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PolitikAsien

Taiwans Präsident auf "Transit" durch die USA

Yuchen Li
3. Dezember 2024

Taiwans Präsident William Lai Ching-te reist in die Südpazifikregion und legt dabei Zwischenstopps in den USA ein. Peking protestiert.

USA | Taiwans Präsident Lai Ching-te besucht Hawaii
Taiwans Präsident Lai auf HawaiiBild: Liu Shu Fu/Taiwan Presidential/Planet Pix via ZUMA Press/picture alliance

Wenn Taiwans Präsident ins Ausland reist, ist Peking nervös. Die Volksrepublik China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz. Der Inselstaat bezeichnet sich dagegen offiziell als Republik China, wird aber nur von wenigen Ländern auf der Welt diplomatisch anerkannt.

Am Dienstag beendete Taiwans Präsident William Lai Ching-te seinen Besuch im US-Bundesstaat Hawaii. Technisch gesehen war dieser Besuch nur ein "Zwischenstopp" auf Lais Reise zu den diplomatischen Verbündeten Taiwans, den Marshallinseln, Tuvalu und Palau.

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Solche Durchreisen waren für die Regierung in Taipeh immer eine Möglichkeit, direkte Kontakte zu US-Politikern aufzunehmen. Die Haltung gegenüber Taiwan ist dort aber ambivalent: Die USA erkennen die demokratisch gewählte Regierung auf Taiwan nicht an. Aufgrund des "Ein-China-Prinzips" brach die US-Regierung 1979 alle offiziellen Kontakte zu Taiwan ab und erkennt seitdem Peking als die einzige legitime Regierung Chinas an.

Mit dem Gesetz "Taiwan Relations Act" verpflichtet sich Washington jedoch gleichzeitig, die Inselrepublik im Falle eines möglichen Angriffs seitens der Volksrepublik China zu verteidigen. Die Verpflichtung zur Verteidigung, die sich der US-Kongress selbst auferlegt hat und die in den letzten Jahren mit Waffenlieferungen verbunden war, lässt sich Peking nicht gefallen. Der chinesische Volkskongress, das Parlament der Volksrepublik, verabschiedete 2005 das so genannte Antispaltungsgesetz. Damit wird Waffengewalt legitimiert, falls sich Taiwan unabhängig erklären sollte. 

F-16-Flugzeuge der taiwanesischen Luftwaffe während eines Patrouillenfluges (Archivbild) Bild: Taiwan Defence Ministry/Handout/REUTERS

"China ist die größte Herausforderung für Taiwan"

Präsident Lai ist in Pekings Augen ein mögliches Risiko. Lais Demokratische Fortschrittspartei DPP hat ihre Wählerschaft überwiegend in der Urbevölkerung. Diese Menschen verteidigen die Identität "Taiwan" und können sich mit China nicht so richtig anfreunden.

China hat Lais Reise als "politische Manipulation" und "provokative Aktion" verurteilt. Die chinafreundliche Tageszeitung des Hongkonger Verlagshauses Ta Kung Wen Wei Media bezeichnete Lais Bemühungen als "vergebliche Versuche, sich bei den USA einzuschleimen".

Die erste Präsidentenreise seit seinem Amtsantritt im Mai führt William Lai über die USA in den Südpazifik. Offenbar will Lai den außenpolitischen Kurs seiner Vorgängerin Tsai Ing-wen, ebenfalls DPP, fortsetzen. Er will die Zusicherung der USA, Taiwan angesichts wachsender chinesischer Einflüsse und der Feindseligkeit aus Peking zu unterstützen.

Während seines zweitägigen Besuchs auf Hawaii unterstrich Lai in einer Konferenz hinter verschlossenen Türen, dass China "die größte Herausforderung für Taiwan" sei. Er forderte bei einer anderen Gelegenheit internationale Verbündete auf, alles zu unternehmen, um Konflikte zu verhindern. "Ein Krieg hat keinen Gewinner", so Lai laut Insidern.

