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Politik

Tauziehen um Einwanderungsgesetz

Friedel Taube
18. Dezember 2018

Seit Jahren ringen deutsche Politiker um ein neues Einwanderungsgesetz. Am Mittwoch soll endlich ein Entwurf im Kabinett beschlossen werden - doch ob dieser so wirklich durchgeht, ist ungewiss.

Deutschland Integration - Afrikaner
Bild: Imago/photothek/M. Gottschalk

In einem Punkt sind sich alle einig: Deutschland braucht ein neues Einwanderungsgesetz. Eines, das ein schnelleres, transparenteres und faireres Verfahren für Einwanderer aus Nicht-EU-Staaten bietet - und zwar sowohl für diejenigen, die bereits mit Duldungsstatus im Land sind, als auch für die, die erst noch planen, nach Deutschland zu kommen.

Das Problem: Bei dieser Feststellung hört die Einigkeit eigentlich auch schon wieder auf. Seit rund drei Monaten liegt ein Eckpunkte-Papier des Bundesinnenministeriums auf dem Tisch - an diesem Mittwoch soll es durchs Kabinett gehen.

Umstrittenes Eckpunktepapier

Die Eckpunkte des Anfang Oktober nach hartem Ringen vorgelegten Papiers: Abgelehnten Asylbewerbern, die bereits einer Tätigkeit in Deutschland nachgehen, soll die Möglichkeit gegeben werden, in Deutschland zu bleiben, wenn sie ihren Lebensunterhalt selbst sichern und gut integriert sind. Derzeit betrifft das laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rund 174.000 Personen in Deutschland. Sie sollen nicht aus einem gut funktionierenden Arbeitsverhältnis herausgerissen und abgeschoben werden.

Außerdem soll es die Möglichkeit geben, für ein halbes Jahr nach Deutschland zur Jobsuche zu kommen. Und, ganz wichtig: Diese Regelungen sollen grundsätzlich für alle Qualifizierten gelten, nicht nur für Hochqualifizierte und Fachkräfte aus so genannten "Mangelberufen", also Berufe, bei denen in Deutschland zu wenig Personal vorhanden ist wie Ingenieure oder Altenpfleger.  

Das Eckpunktepapier war auf viel Wohlwollen gestoßen, besonders aus Kreisen der deutschen Wirtschaft, die seit Jahren klare und verständliche Regeln für die Einwanderung fordert. Ob es jetzt, wie Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eigentlich geplant hatte, noch im alten Jahr beschlossen wird, steht aber in den Sternen. Denn Kritik an dem ursprünglichen Entwurf kommt von allen Seiten - vor allem aus den Unionsparteien CDU und CSU selbst.

Da waren sie noch guter Dinge: Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Innenminister Horst Seehofer stellen im Oktober ihr Eckpunktepapier vorBild: Reuters/H. Hanschke

Unionsinterner Streit

Besonders die Option, dass Arbeitswillige zunächst befristet zur Jobsuche einreisen könnten, sorgt beim rechten Flügel der Union für Kritik. Der Obmann der Union im Innenausschuss des Bundestages und bekannte Merkel-Kritiker, Armin Schuster (CDU), sagte im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur, der vorgelegte Entwurf biete in der jetzigen Form "die Möglichkeit für Schleuser, Menschen eine illegale Einreise nach Deutschland zu ermöglichen, um sich hier einen Aufenthaltstitel zu erschleichen mit einer vorgeblichen Arbeits- oder Ausbildungsaufnahme". Er warnt: "Eigentlich ermöglichen wir dem Schleuser ein völlig neues Geschäftsmodell." Anstatt wie bisher Menschen nachts über die Grenze zu schicken, müssten Schleuser jetzt nur noch "Papiere fingieren". Denn die Eignung der Arbeitssuchenden solle laut Entwurf erst in Deutschland abschließend überprüft werden.

Kritik regt sich auch an den Regelungen, die es gut integrierten Asylbewerbern, die abgelehnt wurden, ermöglichen sollen, in Deutschland zu bleiben. Die Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Andrea Lindholz von der CSU, bezeichnete die bisherige Fassung des Einwanderungsgesetzes als "nicht zustimmungsfähig". Es müsse "klar zwischen Asyl- und Fachkräftemigration unterschieden werden", sagte sie in der "Passauer Neuen Presse". Sie befürchtet, dass es zu einem so genannten "Spurwechsel" kommt. "Ein abgelehnter Asylbewerber, der keinen Schutzanspruch hat, muss grundsätzlich ausreisen", forderte sie. Ansonsten würden enorme Fehlanreize entstehen.

Vorbild Kanada?

Jetzt geht es darum, ob nicht genau dieser Punkt eventuell doch in einem separaten Gesetz geregelt wird, statt ihn ins Einwanderungsgesetz mit aufzunehmen. 

Das wünschen sich auch die Grünen, die derzeit laut Umfragen als zweitstärkste Kraft aus einer Bundestagswahl hervorgehen würden. Bündnis 90/Die Grünen wollen ein Gesetz, das ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild vorsieht. Menschen, die eine hohe Punktzahl erreichen, könnten demnach für ein Jahr nach Deutschland kommen, um auf Jobsuche zu gehen. Wie viele Menschen kommen dürfen, soll jedes Jahr aufs Neue eine Kommission festlegen, die dann eine Empfehlung an die Bundesregierung ausspricht. Punkte gibt es demnach beispielsweise für Berufserfahrung, Deutschkenntnisse und frühere Aufenthalte in der EU oder in der Schweiz.

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