Tansania ist der wahrscheinlich größte Außenseiter beim Afrika Cup. Jetzt geht es für das ostafrikanische Team ins Bruderduell mit Kenia. Trainer Emmanuel Amunike wird es schon richten, hoffen Spieler und Fans.
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Emmanuel Amunike hatte die Niederlage schon vorher geahnt. Also ging der Nationaltrainer Tansanias nach dem Abpfiff ganz entspannt herüber zu seinem Kollegen Aliou Cissé, schüttelte ihm kurz die Hand und hatte das Spiel offenbar schon abgehakt. Sein Team hatte soeben seine Auftaktpartie beim Afrika-Cup gegen den hohen Favoriten Senegal mit 0:2 verloren. "Meine Jungs sollen aus diesem Spiel lernen, Erfahrungen sammeln. Daran fehlt es ihnen am meisten", analysierte der 48-Jährige kurz und knapp.
Die Niederlage seiner Landsleute hatte auch Japhet Makale auf der Tribüne kommen sehen. "Keine Chance heute. Der Senegal mit seinen ganzen Starspielern ist eine Nummer zu groß für uns", urteilte der 52 Jahre alte Geschäftsmann. Er war einer der Handvoll Fans auf den Rängen des Stadions "30. Juni" in Kairo, die den weiten Weg hergemacht hatten, um Tansania anzufeuern. "Seit fast 40 Jahren ist die Mannschaft erstmals wieder dabei. Für mich war klar, dass ich hinreisen werde, um sie zu unterstützen", sagte Makale: "Sieben Stunden hat der Flug gedauert und mich fast ein Vermögen gekostet. Aber ich bin dabei. Trainer Amunike hat uns zum Leben erweckt."
Turnierqualifikation als große Überraschung
Dass Amunike mit seiner Mannschaft überhaupt bei der Endrunde des Kontinentalturniers dabei ist, gilt schon als große Überraschung. Tansania spielte in der Spitze des afrikanischen Fußballs bisher überhaupt keine Rolle. 1980 hatte man es mal zum Afrika Cup geschafft, danach waren in den Qualifikationsspielen immer andere besser. Bis Amunike kam.
Der Nigerianer, der als Nationalspieler 1994 den Afrika Cup gewinnen konnte, hat dem Außenseiter fußballerisches Leben eingehaucht, was so niemand erwarten konnte. Im August 2018 übernahm Amunike, der als Spieler bei Sporting Lissabon und dem FC Barcelona europäisches Top-Niveau erreicht hatte, Tansanias Nationalmannschaft. Zuvor hatte er als Trainer die U17-Auswahl Nigerias zum WM-Titel 2015 geführt. Nur wenige Monate nach seiner Amtsübernahme führe er Tansania zum Afrika Cup. In der Qualifikationsgruppe musste man zwar Uganda den Vortritt lassen, platzierte sich aber vor Lesotho und den Kapverden.
"Um 50 Prozent besser"
"Er hat uns innerhalb von nur wenigen Wochen erheblich besser gemacht", sagt Mbwana Samatta. Der 26-Jährige ist so etwas wie der Starspieler der Mannschaft. Bei Racing Genk erzielte er in der vergangenen Saison 23 Tore und wurde in Belgien zum "besten afrikanischen Spieler der Saison" gewählt. "Allein seine Tipps und seine ungeheure Erfahrung haben uns um 50 Prozent besser werden lassen", sagt Samatta über Amunike.
Neben Samatta haben bisher nur zwei weitere Nationalspieler Tansanias den Sprung nach Europa geschafft. Der Rest spielt noch in der Heimat - zumeist entweder beim Simba SC oder den Young Africans. Das sind die beiden mit Abstand dominierenden Vereine in Tansanias Ligafußball. Was kein Wunder ist, denn in Dar es Salaam, der größten Stadt des Landes, steht mit dem Nationalstadion die einzig wirklich taugliche Spielstätte. Dort treten Simba und die "Yangas", wie Young African genannt wird, zu ihren Heimspielen an.
In den restlichen Ligapartien geht es auf mehr oder weniger rumpligen Stoppelfeldern zur Sache. "Da kann doch gar kein ansehnlicher Fußball gespielt werden", sagt Geschäftsmann Makale, der vor allem die fehlende Nachwuchsförderung anprangert. "In Tansania kümmert sich niemand um die Jungs. Die spielen ausschließlich auf der Straße. Es ist ein Wunder, wenn mal ein Talent entdeckt wird."
