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Politik

Worüber Joe Biden und Xi Jinping auf Bali sprechen

William Yang
13. November 2022

Beim G20-Gipfel treffen Joe Biden und Xi Jinping erstmals als Staatschefs aufeinander. Top-Thema ist Taiwan. Gelingt eine Wiederannäherung Chinas und der USA trotz der angespannten Lage?

Indonesien Bali G20-Gipfel | Treffen Xi Jinping, Präsident China & Joe Biden, Präsident USA
Das Präsidenten-Treffen: Xi Jinping und Joe Biden beim G20-GipfelBild: Kevin Lamarque/REUTERS

Mehr als zwei Jahre nach seinem Amtsantritt als US-Präsident trifft Joe Biden an diesem Montag auf der indonesischen Insel Bali am Rande des G20-Gipfels zum ersten Mal mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping zusammen. Peking und Washington versuchen, inmitten zunehmender Spannungen eine "Basis" für ihre bilateralen Beziehungen zu schaffen.

Biden erklärte im Vorfeld gegenüber Medien, er hoffe, dass beide Seiten rote Linien festlegen und versuchen würden, Konfliktbereiche, einschließlich der Taiwan-Frage, zu lösen. Analysten zufolge soll das Treffen dazu dienen, die Leitplanken in den Beziehungen zwischen den USA und China zu verstärken und Fehleinschätzungen auszuräumen, bevor diese zu Konflikten ausarteten.

"Konkurrenten, aber keine Todfeinde"

"Allein schon die Symbolik eines persönlichen Treffens zwischen den beiden Staatsoberhäuptern vermittelt, dass die USA und China zwar erbitterte Konkurrenten, aber keine Todfeinde sind", so Wen-Ti Sung, Dozent für Taiwanstudien an der Australian National University (ANU) in Canberra.

Da Washington wiederholt den Wunsch geäußert habe, mit Peking über Maßnahmen zur Risikominderung zu sprechen, besteht nach Ansicht anderer Experten die Hoffnung, dass das persönliche Treffen dazu beitragen kann, eine Verschlechterung der bilateralen Beziehungen zu verhindern.

"Es ist immer wichtig, dass Staats- und Regierungschefs miteinander reden", meint Bonnie Glaser, Leiterin des Asienprogramms beim German Marshall Fund of the United States (GMF). "Und es bietet eine Gelegenheit für jeden Verantwortungsträger, seine Ansichten, Sorgen und seine Politik darzulegen".

Staatschef Xi Jinping hatte auf dem 20. Parteitag der KP Chinas im Oktober auf die angespannten Beziehungen hingewiesen. Es gebe "externe Versuche, China zu erpressen, einzudämmen, zu blockieren und maximalen Druck auszuüben". Gleichzeitig erklärte er aber auch, Peking und Washington müssten Wege finden, "miteinander auszukommen".

Willkommen! Ein Plakat in Taipeh kündigt den Besuch von US-Politikerin Nancy Pelosi im August in Taiwan anBild: Chiang Ying-ying/AP Photo/picture alliance

Konfliktherd Taiwan

Ganz oben auf der Tagesordnung werden nach Angaben hochrangiger Beamter des Weißen Hauses Fragen im Zusammenhang mit Taiwan stehen. Biden wolle seine Besorgnis über Chinas jüngste Aktivitäten, die den Frieden und die Stabilität auf der anderen Seite der Taiwanstraße bedrohten, sowie seine seit langem bestehende Besorgnis über Menschenrechtsverletzungen in China "ehrlich" zum Ausdruck bringen.

Seit dem Taiwan-Besuch der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, im August haben die Spannungen zwischen China und den USA zugenommen. Peking reagierte auf die Visite mit einer einwöchigen Militärübung rund um Taiwan. Außerdem wurden der bilaterale Dialog und der Austausch mit den USA zu mehreren wichtigen Themen ausgesetzt.

Die Asienexpertin Bonnie Glaser vom GMF erklärte gegenüber der DW, dass es beim Thema Taiwan äußerst schwierig sei, Fortschritte zu erzielen. Zumal das Treffen in Bali das erste zwischen Xi und Biden seit Pelosis Reise nach Taipeh sei.

"Die Biden-Administration hat deutlich gemacht, dass sie glaubt, China habe den Besuch als Vorwand benutzt, um ein großes militärisches Schauspiel zu veranstalten und Taiwan einzuschüchtern", sagte sie.

"Die Chinesen hingegen sind der Ansicht, dass der Besuch von Pelosi destabilisierend und die Ursache des Problems war. Ihre Sichtweise ist diametral entgegengesetzt. Es ist daher schwer vorstellbar, dass es in dieser Frage einen Weg nach vorne geben kann", fügte sie hinzu.

