Unvermindert sorgt der Entschluss von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als israelische Hauptstadt anzuerkennen, für diplomatische Turbulenzen und Gewalt. Am Abend befasst sich die Arabische Liga mit der Entscheidung.
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Die Palästinenser wollen von den Staaten der Arabischen Liga bei deren Dringlichkeitssitzung in Kairo eine deutliche Reaktion auf die Jerusalem-Entscheidung der USA. Der palästinensische Außenminister Riad Malki sagte in Kairo vor dem Treffen der Staatengemeinschaft, seine Delegation werde "die Araber und Muslime bitten, dringende Schritte gegen die Entscheidung Trumps einzuleiten". Die Länder müssten den Entschluss des US-Präsidenten zurückweisen und die Rechte der Palästinenser schützen.
Es wird erwartet, dass die Staatengemeinschaft bei ihrer Dringlichkeitssitzung in Ägypten scharfe Kritik an der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels übt. Die Arabische Liga hat 22 Mitglieder, darunter die palästinensischen Autonomiegebiete. Der politische Einfluss der Organisation ist allerdings nur gering.
Treffen mit US-Vize Pence abgesagt
Malki bestätigte bei seiner Pressekonferenz in Kairo zudem, das Palästinenserpräsident Mahmud Abbas US-Vizepräsident Mike Pence bei dessen anstehenden Besuch in Bethlehem nicht treffen wird. Auch die koptisch-orthodoxe Kirche sagte ein Treffen zwischen ihrem Papst Tawadros II. und Pence während seines geplanten Besuches in Ägypten ab.
Wie das palästinensische Gesundheitsministerium mitteilte, sind bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen und Protesten seit Freitag mindestens vier Palästinenser getötet worden. Israels Luftwaffe reagierte mit dem Beschuss auf Raketenangriffe aus Gaza. Die Armee griff nach eigenen Angaben vier Standorte der radikal-islamischen Hamas an: zwei Waffenfabriken, ein Waffenlager und einen Militärstützpunkt.
Es brodelt im Nahen Osten - Tania Krämer aus Jerusalem
02:54
Verletzte durch Tränengas
Im Westjordanland, in Ost-Jerusalem und im Gazastreifen kam es erneut zu Unruhen, die insgesamt aber schwächer ausfielen als in den zwei vorangegangenen Tagen. Mindestens 170 Menschen wurden nach Angaben des palästinensischen Rettungsdienstes Roter Halbmond und des palästinensischen Gesundheitsministeriums in Gaza verletzt. Der größte Teil davon litt unter Folgen von Kontakt mit Tränengas. Die israelische Polizei meldete vier verletzte Polizisten. Mindestens 13 Palästinenser wurden festgenommen.
In Paris gingen hunderte pro-palästinensische Demonstranten auf die Straße, um gegen den für Sonntag geplanten Frankreichbesuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu protestieren. Auch in Rom fand eine Demonstration von Unterstützern der Palästinenser statt. Einige riefen anti-israelische Sprüche.
Trump hatte am Mittwoch entgegen internationaler Gepflogenheiten Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt. Israel beansprucht ganz Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt. Dieser Anspruch wird international nicht anerkannt. Die Palästinenser wollen in dem von Israel annektierten Ost-Jerusalem die Hauptstadt eines künftigen Palästinenserstaates ausrufen.
"Tag des Zorns" der Palästinenser
Der Zorn der Palästinenser über Donald Trumps Anerkennung Jerusalems als israelischer Hauptstadt entlädt sich in Gewalt. Die israelische Armee antwortet mit Schusswaffen.
Bild: Getty Images/AFP/A. Momani
Rauch, Steine, Scherben
Eine Straße zwischen Ramallah und der jüdischen Siedlung Beit El im Westjordanland: Mit Steinschleudern greifen junge Palästinenser einen israelischen Armeeposten an. An mehr als 30 Orten im Westjordanland, in Gaza und in Ost-Jerusalem spielen sich an diesem Freitag ähnliche Szenen ab.
Bild: Reuters/M. Torokman
Tränengas und Gummigeschosse
Israels Armee und Polizei haben ihre Präsenz in den besetzten Gebieten verstärkt. Mit Tränengas, Gummigeschossen und übel riechendem Wasser aus Wasserwerfern treiben sie die Protestierenden auseinander.
Bild: picture alliance/dpa/AP Photo/M. Mohammed
Tödliche Schüsse
Auf die "Hauptanstifter" der Unruhen schieße man auch scharf, sagt das israelische Militär. Im Gazastreifen stirbt dabei ein Mann. Angehörige haben seinen leblosen Körper in die Leichenhalle begleitet. Dutzende Menschen wurden durch Schüsse verletzt.
Bild: Reuters/I. A. Mustafa
Heiliger Zankapfel
Und das ist der Ort, um den sich alles dreht: die heiligen Stätten der Muslime auf dem Tempelberg in Jerusalem. Hier hatten die Proteste nach dem Freitagsgebet heute begonnen. Viele Palästinenser befürchten, dass Israel sie nun aus der Heiligen Stadt drängen wird.
Bild: Getty Images/AFP/A. Gharabli
Handgemenge in der Altstadt
Nach dem Freitagsgebet flogen Steine auf israelische Polizisten, die in großer Zahl in der Altstadt stationiert waren. Über der Stadt kreisten Hubschrauber. Mindestens sechs Palästinenser wurden festgenommen.
Bild: Reuters/R. Zvulun
Wächst der Zorn zur Intifada heran?
Nicht alle Proteste der Palästinenser endeten in Gewalt. Hier marschieren Anhänger der radikalislamischen Hamas im Flüchtlingslager Jabalia in Gaza. Die Hamas hat die Palästinenser zum Beginn eines neuen Volksaufstandes aufgerufen. Es wäre nach 1987 und 2000 die dritte Intifada.
Bild: Getty Images/AFP/M. Abed
Von Istanbul bis Indonesien
Nicht nur in den Palästinensergebieten, auch in anderen mehrheitlich muslimischen Ländern wurde gegen Israel und die USA demonstriert. Hier zeigen türkische Frauen in Istanbul lautstark ihre Solidarität mit den Palästinensern.
Bild: Reuters/O. Orsal
Nahostkonflikt am Himalya
Der Hass auf Israel und die USA reicht bis in die Berge im nördlichen Indien. Auch dort, im mehrheitlich muslimischen Kaschmir, skandierten Demonstranten "Nieder mit den USA, nieder mit Israel".
Bild: picture alliance/dpa/AP Photo/D. Yasin
Zurück in die Zukunft?
In den Palästinensergebieten gleichen die Bilder denen von 1987, als die erste Intifada begann. Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern ist heute nicht weniger festgefahren als damals. Kommt es erneut zur Intifada, dann ist eine friedliche Lösung noch weniger greifbar als bisher schon.
Bild: Reuters/I. Abu Mustafa
Der Kampf der Bilder
Militärisch sind die Palästinenser der hochgerüsteten israelischen Armee klar unterlegen, auch wenn sie über einige Raketen und ausgebildete Militäreinheiten verfügen. Doch in diesem Konflikt sind auch Bilder eine Waffe.