Drohung gegen Taiwan
5. März 2007In einer Reaktion vor Journalisten sagte Außenminister Li Zhaoxing am Montag (5.3.07) in Peking, wenn Chen Shui-bian die Unabhängigkeit wolle, werde er "ein Verbrecher vor der Geschichte". Er werde aber scheitern. Der Außenminister verwies auf Chinas Anti-Abspaltungsgesetz, "das nicht nutzlos außer Acht gelassen wird", wie ihn die Zeitung "Lianhe Zhaobao" aus Singapur zitierte.
Das vor zwei Jahren angenommene Gesetz ermächtigt die chinesische Volksbefreiungsarmee zu einem Militärschlag, falls sich Taiwan von China ablösen oder einer Wiedervereinigung auf ewig entziehen wolle. Die kommunistische Führung betrachtet Taiwan seit 1949 nur als abtrünnige Provinz.
Politische Kehrtwende
In einer Abkehr von seiner bisherigen Politik hatte Taiwans Präsident am Sonntag in Taipeh überraschend dazu aufgerufen, die Unabhängigkeit anzustreben und den Namen von "Republik China" in Taiwan zu ändern. "Taiwan muss die Unabhängigkeit anstreben, muss seinen Namen ändern, muss eine neue Verfassung bekommen und Entwicklung anstreben." Mit der Namensänderung solle eine Aufnahme in die Vereinten Nationen angestrebt werden, sagte Chen Shui-bian.
Damit widerrief der Präsident sein Versprechen bei seinem Amtsantritt 2000, aus Rücksicht auf Peking und die USA nicht formell die Unabhängigkeit erklären oder den Namen des Landes ändern zu wollen.
Die Opposition in Taiwan reagierte mit scharfer Kritik auf die Äußerungen von Chen Shui-bian. "Ich bin geschockt", sagte der Hoffnungsträger der nationalchinesischen Kuomintang für die Präsidentenwahl 2008, Ma Ying-jeou. Die Volkspartei (PFP) verklagte den Präsidenten wegen Landesverrats. Aus Angst vor neuen Spannungen mit der Volksrepublik sackte die Börse in Taipeh um zwei Prozent, weil Kurse von Unternehmen fielen, die Geschäfte mit China machen.
Reaktion auf Chinas enormen Militäretat?
Offenbar hatten bei Taiwans Präsidenten nicht zuletzt angesichts des hohen chinesischen Militäretats die Alarmglocken geschrillt. China hatte am Sonntag angekündigt, in diesem Jahr fast ein Fünftel mehr Geld für sein Militär ausgeben zu wollen als im vergangenen Jahr. Der Militärhaushalt für 2007 werde um 17,8 Prozent wachsen, sagte ein Sprecher des Nationalen Volkskongresses in Peking. Das entspricht 350,9 Milliarden Yuan (34,3 Milliarden Euro) für 2007.
Chinas Premier Wen verteidigte am Montag die überdurchschnittliche Steigerung des Militäretats. Die Streitkräfte müssten unter anderem "Chinas Einheit" sichern und sich auf moderne Kriegsführung unter hochtechnologischen Bedingungen einstellen. Die massive Erhöhung war vom Sprecher des Volkskongresses am Vortag auch mit den Unwägbarkeiten in Bezug auf Taiwan begründet worden.
US-Raketenpläne verschärfen den Konflikt
Der stellvertretende US-Vizeaußenminister John Negroponte sagte, er wolle wissen, was genau China mit seinem hohen Militärhaushalt vorhabe. Und ein Sprecher der taiwanesischen Regierung erklärte, das höhere Budget kennzeichne die wachsende Bedrohung durch China.
Die US-Regierung hatte zuvor chinesische Proteste wegen der geplanten Lieferung von US-Raketen an Taiwan zurückgewiesen. Außenamtssprecher Sean McCormack sagte am Freitag, die Vereinigten Staaten unterstützten Taiwan dabei, sein "legitimes Recht auf Selbstverteidigung" wahrzunehmen. Das chinesische Außenministerium hatte verlangt, den Verkauf von etwa 450 Raketen Luft-Luft- und Boden-Luft-Raketen an Taiwan zu unterlassen, und vor der Möglichkeit verschlechterter Beziehungen zwischen den USA und China gewarnt.
China will "grün" wachsen
Die Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses, die am Montag mit ihrer jährlichen Sitzung begonnen haben, müssen den Militärhaushalt noch formal beschließen. Außerdem wird der Nationale Volkskongress während seiner zehn bis zwölf Tage dauernden Sitzung über wirtschaftliche und soziale Leitlinien abstimmen. So dürfte das erste Gesetz Chinas zu Privatbesitz nach Jahren ideologischer Kämpfe noch einmal heftig debattiert werden. Privat- und Staatseigentum sollen dem Entwurf zufolge künftig gleichermaßen geschützt werden.
Zur Eröffnung des zehnten Nationalen Volkskongresses hat Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao ein größeres Umweltbewusstsein beim rasanten Wirtschaftswachstum des Landes zugesagt. China werde 2007 mehr tun, um Energie zu sparen und den Ausstoß von Schadstoffen zu begrenzen, sagte Wen laut Redetext am Montag. Während der Konjunkturmotor nach Jahren des kräftigen Wachstums weiter am Laufen gehalten werden solle, müsse das Energiesparen und eine geringere Umweltverschmutzung stärker in den Vordergrund rücken. (ana)