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PolitikAfrika

Tansania: Magufuli oder Demokratie?

Martina Schwikowski
26. Oktober 2020

Am Mittwoch wird in Tansania ein neuer Präsident gewählt. Die Opposition gibt sich zuversichtlich, doch Beobachter bezweifeln, dass die Wahlen fair ablaufen.

Bildkombo Tansania Wahlen | Präsident John Magufuli und Tundu Lissu
Tansanias Präsident John Magufuli (links) und sein Herausforderer Tundu Lissu

Mehr Krankenhausbetten statt üppiger Staatsfeierlichkeiten, Kontrollbesuche in Ministerien und Behörden, keine Auslandsreisen für Minister: Für seine ersten Amtshandlungen als tansanischer Staatschef wurde John Magufuli im In- und Ausland als großer Korruptionsbekämpfer und afrikanischer Vorzeigepräsident gefeiert. Trotz seiner Zugehörigkeit zur langjährigen Regierungspartei Chama Cha Mapinduzi (CCM, Partei der Revolution) weckte Magufuli 2015 die Hoffnung auf demokratische Reformen. Doch kurz vor der anstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahl an diesem Mittwoch ist davon nicht mehr viel zu spüren.

Keine Medien- und Meinungsfreiheit mehr

"Er hat nichts Positives erreicht", so die vernichtende Bilanz von Daniel El-Noshokaty, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Daressalam. Zwar habe Magufuli mit seinem zupackenden Stil versucht, der Bevölkerung neues Selbstvertrauen zu geben, einige Infrastrukturprojekte wie die tansanische Eisenbahn seien verwirklicht und die Gebühren für weiterführende Schulen abgeschafft worden. Doch dafür sitze das Land nun auf einem gigantischen Schuldenberg und auch Magufulis zentrales Wahlversprechen, der Kampf gegen die Korruption, habe kaum Früchte getragen.

Stattdessen scheint Magufuli mit immer drastischeren Mitteln gegen seine politischen Gegner zu kämpfen. Es gebe keine Medien- und Meinungsfreiheit mehr in Tansania, klagt El-Noshokaty im DW-Interview. Oppositionelle würden verhaftet und misshandelt. Er zitiert einen Bericht der Organisation Reporter ohne Grenzen: "Tansania hat in den letzten vier Jahren 53 Plätze eingebüßt auf dem Index. Kein Land der Welt ist so weit herabgestuft worden." Im Wahlkampf würden sogar auf privaten Mobiltelefonen die Namen von Oppositionspolitikern geblockt, SMS mit entsprechendem Inhalt könnten nicht mehr versendet werden, berichtet El-Noshokaty.

Amtsinhaber John Magufuli will Tansania für weitere fünf Jahre regieren Bild: DW/E. Boniphace

Hoffnungsträger Lissu

Einer der geblockten Namen ist Tundu Lissu. Der Oppositionspolitiker der Partei für Demokratie und Fortschritt (CHADEMA) ist Magufulis Hauptkonkurrent bei den anstehenden Wahlen. Der 52-jährige Rechtsanwalt kehrte erst Ende Juli nach drei Jahren im belgischen Exil zurück. Lissu überlebte im September 2017 knapp einen Mordversuch: Nach einer Parlamentssitzung wurde er in seinem Auto angeschossen und schwer verletzt. 16 Kugeln trafen ihn in Beine und Unterleib. Die Attentäter blieben unerkannt und die Polizei stellte die Ermittlungen ein.

Im Wahlkampf zeigt Lissu Tatendrang. Seine Kundgebungen sind gut besucht, auch die wichtigste Oppositionspartei in Sansibar (Act Wazalendo) unterstützt Lissu im Kampf um das Präsidentenamt. Gerade bei jungen Menschen habe er für einen Stimmungswandel gesorgt, sagt El-Noshokaty. "Viele junge Menschen reden wieder über Politik und wollen wählen. Vorher war nur Apathie gegenüber der Politik im Land zu spüren."

Tundu Lissu lässt sich bei seiner Rückkehr in Daressalam von Anhängern feiernBild: DW/S. Khamis

Lissu selbst zeigt sich selbstbewusst: "Unsere Vorbereitungen für die Wahlen am 28. Oktober sind sehr positiv", so der Oppositionspolitiker im DW-Interview wenige Tage vor der Wahl. "Wir haben unsere Beobachter in jedes einzelne Wahllokal im Land geschickt. Natürlich sehen wir uns hier und da mit einigen Hindernissen seitens der Regierung konfrontiert, aber bis jetzt sind wir sicher, zwischen 60 und 70 Prozent zu gewinnen".

"Keine freien und fairen Wahlen"

Doch auch Humphrey Polepole, Sprecher der Regierungspartei CCM, ist zuversichtlich: "Wir haben einen wissenschaftlich optimierten Wahlkampf durchgeführt, 89 Prozent unserer öffentlichen Kundgebungen haben in den frühen Morgenstunden stattgefunden. So konnten mehr Menschen unserem Präsidentschaftskandidaten John Magufuli zuhören, als wir erwartet hatten", erklärte Polepole vergangene Woche auf einer Pressekonferenz in Daressalam. Er rechne deshalb mit einem Erdrutschsieg für den Amtsinhaber.

KAS-Beobachter El-Noshokaty glaubt ebenfalls nicht an einen Machtwechsel in dem ostafrikanischen Land: "Es gibt keine freien und fairen Wahlen in Tansania. Es soll nur der Schein einer Demokratie gewahrt werden." Dafür spreche auch, dass keine Wahlbeobachter aus Europa oder von den Vereinten Nationen ins Land gelassen wurden, lediglich Beobachter der Ostafrikanischen Gemeinschaft EAC durften einreisen. Für El-Noshokaty ist klar: "Der Präsident will eine überwältigende Mehrheit und wird sie auch bekommen."

Mitarbeit: Khelef Mohammed

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