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Umstrittenes Internetgesetz gebilligt

19. Februar 2014

Ungeachtet heftiger Kritik hat der türkische Präsident Gül ein Gesetz zur Verschärfung der Internetkontrolle unterzeichnet. Ankara macht damit seinem Ruf, besonders repressiv bei der Meinungsfreiheit zu sein, alle Ehre.

Abdullah Gül (Foto: SAYGIN SERDAROGLU/AFP/GettyImages)
Bild: AFP/Getty Images

Das umstrittene Gesetz war vor wenigen Tagen bereits vom türkischen Parlament verabschiedet worden. Es ermöglicht die Sperrung von Internetseiten beim Verdacht auf beleidigende, diskriminierende oder die Privatsphäre verletzende Inhalte. Außerdem verpflichtet es Internetanbieter, Nutzer-Daten bis zu zwei Jahre zu speichern.

Journalisten- und Juristenverbände in der Türkei sowie die Europäische Union hatten das Gesetz scharf kritisiert. Die Gegner des Vorhabens hatten Präsident Abdullah Gül (Artikelbild) aufgefordert, sein Veto einzulegen und den Gesetzestext zur Nachbesserung ans Parlament zurückzuschicken.

Höchst besorgniserregend

Er habe das Gesetz in Kraft gesetzt, nachdem die Regierung ihm versichert habe, Teile des neuen Internetgesetzes abzuschwächen, erklärte Gül im Kurzbotschaftendienst Twitter. Er sei sich bewusst, dass es in dem Gesetz "vor allem in zwei Punkten Probleme" gebe. Die Besorgnisse in diesen Fragen würden jedoch berücksichtigt werden. Nähere Erklärungen gab er nicht. Ein Abgeordneter der oppositionellen CHP hatte zuvor bestätigt, dass das Gesetz in einigen Punkten abgeschwächt werden solle. Dies reiche jedoch nicht aus, sagte Akif Hamzacebi.

Istanbul: Großdemo gegen Internet-Gesetze

01:31

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Laut türkischen Presseberichten hat Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan den Parlamentsfraktionen vorgeschlagen, den Text in einem entscheidenden Punkt zu ändern. Demnach soll die Telekommunikationsbehörde die Justiz nun im Voraus über die geplante Schließung einer Website informieren. Die Richter haben dann 48 Stunden Zeit, Stellung zu nehmen.

Die türkische Zeitung "Radikal" startete am Dienstag eine Kampagne gegen das neue Internetgesetz: Jeweils nach vier Stunden verschwanden sämtliche Texte, Fotos oder Videos von ihrer Internetseite. Gemäß dem neuen Gesetz haben Internetbetreiber, die von den Behörden zur Entfernung einer Information aufgefordert werden, vier Stunden Zeit, um der Aufforderung Folge zu leisten. Die Türkei gilt in Sachen Internetkontrolle und Meinungsfreiheit schon jetzt als ein besonders repressiver Staat.

Ausweitung der Kontrolle in Ankara

Das von Erdogans islamisch-konservativer AKP kontrollierte Parlament hatte neben dem umstrittenen Internetgesetz kürzlich ein weiteres Gesetz verabschiedet. Es gibt der Regierung größeren Einfluss auf die Ernennung von Richtern und Staatsanwälten. Beide Gesetze wurden von der Opposition und Bürgerrechtlern als Gefahr für die Meinungsfreiheit beziehungsweise die Unabhängigkeit der Justiz kritisiert.

Zudem ist Erdogans Regierung seit Monaten mit einer umfangreichen Korruptionsaffäre konfrontiert. Erdogan sieht darin aber eine ausländische Verschwörung zum Sturz seiner Regierung und ließ tausende Polizisten, Staatsanwälte und Richter versetzen. Dies stieß in den USA und der EU auf Kritik.

nis/gmf (dpa, afp)

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