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Türkischer Unternehmergeist

Sabine Kinkartz/dk25. September 2003

Der türkische Imbissstand und der italienische Pizzabäcker gehören bundesweit längst zum gewohnten Bild. Inzwischen werden ausländische Existenzgründer zunehmend auch in anderen Branchen aktiv.

Mit der Dönerbude fing alles an: Türkische Selbständige legen zuBild: AP

Vor allem im Dienstleistungsbereich, im Handel, Bau- und Gastgewerbe, sowie im Gesundheitswesen gibt es immer mehr Existenzgründungen der Ausländer. Das geht aus einem Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft hervor. Unter den 3,1 Millionen ausländischen Erwerbstätigen in Deutschland wurden bereits 257.000 Selbstständige gezählt, die meisten von ihnen sind Türken und Italiener. Allein die Türken stellen 45.000 Selbständige in dieser Gruppe. Nach dem Willen der Bundesregierung soll sich dieser Trend fortsetzen. Laut Bundeswirtschaftsministerium schafft sich derzeit jeder zehnte Ausländer seine eigene wirtschaftliche Existenz und gründet eine Firma in Deutschland. Fast jeder zwölfte Unternehmer in Deutschland hat keinen deutschen Pass. Diese Zahlen belegen, dass die einstigen Zuwanderer auch eine wichtige ökonomische Größe geworden sind.

Das Beispiel von Cemalettin Özer belegt, dass die klassische Einwandererkarriere sich längst nicht mehr an den Fließbändern der Autoproduzenten abspielt. Mit fünf Jahren nach Deutschland gekommen, besuchte Grund- und Hauptschule. Dann kam die Lehre als Elektroinstallateur, die ihn zum Studium des Elektroingenieurs führte. 1998 hat er sich mit Hilfe eines Bildungs- und Beratungsinstituts in Bielefeld selbständig gemacht. Mittlerweile ist Cemalettin Özer Chef einer erfolgreichen Consulting-Firma, doch der Weg dorthin war nicht einfach: "Am Anfang mussten wir uns erst einmal informieren, wie man sich selbständig macht. Wir sind aus einer Gastarbeiterfamilie, das heißt, wir hatten nicht genug Eigenkapital, um uns selbständig zu machen" erinnert er sich. Informationsrunden und Messen wurden besucht und Özer informierte sich über Möglichkeiten der Förderung. "Wir waren bei der Bank und mussten dann ein Konzept erstellen, das heißt wir haben da zum ersten Mal davon gehört, dass man ein Konzept haben muss". Nach einem halben Jahr schließlich gab die Bank den Kredit.

Özer ist nur einer von vielen Unternehmern mit türkischer Abstammung. Bundesweit beschäftigen sie bereits 300.000 Mitarbeiter, darunter auch viele Deutsche. Jeden Tag werden es mehr, wie Martin Wansteben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages feststellt: "Es ist bemerkenswert, dass Unternehmer ausländischer Herkunft zur Zeit mehr Gründungszuversicht mitbringen als Deutsche" Das zeige sich in einer aktuellen Umfrage der Mittelstandsbank der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Im letzten Jahr lag die Gründerquote bei Unternehmern ausländischer Herkunft bei über fünf Prozent, die der Deutschen nur bei zwei Prozent.

Allerdings machen viele Ausländer den Schritt in die Selbständigkeit nicht ganz freiwillig. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Aussicht auf eine abhängige Beschäftigung düster. Der Druck ist es, der sie beim Hürdenlauf durch deutsche Behörden vorantreibt. So war das auch bei Cemalettin Özer: "Wenn Sie aus der Arbeitslosigkeit heraus in die Selbständigkeit gehen wollen, dann sagt das Arbeitsamt, Sie bekommen von uns Unterstützung, dann sagt die Bank, es gibt vielleicht Fördermittel, dann sagt das Gewerbeamt, Sie müssen sich erst einmal die entsprechenden Papiere besorgen", beschreibt er die Prozedur. Größtes Manko: Es gebe keinen Leitfaden für das richtige Vorgehen.

Der Trend zur Selbständigkeit passt der Bundesregierung gut ins Konzept. Zwar werden ausländische Existenzgründer nicht gesondert gefördert, sie sollen von den wirtschaftspolitischen Maßnahmen aber genauso profitieren wie Deutsche. Rezzo Schlauch, parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftministerium, möchte darüber hinaus erreichen, dass ausländische Unternehmer mehr ausbilden. Nur sechs Prozent der Betriebe bieten Lehrstellen an, das Potenzial, so Schlauch, sei weitaus größer.

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