Tauwetter in Kuba
8. Juli 2010Die kubanische Regierung wird nach Angaben der katholischen Kirche 52 politische Gefangene freilassen, die 2003 zu Gefängnisstrafen von bis zu 28 Jahren verurteilt wurden. Fünf dürften noch in den nächsten Stunden die Haft verlassen und nach Spanien reisen, teilte die Kirche am Mittwoch (07.07.2010) mit. Die weiteren 47 Inhaftierten würden in den kommenden Monaten aus den Gefängnissen entlassen. Der Schritt folgt auf einen Besuch des spanischen Außenministers Miguel Angel Moratinos und Gespräche zwischen Kubas Präsident Raul Castro und dem Erzbischof von Havanna, Kardinal Jaime Ortega. Moratinos war in der Nacht zum Dienstag zu einem dreitägigen Arbeitsbesuch auf Kuba eingetroffen.
Freiheit für den "Schwarzen Frühling"
Die Dissidenten gehören zur Gruppe von 75 Oppositionellen, die im März 2003, im sogenannten "Schwarzen Frühling", wegen "Söldnertums" im Dienste der USA verurteilt worden waren. Die Regierung in Havanna setzt mit der Freilassung und der Verlegung der Häftlinge ihren Entspannungskurs fort. Bereits im Juni war der schwer kranke 47-jährige Dissident Ariel Sigler freigelassen worden. Auch in diesem Fall hatte die Kirche vermittelt.
Der Umfang der Vereinbarung "ist eine Überraschung", erklärte Elizardo Sanchez, Leiter der illegalen, aber von der Regierung tolerierten Organisation "Kubanische Kommission für Menschenrechte und Nationale Versöhnung" (CCDHRN). "Wir hatten auf eine signifikante Freilassung von Gefangenen gehofft, aber nicht auf das hier."
So wenige Gefangene wie nie
Die Zahl der politischen Gefangenen ist nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten auf dem niedrigsten Stand seit der Revolution von 1959. Durch die anstehenden Entlassungen wird sich die Zahl der politischen Gefangenen auf der Insel auf etwa hundert reduzieren. Allgemein jedoch habe sich die Menschenrechtslage laut CCDHRN nicht verbessert. Willkürliche Inhaftierungen für einige Stunden oder Tage hätten sogar zugenommen.
International wurde auf die kommunistische Regierung in Havanna zuletzt verstärkt Druck ausgeübt, die Menschenrechtslage zu verbessern. Kuba steht seit Februar verstärkt in der internationalen Kritik. Anlass war der Tod des Häftlings Orlando Zapata, der nach einem Hungerstreik starb. In der Folge nahm der Dissident Guillermo Fariñas einen Hungerstreik auf, um die Freilassung der besonders kranken politischen Häftlinge zu erzwingen. Er befindet sich in einem Krankenhaus, sein Zustand gilt als kritisch.
Vor der Mitteilung über die Freilassung hatte die Kirche den Besuch von Spaniens Außenminister Moratinos als "hoffnungsvolles" Zeichen bezeichnet. Während der Ende Juni abgelaufenen EU-Ratspräsidentschaft hatte Spanien versucht, die anderen EU-Länder zu einer flexibleren Haltung gegenüber Kuba zu bewegen. Er stieß damit aber auf heftigen Widerstand anderer Staaten der Union.
Autor: Oliver Samson
Redaktion: Ulrike Quast