Ein Passant in Peking beobachtet die TV-Übertragung einer Militärübung der chinesischen Armee in der Nähe von Taiwan Bild: Thomas Peter/REUTERS

"Verstoß gegen Ein-China-Politik"

Dies wurde bereits im Vorfeld des Treffens der beiden Staatsoberhäupter deutlich. Als der nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, gegenüber Journalisten erklärte, dass die USA Taiwan über die Ergebnisse des Treffens zwischen Biden und Xi unterrichten würden, forderte Peking Washington umgehend dazu auf, dies zu unterlassen.

"Was die USA zur Unterrichtung Taiwans über das Treffen zwischen dem chinesischen und dem US-amerikanischen Staatschef gesagt haben, verstößt schwerwiegend gegen das Ein-China-Prinzip und die Bestimmungen der drei gemeinsamen Kommuniqués von China und den USA", sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian. Er fügte hinzu, dass dieser Schritt "wirklich ungeheuerlich" sei und China ihn entschieden ablehne.

Für den Taiwan-Dozenten Wen-Ti Sung von der Australian National University (ANU) deutet Washingtons Ankündigung, Taiwan über Einzelheiten des Treffens zu unterrichten, als einen Akt der Diplomatie. "Damit soll nicht nur die taiwanesische Regierung, sondern auch die öffentliche Meinung in Taiwan beruhigt werden", erklärte er im Gespräch mit der DW.

Glaser von GMF warnt jedoch davor, dass dieser Schritt negative Folgen für die bilateralen Beziehungen zwischen China und den USA haben könnte. "Er wird von Peking als unnötige Provokation empfunden", sagte sie der DW.

Nordkorea und Ukraine-Krieg

Neben Taiwan werden Biden und Xi voraussichtlich auch über Nordkorea und den Krieg in der Ukraine sprechen. Laut Sicherheitsberater Jake Sullivan sind die wiederholten Raketentests Nordkoreas ein Bereich, in dem Peking und Washington seit langem zusammenarbeiteten.

Sullivan erklärte, Biden werde keine Forderungen an China stellen, sondern Xi seine Sicht der Dinge darlegen und Peking auffordern, "eine konstruktive Rolle bei der Eindämmung der schlimmsten Tendenzen Nordkoreas zu spielen".

Taiwan-Dozent Sung sieht das ähnlich: "Nordkorea ist ein Thema, bei dem Spielraum für eine Zusammenarbeit zwischen den USA und China besteht, da beide Seiten nichts davon haben, wenn ein kleinerer Schurke Amok läuft, die regionale Ordnung destabilisiert und die Supermächte in Konflikte mit ungewollter Eskalation hineinzieht."

Beim Thema Ukraine-Krieg scheint dies schwieriger zu sein. "Die USA werden sich vielleicht positiv dazu äußern, dass Xi bei Scholz' Besuch öffentlich gesagt hat, dass China gegen den Einsatz von Atomwaffen ist", erklärt Asien-Expertin Bonnie Glaser. Eine Zusammenarbeit zwischen Xi und Biden beim Thema Ukraine hält sie jedoch für unwahrscheinlich.

"Meiner Ansicht nach werden die USA es den Chinesen überlassen, wie sie sich verhalten wollen. Die USA gehen davon aus, dass sich die Beziehungen zwischen China und Russland in Richtung einer Annäherung und einer engen Überschneidung der chinesischen und russischen Interessen entwickeln werden. Sie sehen keine Möglichkeit, einen Keil zwischen die beiden Länder zu treiben", fügte sie hinzu.

Shi Yinhong, Professor für internationale Beziehungen an der Renmin University of China, rechnet mit einem weiterhin schwierigen Zugang zur US-Hightech-Industrie, einer Neuausrichtung kritischer Lieferketten und einer Fortsetzung des ideologischen Wettstreits.

"Die Entwicklung von Atomraketen in Nordkorea wird nicht zu einer substanziellen Zusammenarbeit zwischen Peking und Washington führen", sagte er DW. Und es gebe auch keine Anzeichen dafür, "dass die USA die hohen Zölle auf chinesische Importe abbauen werden."

Mehr Erfolgsaussichten sieht er beim bilateralen militärischen Austausch: "Es könnte eine Entscheidung geben, diesen wieder etwas zu intensivieren, da beide Länder versuchen, der Konfliktprävention höchste Priorität einzuräumen."

Der Text wurde von Astrid Prange de Oliveira aus dem Englischen adaptiert.