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PolitikArmenien

Tausende Armenier protestieren wieder gegen Paschinjan

30. Mai 2024

Die Kritiker werfen dem Regierungschef in Eriwan vor allem zu großes Entgegenkommen gegenüber Aserbaidschan vor. Erst vor einigen Tagen hatte Nikol Paschinjan vier Grenzdörfer an das verfeindete Nachbarland abgetreten.

Protestkundgebung auf Eriwans Platz der Republik vor dem Regierungsgebäude Nr. 1
Protestkundgebung auf Eriwans Platz der Republik vor dem RegierungsgebäudeBild: KAREN MINASYAN/AFP/Getty Images

In Armenien haben tausende Menschen gegen die Regierung des Landes protestiert. In der Hauptstadt Eriwan versammelten sich rund 3000 Demonstranten vor dem Regierungssitz auf dem zentralen Platz der Republik. Die erneuten Proteste richten sich gegen Ministerpräsident Nikol Paschinjan wegen territorialer Zugeständnisse an Aserbaidschan. Die Demonstranten blockierten mit ihren Autos den Verkehr in der Innenstadt. Zeitweise gab es Zusammenstöße mit der Polizei.

Die Regierung von Paschinjan hatte in der vergangenen Woche vier Grenzdörfer an das Nachbarland übergeben - als Teil eines Plans zur Normalisierung der Beziehungen zwischen den seit Jahrzehnten verfeindeten Nachbarstaaten. Armenien hatte die vier Dörfer an der Grenze zu Aserbaidschan in den 1990er Jahren eingenommen.

Zielscheibe des Ärgers vieler Armenier: Ministerpräsident Nikol Paschinjan Bild: Asatur Yesayants/SNA/IMAGO Images

Seit der Übergabe wird in Armenien demonstriert. Anführer der Proteste ist der einflussreiche Erzbischof Bagrat Galstanjan, der ein Amtsenthebungsverfahren gegen Paschinjan anstrebt. Bei dem jüngsten Protest wandte sich der 53-jährige Geistliche mit den Worten an die Menge: "Wir sind hierher gekommen, um diesem Mann (Paschinjan) zu sagen, dass er in diesem Land nichts zu suchen hat."

Erzbischof mit politischen Ambitionen 

Am Montag war Galstanjan vorübergehend von seinem religiösen Amt zurückgetreten, um als Ministerpräsident zu kandidieren. Nach armenischem Recht kann er das Amt derzeit jedoch nicht ausüben, da er als Doppelstaatler neben der armenischen auch die kanadische Staatsbürgerschaft besitzt, auf die er aber verzichten könnte. Allerdings verfügen die Oppositionsparteien nicht über genügend Sitze im Parlament, um ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten.

Streitbarer Kirchenmann: Erzbischof Bagrat Galstanyan (Mitte) führt die Proteste gegen die armenische Regierung anBild: KAREN MINASYAN/AFP

Die Regierung zeigte sich bisher unbeeindruckt von den Protesten. Paschinjan verteidigt weiter die Zugeständnisse an Aserbaidschan als Teil eines Friedensprozesses mit dem Nachbarland.

Flucht von 120.000 Bewohnern aus Berg-Karabach 

Die ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan sind seit Jahrzehnten verfeindet. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991 streiten Baku und Eriwan um die Region Berg-Karabach, die lange überwiegend von Armeniern bewohnt war, völkerrechtlich aber zu Aserbaidschan gehört. Im Herbst 2020 hatten sich die beiden Staaten wochenlang heftige Kämpfe geliefert, mehr als 6500 Menschen wurden dabei getötet.

Im September 2023 brachte Aserbaidschan Berg-Karabach dann in einer großangelegten Militäroffensive komplett unter seine Kontrolle. Fast alle der ehemals rund 120.000 armenischen Bewohner von Berg-Karabach flüchteten nach Armenien, das große territoriale Zugeständnisse an Aserbaidschan machen musste.

Armenien und der Exodus aus Bergkarabach

05:55

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sti/haz (afp, kna)