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Politik

Taiwans Präsidentin Tsai vereidigt

20. Mai 2020

Präsidentin Tsai Ing-wen ist für eine zweite Amtszeit vereidigt worden. Dabei bekräftigte sie die Unabhängigkeit Taiwans von China. Peking lehnt das rigoros ab und pocht auf die Formel "ein Land, zwei Systeme".

Taiwan Taipeh | Amtsantritt Tsai Ing-wen, Präsidentin
Bild: Reuters/Wang Yu Ching/Taiwan Presidential Office

Die Vereidigung von Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen für ihre zweite Amtszeit hat den Konflikt zwischen China und Taiwan und auch zwischen China und den USA weiter angeheizt. In ihrer Vereidigungsrede in der Hauptstadt Taipeh forderte Tsai die Volksrepublik zu einer friedlichen Koexistenz und Chinas Staatschef Xi Jinping zu einem Dialog auf. Beide Seiten hätten die "Pflicht", einen Weg zu finden, um langfristig nebeneinander zu existieren und weitere Streitigkeiten zu vermeiden. Sie werde es "nicht akzeptieren", dass Peking den Status quo untergrabe, sagte Tsai. "Ein Land, zwei Systeme" - diesem Prinzip, das China nach dem Vorbild Hongkongs auch für eine Wiedervereinigung mit Taiwan vorgeschlagen hat, erteilte Tsai erneut eine klare Absage. Auch kündigte die wiedergewählte Präsidentin an, weiterhin für die Mitgliedschaft Taiwans in internationalen Organisationen zu kämpfen. Bündnisse mit Partnern wie den USA, Japan und Europa wolle sie stärken. 

Drohungen von Peking an Taipeh

Für die kommunistische Führung in Peking war schon der klare Wahlsieg der chinakritischen Präsidentin im Januar eine Klatsche. China hatte zuvor den Druck auf die demokratisch verfasste Inselrepublik verstärkt. Ein erneutes Gesprächsangebot wies Peking umgehend zurück. Auch reagierte die Führung verärgert auf Tsais Rede. Peking werde eine Unabhängigkeit Taiwans "niemals tolerieren", erklärte das Büro für Taiwan-Angelegenheiten in Peking und schickte Drohungen Richtung Taipeh. China sei dazu in der Lage, seine nationale Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen und werde "separatistische Aktivitäten" oder eine äußere Einmischung in Chinas Innenpolitik nicht tolerieren. 

Erteilt Peking eine klare Absage: Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wenBild: Reuters/Makoto Lin/Taiwan Presidential Office

Zudem übte die kommunistische Regierung scharfe Kritik an US-Außenminister Mike Pompeo, der Tsai zur Vereidigung für ihre zweite Amtszeit gratuliert hatte. In seinem Telegramm lobte dieser Tsai für ihren "Mut" und ihre "Weisheit".

Attacke gegen Washington

Pompeos Glückwünsche seien falsch "und auch sehr gefährlich", erklärte das chinesische Verteidigungsministerium. Das Außenministerium zeigte sich "äußerst ungehalten" über das Telegramm und warf Washington vor, gegen diplomatische Verpflichtungen zu verstoßen. 

Der Streit um den Status Taiwans ist schon Jahrzehnte alt. Die Insel spaltete sich 1949 von China ab. Peking betrachtet die südlich vom chinesischen Festland gelegene Insel aber weiter als abtrünnige Provinz, die wieder mit der Volksrepublik vereinigt werden soll - notfalls auch mit militärischer Gewalt. 

Diese Spannungen haben sich seit dem Amtsantritt der Unabhängigkeitsverfechterin Tsai im Jahr 2016 verschärft. Auch international ist Taiwan zunehmend isoliert. Nur noch 15 Länder pflegen diplomatische Beziehungen mit Taipeh. Washington hatte 1979 die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan gekappt und Peking als einzige Regierung Chinas anerkannt. Inoffiziell unterhielt die US-Regierung aber weiter freundschaftliche Kontakte zu Taipeh. Unter Präsident Donald Trump näherten sich Washington und Taipeh weiter an, während sich die Beziehungen zu Peking massiv verschlechterten. 

Japans Regierungssprecher Yoshihide Suga gratulierte Tsai zu ihrer Vereidigung. Taiwan sei ein "wichtiger Partner und wertvoller Freund", sagte er. Beide Länder teilten grundlegende Werte und pflegten enge wirtschaftliche Beziehungen sowie nichtstaatliche Beziehungen auf Arbeitsebene, die, so Suga, weiter vertieft werden sollen.

Streit um WHO-Teilnahme

Der Streit um den Status Taiwans sorgte zuletzt für eine Auseinandersetzung bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO). China blockiert seit drei Jahren die Teilnahme der Inselrepublik an der WHO-Jahrestagung, die an diesem Montag und Dienstag stattfand. In diesem Jahr hatten die USA Verbündete zusammengetrommelt, um Taiwans Teilnahme durchzusetzen. Laut US-Außenminister Pompeo hatte am Ende eine entsprechende Resolution aber keine Chance auf eine Mehrheit und wurde deshalb vertagt. 

Taiwan, das bei der Bekämpfung des Coronavirus Erfolge vorweisen kann, kritisierte, dass es nicht an der Sitzung teilnehmen konnte. So sei allen Seiten die Chance auf einen Erfahrungsaustausch genommen worden. Trotz einer Bevölkerung von 23,7 Millionen Menschen gibt es in Taiwan offiziell bislang lediglich 440 nachgewiesene Corona-Erkrankungen und sieben Todesfälle. 

sam/qu (afp, rtr)

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