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Politik

Türkei berät über Verfassungsreform

9. Januar 2017

Es ist das wichtigste politische Projekt von Staatschef Erdogan: In der Türkei soll ein Präsidialsystem eingeführt werden. Von heute an berät das Parlament in Ankara über das Vorhaben.

Türkei Recep Tayyip Erdogan
Will noch mehr Macht: Staatspräsident ErdoganBild: picture-alliance/AP Photo/K. Ozer

Medienberichten zufolge sind für die Beratungen im türkischen Parlament zunächst zwei Wochen angesetzt. Der Entwurf der neuen Verfassung sieht eine massive Ausweitung der Befugnisse des Staatspräsidenten vor. Der Posten des Ministerpräsidenten würde abgeschafft.

Der Präsident wäre demnach unter anderem Oberbefehlshaber der Armee und könnte über die Besetzung aller relevanten Offiziersposten entscheiden. Dasselbe gilt für die Ernennung von Universitätsrektoren. Die Besetzung der obersten Gerichte könnte er zur Hälfte direkt bestimmen, über die andere Hälfte würde das Parlament entscheiden.

Den Angaben zufolge könnte die neue Verfassung dem Präsidenten auch eine Parteimitgliedschaft erlauben. Erdogan könnte dann offiziell die Führung der islamisch-konservativen AKP übernehmen.

Vor dem Parlamentsgebäude löste die Polizei eine Demonstration gegen die Reform auf. Dabei habe sie Tränengas und Wasserwerfer eingesetzt, meldete die Nachrichtenagentur DHA am Montag. Unter den Protestierende seien Abgeordnete der größten Oppositionspartei CHP gewesen. Einige seien leicht verletzt worden.

Drei-Fünftel-Mehrheit nötig

Ob die neue Verfassung im Parlament die für ein Referendum notwendige Drei-Fünftel-Mehrheit bekommt, hängt von der rechtsnationalen Oppositionspartei MHP und deren Chef Devlet Bahceli ab. Bahceli hatte dazu aufgerufen, gemeinsam mit der AKP an der neuen Verfassung zu arbeiten.

Trotzdem wollen einige MHP-Abgeordnete gegen den Verfassungsentwurf stimmen. Der AKP fehlen für das notwendige Quorum 17 Stimmen. Die MHP verfügt im Parlament über 40 Sitze.

Gebäude der Nationalversammlung in AnkaraBild: picture-alliance/dpa/M. Gambarini

Nach der Verabschiedung im Parlament muss der Verfassungstext binnen 60 Tagen den Wählern zur Abstimmung vorgelegt werden. Die Opposition hat bereits angekündigt, sich im Fall eines Referendums mit allen Mitteln für eine Ablehnung einzusetzen. Laut Meinungsumfragen im Auftrag der AKP sind rund 45 Prozent der Wähler für die Präsidialverfassung. Notwendig für eine Änderung wären 50 Prozent plus eine Stimme.

Per Dekret hatte Erdogan am Wochenende erneut die Befugnisse der Polizei erweitert, um gegen Kritiker in sozialen Netzwerken vorzugehen. Zudem wurden rund 8400 Staatsangestellte entlassen, darunter Polizisten, Beamte aus dem Justizministerium und Universitätsprofessoren. Ein weiteres Dekret droht Auslandstürken mit dem Verlust der Staatsbürgerschaft, wenn sie eine Aussage vor türkischen Gerichten verweigern.

gri/rk (kna, afp)

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