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Politik

Eine politische Kulturveranstaltung

11. März 2017

Der Auftritt des türkischen Sportministers sollte eigentlich eine Kulturveranstaltung werden. Das Thema war dann doch ziemlich politisch. Immer mehr Städte in Europa verbieten derweil Auftritte türkischer Politiker.

Türkischer Sportminister Akif Cagatay Kilic in Köln
"Helden unter uns. 15. Juli": So lautete der Veranstaltungstitel mit Redner Akif Cagatay Kilic in KölnBild: Picture-Alliance/dpa/H. Kaiser

Sportminister Akif Cagatay Kilic hat in Köln an die deutschen Medien appelliert, sich um ein besseres Verständnis der Putschnacht in der Türkei zu bemühen. Das türkische Volk habe damals durch sein mutiges Eingreifen verhindert, dass die Putschisten Demokratie und Rechtsstaat abgeschafft hätten, sagte Kilic vor etwa 400 Zuhörern in einem Saal im Zentrum von Köln.

Der in Nordrhein-Westfalen aufgewachsene Politiker bedankte sich bei den deutschen Medien auf Deutsch für ihr Kommen. "Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir heute Abend hier in Deutschland zusammenkommen können", sagte er und dankte dafür auch der Stadt Köln. "Ich glaube, dass unsere deutschen Freunde von hier etwas mitnehmen werden." Er betonte: "Ich werde heute keine politischen Themen ansprechen." Direkte Werbung für die umstrittene Verfassungsreform vermied er bei seinem Auftritt.

In Filmen wird Erdogan gefeiert

Die Veranstaltung, bei der Kilic sprach, hatte den Titel "Helden unter uns. 15 Juli". Der 15. Juli ist das Datum des gescheiterten Putschversuches im vergangenen Jahr. Vor und nach der Ministerrede wurden Filme gezeigt, die die Niederringung der Putschisten priesen und Präsident Recep Tayyip Erdogan feierten.

Mehrere Hundert Menschen kamen zu der privaten VeranstaltungBild: picture alliance/dpa/H. Kaiser

Der Vermieter des Saals hatte vorher betont, ihm sei eine Kulturveranstaltung zugesichert worden. Veranstalter des Abends war ein Zusammenschluss verschiedener Organisationen, der sich "Demokratieplattform gegen den Putsch" nennt. Eine Sprecherin sagte, es gehe darum, in der deutsch-türkischen Gesellschaft die Vorgänge der Putsch-Nacht aufzuarbeiten.

Türkische Minister hatten zuletzt in Deutschland mehrfach für Erdogans Verfassungsreform werben wollen, die ihm mehr Macht verleihen würde und über die im April auch 1,4 Millionen in Deutschland lebende Türken abstimmen können. Deutsche Kommunen hatten den Ministern aus Sicherheitsgründen aber Auftrittsorte verweigert. Ankara sprach daraufhin von "Nazi-Praktiken".

Bundesregierung verweist auf Meinungsfreiheit

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe stellte am Freitag klar, dass die Bundesregierung Wahlkampf-Auftritte türkischer Regierungsmitglieder in Deutschland verbieten kann. Im Rahmen einer abgewiesenen Verfassungsbeschwerde erklärten sie, dass weder das Grundgesetz noch das Völkerrecht ausländischen Staatsoberhäuptern und Regierungsmitgliedern einen Anspruch gebe, nach Deutschland zu kommen und amtliche Funktionen auszuüben. Würde ihnen der Auftritt untersagt, sei das eine außenpolitische Entscheidung im Verhältnis zweier souveräner Staaten.

Die Bundesregierung plant aber auch nach dem Beschluss keine Einreiseverbote. Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer verwies in Berlin auf die hohe Bedeutung der Meinungsfreiheit. "Was wir von anderen fordern, sollten wir eben selber leben".

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderte zwar Zurückhaltung von türkischen Regierungspolitikern bei Auftritten in Deutschland. "Wer hier reden will, muss die geltenden Spielregeln beachten", sagte er der "Frankfurter Rundschau". Gleichzeitig sprach er sich aber auch gegen Redeverbote aus: "Wir können doch nicht die Meinungsfreiheit in Deutschland aufheben, nur weil uns die Ansichten von Erdogan nicht gefallen."

Immer mehr europäische Städte verbieten Auftritte

In mehreren europäischen Ländern wurden Auftritte türkischer Politiker, die für die geplante Verfassungsänderung werben wollten, derweil kurzfristig abgesagt. Die Behörden im Schweizer Kanton Aargau und im österreichischen Bundesland Vorarlberg machten Sicherheitsbedenken geltend. In der Schweiz wollte Hursit Yildirim von der regierenden AKP auftreten, in Österreich der frühere türkische Energieminister Taner Yildiz (AKP).

Auch in der niederländischen Hafenstadt Rotterdam soll der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu keine Erlaubnis bekommen, für das Referendum zu werben. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, erteilte der Bürgermeister von Rotterdam, Ahmed Aboutaleb, dem Auftritt eine Absage.

rk/stu (dpa, afp, rtre)

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