Lai sprach vor geschlossener Gesellschaft über Beziehungen zwischen Taiwan und USA auf HawaiiBild: Mengshin Lin/AP Photo/picture alliance

Begegnung mit US-Politikern

Lai traf viele Regierungsvertreter und Mitglieder des Kongresses der USA. In einem Telefonat mit der Ex-Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sprach Lai über "Chinas militärische Drohungen" gegenüber Taiwan. Pelosi besuchte Taiwan im August 2022, als sie noch eine aktive Amtsträgerin des US-Kongress war. Diese Reise löste große Spannungen zwischen den USA und China aus. Die Pekinger Regierung verhängte darauf hin Sanktionen gegen Pelosi und ihre direkten Verwandten.

Vor Lais Abreise nahmen die Aktivitäten chinesischer Kampfflugzeuge im Taiwaner Luftraum deutlich zu, so das taiwanesische Verteidigungsministerium. Dabei lieferten solche Reisen eher "weniger Vorwände für einen Wutanfall", so Wen-Ti Sung, Forscher am Atlantic Council in Washington, gegenüber der DW. Lais Transit errege nicht so viel Medienaufmerksamkeit und sorge auch nicht wirklich für politische Kontroversen. "Der Welt wird signalisiert, dass Taiwans neue Führung substanzielle Beziehungen mehr schätzt als symbolische Gesten. Alles nur unauffällig", sagt Sung.

Raymond Kuo, Politikwissenschaftler des kalifornischen Forschungsinstituts RAND, ist dagegen skeptisch, ob der kalkulierte Schritt vom Präsident Lai die "Gemüter" in Peking besänftigen werde. China neige dazu, "jeden kleinen Schritt als Vorwand zu nehmen und ihn zu dem aufzublähen, was sie wollen. Letztendlich hängt es von Chinas Staatschef Xi Jinping ab, der als Einziger weiß, wie China reagieren wird", sagt Kuo.

Der Zeitpunkt der Reise sei bemerkenswert, glaubt Sung. Die Welt blicke nach den Präsidentschaftswahlen in den USA vor allem auf die Entwicklungen in Washington. "In den USA findet jetzt ein Regierungswechsel statt. Die Welt hält ängstlich den Atem an, weil sie sich Sorgen macht, ob die neue US-Regierung einen unilateralen Ansatz verfolgen wird."

Der gewählte US-Präsident fordert nicht nur die NATO-Staaten, die Rüsungsausgaben zu erhöhen, sondern auch TaiwanBild: picture-alliance/NurPhoto/J. Arriens

Signale an Donald Trump

Dem gewählten US-Präsidenten Donald Trump will Präsident Lai seinen guten Willen zeigen. Schon im Wahlkampf hatte es von Trump viel Kritik gegeben. So hat er Taiwan aufgefordert, seine Verteidigungsausgaben gegen die Bedrohung durch China zu erhöhen. Außerdem beschuldigte er die führenden Chiphersteller auf Taiwan, dass sie amerikanische Arbeitsplätze vernichtet hätten.

Hinter verschlossenen Türen soll Lai auf Hawaii nun angekündigt haben, dass er Rüstungsausgaben erhöhen und Halbleiterhersteller ermutigen wolle, in den USA zu produzieren.

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Auf der Rückreise wird Präsident Lai einen Zwischenstopp auf Guam einlegen. In dem US-Außengebiet unterhalten die USA den größten Militärstützpunkt von Luftwaffe und Marine im Pazifik. Lai wird dort das Katastrophenschutzzentrum besuchen. "Die USA und Taiwan haben viele gemeinsame Interessen, wenn es um Katastrophenhilfe geht", sagt Raymond Kuo vom RAND im Interview mit der DW, "aber auch was man in einem militärischen Notfall erwarten würde."

Aus dem Englischen adaptiert von Dang Yuan