Jetzt ins Bruderduell mit Kenia
Aber jetzt sind sie hier beim Afrika Cup, Mbwana Samatta und seine Kollegen. Und an diesem Donnerstag treten sie zu ihrem "Spiel des Jahres" an. Es geht gegen Kenia, den großen Bruder aus der Nachbarschaft. "Auf dieses Spiel fiebern wir alle schon seit Wochen hin. Die Straßen in Tansania werden leergefegt sein. Alle Leute werden uns zuschauen", weiß Samatta. Sein Ziel ist klar: "Ein Sieg, natürlich. Das können wir schaffen. Amunike wird uns Tipps geben und wir werden sie schlagen."
Sollte das gelingen, wäre für Tansania noch mehr drin. Der Modus beim diesjährigen Turnier erlaubt, dass neben den sechs Gruppensiegern und Tabellenzweiten auch die vier besten Tabellendritten der Vorrunde in die Runde der besten 16 einziehen. "Das ist machbar", glaubt auch Geschäftsmann Makale. Und sollte es passieren, würde Emmanuel Amunike in Tansania endgültig zum Helden aufsteigen.
Afrika Cup 2019: Diese Bundesliga-Stars sind dabei
In Ägypten treffen sich die besten Auswahlmannschaften des Kontinents, um den 32. Afrika Cup auszutragen. Mit dabei sind auch einige Spieler, die man aus der Fußball-Bundesliga kennt.
Bild: picture-alliance/NurPhoto/A. Surma
Achraf Hakimi (Marokko)
Hakimi ist erst 20 Jahre jung und schon Stammspieler bei Vizemeister Borussia Dortmund und Afrikas Nachwuchsfußballer des Jahres. Ein Fußbruch, den der 20-jährige Marokkaner Anfang April erlitt, brachte die Teilnahme am Afrika Cup in Gefahr. Kurz vor Turnierbeginn gab die Leihgabe von Real Madrid aber grünes Licht: Hakimi meldete sich fit und ist für Marokko in Ägypten dabei.
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Ibrahima Traoré (Guinea)
Durch eine Leisten-OP im Februar kommt der Stürmer in der zurückliegenden Saison nur auf elf Einsätze für Borussia Mönchengladbach. Trotzdem reist Traoré zum Afrika Cup - schließlich ist er der Kapitän von Guinea. Der 31-Jährige sagt der "Rheinischen Post", dass er so fit wie möglich sein will, um sein Land bei dem prestigeträchtigen Wettbewerb mindestens bis ins Achtelfinale zu führen.
Senegals Salif Sané ist neben Armine Harit der zweite Schalker, der in Ägypten für sein Land spielt. Der Verteidiger war auf Schalke in der abgelaufenen Saison Leistungsträger und stand in fast jedem Spiel auf dem Platz. Beim Afrika Cup will der 28-Jährige mit Senegal allerdings häufiger jubeln als das mit Schalke möglich war. Dafür muss er die Abwehr aber besser zusammenhalten als im Verein.
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Kasim Adams Nuhu (Ghana)
Während der Ghanaer in der Bundesliga als Kasim Adams bekannt ist, kennt man ihn in der Schweiz als Kasim Nuhu. Bevor der Innenverteidiger nach Hoffenheim wechselte, wurde er 2018 mit Young Boys Bern Schweizer Meister. In der Bundesliga verletzte sich Adams zu einem frühen Zeitpunkt der Saison und hatte anschließend Probleme, wieder ins Team zu kommen. Insgesamt absolvierte er nur 13 Partien.
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Amadou Haidara (Mali)
Der 21-jährige Malier ist einer der vielen Profis von RB Leipzig, die von Red Bull Salzburg in die Messestadt wechselten. Haidara kam im Sommer 2016 aus Bamako nach Österreich. Mit der U19 der Salzburger "Roten Bullen" gewann er 2017 die UEFA Youth League. Im Herbst 2017 gab er sein Debüt in der A-Nationalmannschaft Malis.
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Jean-Philippe Gbamin (Elfenbeinküste)
Für den Mainzer Mittelfeldspieler ist der Afrika Cup die beste Möglichkeit, Werbung für sich zu machen. Denn dass Gbamin Mainz verlassen will, ist längst kein Geheimnis mehr. Ziel des Ivorers soll die englische Premier League sein, allerdings kann er sich laut eigener Aussage auch einen Wechsel innerhalb der Bundesliga vorstellen. "Vielleicht Dortmund oder Leverkusen - die Klubs mag ich", sagt er.
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Chadrac Akolo (DR Kongo)
Der Angreifer aus dem Kongo kam 2009 als Flüchtling in die Schweiz. Kurzzeitig überlegte er sogar, für die Eidgenossen zu spielen, entschied sich dann aber doch für die "alte Heimat". Akolo ist in der abgelaufenen Saison mit dem VfB Stuttgart aus der Bundesliga abgestiegen. Insgesamt kam er nur auf 16 Einsätze, ihm gelang dabei kein Treffer und nur eine Vorlage.
