweites Medieninteresse am Prozess gegen CHP-Chef Özel Bild: ANKA

Kern des Verfahrens ist die Frage, ob der Parteitag von 2023 annulliert werden muss. Es steht der Vorwurf im Raum, Delegierte seien bestochen worden, um ihre Stimme für Özel abzugeben. Die CHP-Führung weist die Anschuldigungen entschieden zurück. Sollte Özel durch einen staatlich eingesetzten Verwalter ersetzt werden, wäre das nach Ansicht von Beobachtern das Ende einer unabhängigen Opposition in der Türkei.

Opposition in der Türkei unter Druck

Die Anhörung am Montag fand in einem überfüllten Gerichtssaal statt. Vor dem Gebäude sicherte die Polizei das Verfahren mit einem Großaufgebot ab. Schwer bewaffnete Beamte standen am Eingang, während sich hunderte Polizisten in Bussen bereithielten.

Die CHP sieht sich seit Monaten als Zielscheibe einer politischen Kampagne der Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdogan. Özel hatte vor zwei Jahren den langjährigen, aber erfolglosen Parteichef Kemal Kilicdaroglu abgelöst und die Partei strategisch neu ausgerichtet. Bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr zahlte sich dies aus: Die CHP erzielte einen unerwarteten Triumph und gewann die Mehrheit der Bürgermeisterposten im Land.

Demonstranten in Ankara mit Plakaten des abgesetzten Istanbuler Bürgermeisters Ekrem ImamogluBild: Umit Bektas/REUTERS

Doch kurz nach dem Wahlerfolg geriet die Opposition massiv unter Druck. Zahlreiche CHP-Bürgermeister wurden im Zuge von Terror- und Korruptionsermittlungen festgenommen - darunter auch der populäre Istanbuler Bürgermeister und Erdogan-Rivale Ekrem Imamoglu. Er wurde seines Amtes enthoben und sitzt seit einem halben Jahr ohne Anklage im Gefängnis. Imamoglu gilt als aussichtsreichster Herausforderer Erdogans bei künftigen Wahlen.

Größte Proteste seit zwölf Jahren

Imamoglus Festnahme löste die größten Proteste in der Türkei seit den Gezi-Unruhen von 2013 aus. An der Spitze dieser Bewegung steht CHP-Chef Özel, der 2023 mit Imamoglus Unterstützung Parteichef wurde. Woche für Woche tritt er bei Kundgebungen auf, die selbst in Hochburgen der Regierungspartei AKP riesige Menschenmengen mobilisieren.

Unterstützer der Oppositionspartei CHP gehen am Vorabend des Gerichtsverfahrens auf die StraßeBild: Umit Bektas/REUTERS

Am Sonntagabend demonstrierten erneut zehntausende Menschen in Ankara für die CHP. Özel sprach dort von einem "Putsch", der gegen seine Partei geführt werde. "Diese Regierung will keine Demokratie", sagte er über Erdogans Regierung. "Sie wissen, dass sie die Wahlen nicht gewinnen können, wenn es Demokratie gibt." Zuvor waren am Samstag erneut zahlreiche Oppositionspolitiker festgenommen worden, darunter der CHP-Bürgermeister des Istanbuler Bezirks Bayrampasa.

pgr/wa (dpa, afp)

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