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Tansania: Chance auf historischen Machtwechsel

Mohamed Abdulrahman / jpw3. September 2015

Im Oktober wird in Tansania gewählt. Zahlreiche Mitglieder der Regierungspartei sind zur Opposition übergelaufen, Experten erwarten ein knappes Ergebnis - eine Bewährungsprobe für die ostafrikanische Demokratie.

Tansania Präsidentschaftswahlen Kandidatur Edward Lowassa. Foto: TONY KARUMBA/AFP/Getty Images
Überläufer: Der ehemalige CCM-Premierminister Edward Lowassa ist Präsidentschaftskandidat der OppositionBild: Getty Images/AFP/T. Karumba

Am 25. Oktober sind rund 24 Millionen Tansanier aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Bereits jetzt ist klar: Es wird ein neues Staatsoberhaupt geben. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Präsidenten auf dem Kontinent strebt Amtsinhaber Jakaya Kikwete kein drittes Mandat an - das wäre auch in Tansania verfassungswidrig.

Alles deutet darauf hin, dass es knapp werden könnte für die regierende "Revolutionspartei" Chama Cha Mapinduzi (CCM), die seit 1977 an der Macht ist. Der Grund: Nachdem interne Streitigkeiten in den vergangenen Monaten für prominente Parteiaustritte gesorgt hatten, witterte die Opposition ihre Chance und empfing die Unzufriedenen mit offenen Armen.

So kommt es, dass der ehemalige CCM-Premierminister Edward Lowassa - den die Opposition einst als einen der korruptesten Politiker des Landes bezeichnet hatte - nun als Präsidentschaftskandidat für das Parteienbündnis UKAWA ins Rennen geht. Das Kisuaheli-Akronym steht für "Union zur Verteidigung der Volksverfassung" und ist ein Zusammenschluss der vier wichtigsten Oppositionsparteien Tansanias, die nun erstmals seit der Einführung des Mehrparteiensystems 1992 auf einen Wahlsieg hoffen dürfen.

Korruptionsbekämpfung bleibt großes Thema

Lowassas Gegenspieler auf Seiten der Regierungspartei ist John Magufuli. Er ist bereits seit 15 Jahren Kabinettsmitglied und aktueller Arbeitsminister. In seinem Wahlprogramm steht der Kampf gegen Korruption an erster Stelle, doch Experten bezweifeln, dass die CCM das Thema außerhalb politischer Reden mit Nachdruck verfolgt.

Präsidentschaftskandidat der Regierungspartei CCM: John MagufuliBild: picture-alliance/AP Photo/K. Said

"Es fehlt der politische Wille, die Korruption zu bekämpfen", sagte Richard Shaba im Gespräch mit der DW. Er ist Programmkoordinator im Länderbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Tansania. Wer selbst nicht sauber sei, könne kaum effektiv gegen das Problem vorgehen, meint Shaba.

Zwar wurden in der Vergangenheit immer wieder Fälle von Korruption aufgedeckt - 2014 musste unter anderem die Ministerin für Wohnungsbau, Anna Tibaijuka, nach einem Bestechungsskandal zurücktreten - doch gingen die Konsequenzen den meisten Beobachtern nicht weit genug. Man könne daher kaum von einem Sieg der Anti-Korruptionsbewegung sprechen, so Shaba. "Sie haben ein paar kleine Fische erwischt, aber nicht die ganz großen."

Schwere Vorwürfe gegen Sicherheitsbehörden

Derweil steht das Lager von Herausforderer Lowassa nach Angaben des Oppositionsführers Freeman Aikaeli Mbowe vor ganz anderen Problemen. In einem Gastbeitrag in der US-amerikanischen Huffington Post wirft der Chef der "Partei für Demokratie und Fortschritt" (CHADEMA) der Regierung vor, den Wahlkampf des UKAWA-Spitzenkandidaten Lowassa gezielt zu sabotieren. CHADEMA ist das größte Mitglied der UKAWA-Koalition.

Mbowe zufolge blockiere die Polizei Reiserouten des Wahlkampftrosses, Fluggenehmigungen würden verweigert. Zudem seien Auftritte Lowassas aus nicht nachvollziehbaren Gründen verboten worden. Man habe mit Beifall aufgenommen, dass Präsident Kikwete gemäß der Verfassung Platz für einen Nachfolger gemacht habe, schreibt Mobowe in seinem Beitrag. Doch müsse Kikwete nun auch dafür sorgen, dass die Wahlen tatsächlich frei und gerecht seien.

Bundespräsident Joachim Gauck mit seinem Amtskollege Jakaya Kikwete bei einem Tansania-Besuch im Februar 2015Bild: Reuters

Politische Parteien hinken bei Gleichstellung hinterher

Ein Thema, bei dem beide Seiten bislang hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind, ist die Gleichstellung der Geschlechter in der Politik. Laut der Frauenrechtlerin Ave-Maria Semakafu habe sich trotz jahrelanger Kampagnen an den patriarchalischen Strukturen bislang wenig geändert.

"Leider fungieren Frauen unter den aktuellen politischen Rahmenbedingungen nur als Wahlkampfhelfer für Männer", sagte Semakafu gegenüber der DW. Die Parteien hätten bei der Kandidatenaufstellung für die Parlamentswahlen keine 50-50-Quote durchgesetzt. "Aus unserer Sicht hat sich die Demokratie in Tansania überhaupt nicht weiterentwickelt."

Seit Jahren gilt Tansania als "Donor-Darling", als Liebling der Entwicklungshilfe-Geberländer - auch, weil die Demokratisierung des Landes seit 1992 weitgehend erfolgreich und friedlich abläuft. Doch einen reibungslosen Machtwechsel kann das ostafrikanische Land noch nicht vorweisen - bislang gewann die CCM alle Wahlen. Es sieht so aus, als würde die Stabilität seiner Demokratie im Oktober zum ersten Mal ernsthaft auf die Probe gestellt.

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