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Tarifstreit: Gewerkschaften lassen Deutschland stillstehen

4. März 2024

Reisende müssen in dieser Woche starke Nerven haben - oder ihre Pläne gleich ganz aufgeben: Die Lokführergewerkschaft GDL und Verdi wollen zeitgleich die Deutsche Bahn und die Lufthansa bestreiken.

Eine Anzeigetafel im Terminal des Flughafens Frankfurt zeigt das Wort "Cancelled" (Gestrichen)
Erneut werden in Kürze viele Flugverbindungen wegen Streiks gestrichen Bild: Boris Roessler/dpa/picture alliance

Ab Donnerstag früh sind sowohl bei der Deutschen Bahn als auch bei der Lufthansa tausende Beschäftigte zu Streiks aufgerufen. Zahlreiche Züge und Flüge werden dann ausfallen, wie vorangegangene Streikrunden bereits gezeigt haben. Verantwortlich dafür sind die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer GDL mit ihrem Vorsitzenden Claus Weselsky und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.    

Nach einer ersten Einschätzung des Lufthansa-Konzerns sind an den beiden von Verdi avisierten Streiktagen Donnerstag und Freitag rund 200.000 Passagiere betroffen. Das deutet darauf hin, dass wie bei zwei vorhergegangenen Streikwellen erneut rund 1000 Flüge pro Tag ausfallen und nur etwa zehn Prozent des ursprünglichen Angebots aufrechterhalten werden können. Wegen des zeitgleichen Lokführerstreiks entfällt zudem die Möglichkeit, für kürzere Strecken auf die Schiene umzusteigen. 

Das Lufthansa-Bodenpersonal will wieder streiken - wie hier am 20.02.2024 in FrankfurtBild: Boris Roessler/dpa/picture alliance

Sollten sich auch die Beschäftigten der privaten Luftsicherheitsunternehmen an den größeren deutschen Flughäfen dem Warnstreik der Lufthansa-Kollegen anschließen, könnte sich das Reise-Chaos noch mehr verschärfen. Zwar liefen am Montag noch Verhandlungen, aber ein Verdi-Vorstandssprecher wollte ein Scheitern nicht ausschließen. Wenn die Kräfte an den Passagier- und Gepäckkontrollen fehlen, kann kein Passagier in den Sicherheitsbereich der Flughäfen gelangen.

(Fast alle) Bahnen stehen still

Bei der Bahn beginnt der Streik im Fern- und Regionalverkehr am Donnerstagmorgen um 2.00 Uhr und wird dort erneut für Millionen Reisende zu erheblichen Einschränkungen führen. Bis Freitag um 13.00 Uhr soll der Ausstand laut GDL andauern. Doch auch danach dürfte es noch einige Zeit dauern, bis alle Züge wieder wie gewohnt fahren. Im Güterverkehr beginnt der Arbeitskampf bereits am Mittwochabend um 18.00 Uhr und soll bis Freitag um 5.00 Uhr gehen. 

Am Donnerstag und Freitag bleiben wegen des Lokführerstreiks wieder viele Züge im Depot (Archiv)Bild: Breuel/picture alliance

Auch bei der Bahn kann in den kommenden Wochen noch weiteres Ungemach auf die Kundinnen und Kunden zukommen. GDL-Chef Weselsky will Streiks künftig nicht mehr wie zuletzt mit rund 48 Stunden Vorlauf ankündigen. "Wir beginnen sogenannte Wellenstreiks", sagte er und schloss auch Streiks während des anstehenden Osterverkehrs nicht aus. Damit sei die Eisenbahn "kein zuverlässiges Verkehrsmittel mehr" und werde "auch den sogenannten Notfahrplan nicht fahren" können.

Die Bahn warf der GDL Egoismus und Sturheit vor. "Viele Millionen Menschen in unserem Land können nicht Zug fahren, weil die GDL-Führung nicht willens ist, Kompromisse einzugehen", kritisierte Personalvorstand Martin Seiler. Besonders aber würden die Streiks ohne Vorankündigung die Kunden treffen: "Diese sogenannten Wellenstreiks sind eine blanke Zumutung für unsere Fahrgäste." Die Bahn forderte eine Rückkehr an den Verhandlungstisch.

Appell aus Berlin

Die Bundesregierung hat angesichts der neuen Streikankündigungen der Gewerkschaft GDL bei der Deutschen Bahn an die Verantwortung beider Tarifparteien appelliert. Verkehrsminister Volker Wissing habe deutlich gemacht, dass man eine Lösung nur am Verhandlungstisch finden könne, sagte ein Ministeriumssprecher. Daher gebe es die klare Erwartungshaltung, dorthin zurückzukehren. Beide Parteien hätten "eine sehr erhebliche Verantwortung" auch gegenüber Millionen Fahrgästen, deren Alltag beeinträchtigt werde. Zudem befinde sich Deutschland in einer Wachtumsschwäche.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing fordert Deutsche Bahn und GDL zur Rückkehr an den Verhandlungstisch aufBild: Jens Krick/Flashpic/picture alliance

Wie die Regierung deutlich machte, will sich der Bund als Eigentümer der Bahn vorerst weiter nicht selbst in den Konflikt einschalten. Es gebe in Deutschland Tarifautonomie, an die gelte es sich zu halten, sagte der Ministeriumssprecher.

Keine Bewegung trotz erfahrener Schlichter

Knackpunkt des seit Monaten schwelenden Tarifstreits ist die Forderung der GDL nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden ohne finanzielle Einbußen. Fast vier Wochen saßen beide Seiten zuletzt hinter verschlossenen Türen zusammen, um einen Kompromiss zu finden.

Zwei erfahrene Schlichter, der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (beide CDU), moderierten die Gespräche. Ohne Erfolg. Am vergangenen Donnerstag teilte die Bahn mit, dass die Verhandlungen erneut gescheitert seien. 

mak/kle (dpa, afp, rtr)