Bild: picture-alliance/Pressefoto Rudel/R. Rudel
Simon Falette (Guinea)
Falette ist zwar in Frankreich geboren, besitzt neben der französischen aber auch die Staatsbürgerschaft von Guinea - für das er auch aufläuft. In der Bundesliga kickt er seit 2017 bei Eintracht Frankfurt, wo er in der vorletzen Saison noch zum Stammpersonal gehörte (29 Pflichtspiele). Mittlerweile kommt er bei der SGE aber kaum noch an Martin Hinteregger und Almamy Touré vorbei.
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Cebio Soukou (Benin)
Aus der 3. Liga in Deutschland zum Afrika Cup - auch das ist möglich. Cebio Soukou spielte in der abgelaufenen Saison für Hansa Rostock und feierte erst vor wenigen Monaten sein Debüt im Trikot des Benin. Mittlerweile hat er bei Arminia Bielefeld in der 2. Liga unterschrieben - vorher möchte er für das Heimatland seines Vaters aber noch in Ägypten glänzen.
Bild: picture-alliance/Fotostand/Voelker
Manfred Starke (Namibia)
Ebenfalls bei einem Drittligisten steht Manfred Starke unter Vertrag. Seit 2015 spielt er für den FC Carl-Zeiss Jena. Starke, der auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, wechselte als 13-Jähriger aus Windhoek ins Jugendinternat von Hansa Rostock. Heute wird der Linksfuß meist im linken Mittelfeld oder als Außenverteidiger eingesetzt, er hat aber auch schon im zentralen Mittelfeld gespielt.
Bild: picture-alliance/Fotostand/Wagner
Marcel Tisserand (DR Kongo)
Wie viele afrikanische Spieler ist der 26-Jährige in Frankreich aufgewachsen, entschied sich 2013 aber, für die Heimat seiner kongolesischen Mutter aufzulaufen. Seit 2016 spielt der 1,88 Meter große Mittelfeldspieler in Deutschland: Nach einem Jahr beim FC Ingolstadt wechselte er zum VfL Wolfsburg, mit dem er nächste Saison in der Europa League antreten wird.
Bild: picture-alliance/dpa/S. Pförtner
Pierre Kunde Malong (Kamerun)
Seine fußballerische Ausbildung erhielt er in Spanien bei Atletico Madrids B-Elf, den Sprung zum Stammspieler schaffte er aber nicht in der Hauptstadt, sondern als Leihspieler bei Extremadura UD und dem FC Granada. Seit 2018 läuft der 23-Jährige für den FSV Mainz 05 auf. In seiner ersten Bundesliga-Saison bestritt der Mittelfeldspieler 29 Partien.
Bild: picture-alliance/Bild Pressehaus
Jamilu Collins (Nigeria)
Als knapp 18-Jähriger kam Jamilu Collins aus seiner nigerianischen Heimat nach Kroatien zu HNK Rijeka, wo er den Durchbruch als Profi aber nie ganz schaffte. Nach vielen Leihgeschäften innerhalb Kroatiens wechselte Collins 2017 zum SC Paderborn, mit dem der Linksverteidiger zunächst in die 2. Bundesliga und in seiner zweiten Saison direkt in die Bundesliga aufstieg.
Bild: picture-alliance/SvenSimon/J. Kuppert
Mohamed Dräger (Tunesien)
Gemeinsam mit Jamilu Collins feierte Mohamed Dräger den Aufstieg der Paderborner. Der Deutsch-Tunesier ist in Freiburg geboren und hat beim SC Freiburg das Fußballspielen gelernt. Sein Pflichtspieldebüt bei den Profis des Sportclub hatte er im Juli 2017 in der Qualifikation für die Europa League gegen NK Domzale. Um Spielpraxis zu sammeln, wurde er 2018 nach Paderborn ausgeliehen.
Bild: picture-alliance/dpa/R. Michael
Marc Lamti (Tunesien)
Bei Bayer 04 Leverkusen spielt Marc Lamti noch in der U19 und schloss die U19-Bundesliga-Gruppe West mit seinem Team als Tabellenvierter ab. Vor einigen Wochen berief Tunesiens Nationaltrainer Alain Giresse den 18-Jährigen erstmals in den Kader, wenige Tage vor dem Ende der Nominierungsfrist feierte er sein Länderspiel-Debüt. Nun ist der 1,96 Meter große Innenverteidiger beim Afrika Cup dabei.
Bild: Bayer 04 Leverkusen
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Korrektur: In einer früheren Version dieses Textes wurde Dar es Salaam als "Hauptstadt Tansanias" angeführt. Dort sitzt bis heute die Regierung. Die Hauptstadt ist aber Dodoma. Wir haben diesen Fehler korrigiert.