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Zeitgenössische Fotografie aus der Türkei

Ceyda Nurtsch
7. September 2017

Bauboom, Gewalt gegen Frauen, Flüchtlingsströme und Gezi-Proteste: Die modernen Fotoarbeiten in einer Berliner Galerie spiegeln die Umbrüche im Land am Bosporus wider. Genau so wollten es die Ausstellungsmacher.

Ein türkisches Paar steht Meer und blicken hinaus auf die See.
Bild: NarPhotos/Kerem Uzel

"Türkiyeli" lautet der Titel der Ausstellung, was soviel wie "aus der Türkei stammend" heißt. Die Schau in den Räumen der Galerie "f hoch 3" im Berliner Stadtteil Kreuzberg, wo viele Türken leben, versammelt ausgewählte Werke von sieben aufstrebenden Fotografinnen und Fotografen. Teils dokumentarisch, teils künstlerisch dokumentieren sie die verheerenden Unruhen und Umbrüche in der Türkei: bürgerkriegsähnliche Zustände im Südosten, der Krieg in Syrien, Flüchtlingsströme, das Minenunglück von Soma, die Gezi-Proteste, der gewaltige Bauboom, die Gewalt an Frauen. Die ausstellenden Fotografen, darunter Kemal Aslan, Emine Akbaba, Göksu Baysal, Kürşat Bayhan und Barbaros Kayan, gehen die Themen überwiegend kritisch an. 

Ceren Saner hielt diese Party-Szene fotografisch festBild: Ceren Saner

An den Wänden hängen Bilder, über einen Bildschirm flimmert ein Video. Auch Ceren Saner gehört zum Künstlerkreis. Die Fotografin wurde 1991 in Istanbul geboren. "Isn´t it love" hat sie ihre Fotoserie genannt, die verschwommene, teilweise sich gegenseitig berührende Körper zeigt. Gesichter sind nicht zu sehen. Entstanden sind die Bilder auf Parties. In der Türkei waren die Fotos nur kurz zu sehen. Die Reaktionen auf ihre Bilder seien meistens positiv, erzählt Saner. "Oft sagen mir die Leute, dass sich die Fotos von der gängigen Art der Darstellung unterscheiden." Weil sie keine Gesichter darstelle, liege ihr Fokus auf dem Gefühl und der Bewegung.

Ausstellung soll Brücken bauen

Kuratiert wird die Ausstellung - neben Gisela Kayser und Katharina Mouratidi - von dem in der Türkei geborenen Fotografen Attila Durak. "Die türkischen Fotografen entwickeln eine neue zeitgenössische Bildsprache", erklärt er. "So stellen sie den Krieg im Südosten der Türkei etwa durch das Bild einer Glasflasche dar, um die die Frauen aus Kobane etwas gehäkelt haben. So erklären sie uns den Krieg." 

Die bedrohliche politische Entwicklung in der Türkei hätten die Macher "auf dem Schirm gehabt", hört man hinter vorgehaltener Hand, als sie die Schau vor zwei Jahren planten. "Jede Fotografie hier", betont Kurator Durak bei der Eröffnung, "hat ihren gesellschaftlichen Hintergrund." Gleichwohl vermeide die Ausstellung, so ergänzt Katharina Mouratidi auf Anfrage, bewusst jede Polarisierung und Wertung. Vorgestellt werde eine junge, unabhängige und neutral berichtende Fotografengeneration. Sie bediene sich vielfach reportagehafter Mittel, während die traditionelle türkische Fotografie überwiegend um Landschaft und Porträts kreist. 

Geschichten von Menschen

Kemal Aslan fotografierte dieses Fahnenmeer von ProtestlernBild: Kemal Aslan

Der wohl bekannteste Fotograf, dessen Arbeiten weltweit Aufsehen erregten und vielfach ausgezeichnet wurden, ist Emin Özmen. Der Fotojournalist, Jahrgang 1985, arbeitet für die Agentur Magnum. In seiner Schwarz-Weiß-Serie "Turkey´s Hidden Wars" ("Die versteckten Kriege der Türkei") behandelt der Fotograf die bürgerkriegsähnlichen Zustände im Südosten der Türkei. So etwa den Tränengas-Einsatz der Polizei bei einer Demonstration von Kurden nach dem Wahlsieg der AKP im November 2015. Sich selbst versteht er als Dokumentarist. "Meine Motivation ist es, die Geschichte von unschuldigen Menschen zu erzählen", so Özmen.

Co-Kuratorin Katharina Mouratidi ist künstlerische Leiterin der "Gesellschaft für Humanistische Fotografie", die die Galerie "f hoch 3" betreibt. Sie möchte, wie sie sagt, unterschiedliche künstlerische Positionen verbreiten. "Die Intention der  Ausstellung ist nicht zu spalten, sondern zu vereinen und eine Brücke zu bauen, jenseits der offiziellen Politik."

 

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