1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Teheran sendet weitere Öffnungssignale

Jashar Erfanian, Mitra Shodjaie23. September 2013

Mit der Freilassung der Anwältin Nasrin Sotudeh und anderer Gefangener hat Teheran neue Öffnungssignale gesandt. Gleichzeitig bekräftigte Präsident Rohani Verhandlungsbereitschaft im Atomkonflikt.

Die Anwältin Nasrin Sotudeh aufgenommen im Mai 2010 (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Sie galten als Aufrührer und Verräter, als Feinde der Islamischen Republik. Seit Mittwoch (18.09.2013) aber sind die Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotudeh sowie mindestens 15 weitere politische Gefangene auf freiem Fuß. Sotudeh bestätigte ihre vorzeitige und permanente Entlassung aus dem Teheraner Gefängnis gegenüber der Organisation "International Campaign for Human Rights in Iran": "Sie sagten mir, dass ich nun frei sei. Kein Wort von einem Hafturlaub."

Sotudeh wurde 2010 inhaftiert und wegen angeblicher Propaganda gegen das politische System im Iran zu elf Jahren Haft verurteilt. Später wurde ihre Strafe auf sechs Jahre reduziert, auch aufgrund internationaler Proteste. Die heute 49-Jährige setzte sich im Iran vor allem für die Rechte der Frauen und gegen die Todesstrafe ein. Sie verteidigte auch Aktivisten, die nach der umstrittenen Präsidentenwahl im Jahr 2009 angeklagt waren. Nach eigenen Angaben möchte Sotudeh wieder als Rechtsanwältin arbeiten und ihren politischen Kampf fortsetzen.

Nach Informationen der reformorientierten Tageszeitung "Iran" sollen in den kommenden Tagen weitere Dissidenten entlassen werden.

"Was wird mit Führern der Grünen Bewegung?"

Die Freilassung von inhaftierten Oppositionellen war ein Wahlversprechen des neuen iranischen Präsidenten Hassan Rohani. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) mit Sitz in Frankfurt am Main begrüßte das Ende von Sotudehs "willkürlicher Haft" als "hochwillkommene, aber im Augenblick erst symbolische Geste."

Kommen auch Mir Hossein Mussawi (l) und Mehdi Karrubi frei? (hier im Jahr 2009 vor ihrem Hausarrest)Bild: AP

Auch Ardeshir Amir Arjomand, der in Paris lebende ehemalige Chefberater des 2009 unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Mir Hossein Mussawi, begrüßt gegenüber der Deutschen Welle die Freilassung der Dissidenten: "Es scheint, dass die politisch Verantwortlichen endlich Vernunft angenommen und erkannt haben, dass sich die Situation im Iran innen- und außenpolitisch ändern muss."

Ob auch die Führer der reformorientierten "Grünen Bewegung", Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karrubi, die unter Hausarrest stehen, freigelassen werden, ist derzeit ungewiss. Für Arjomand wäre die Freilassung der beiden ein wichtiges Signal: "Ob die iranische Führung es mit ihrem neuen Kurs ernst meint, dürfte sich an der Frage der Freilassung von Mussawi und Karrubi entscheiden."

Rohani bekundet Verhandlungsbereitschaft im US-Fernsehen

Die Meldungen über die Freilassung Sotudehs und anderer politischer Gefangener fielen zeitlich zusammen mit der Ausstrahlung eines Interviews, das der US-Sender NBC mit Präsident Rohani in Teheran geführt hatte. "Wir haben niemals den Besitz einer Atombombe angestrebt, wir streben ausschließlich nach ziviler Atomtechnologie", so Rohani gegenüber der US-Reporterin und bekräftigte auf Nachfrage: "Wir werden unter keinen Umständen nach dem Besitz von Massenvernichtungswaffen streben, einschließlich Atomwaffen."

Teheran hatte dies schon früher gesagt, ohne internationale Zweifel ausräumen zu können. Auch der geistliche Führer Chamenei hat Massenvernichtungswaffen als unislamisch verurteilt. Dennoch sind Rohanis Äußerungen bedeutsam, wie Volker Perthes, Iran-Experte und Direktor der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), gegenüber der Deutschen Welle erläutert.

Teherans Äußerungen jetzt "glaubwürdiger"

Die Behauptungen würden jetzt "glaubwürdiger vorgetragen", denn es komme auf den Kontext an: Teheran gebe zu und stehe dazu, dass es einen Dialog mit den USA gibt, etwa in Form des jetzt bekanntgewordenen Briefwechsels zwischen den Präsidenten beider Länder. Außerdem schlage es neue Töne gegenüber den Juden und damit implizit gegenüber Israel an. Teheran strebe jetzt "ein Niveau von Sprache und Auseinandersetzung an, das einen Dialog überhaupt erst möglich macht", so Perthes. Auch dass der religiöse Führer Chamenei von "Flexibilität" rede, gehöre zu diesem Kontext.

Außenminister Mohammad Dschawad Sarif soll die Atomverhandlungen auf iranischer Seite leitenBild: picture-alliance/dpa

Kontext und neue Sprache sind das eine, konkrete Verhandlungsergebnisse das andere. Für Perthes ist klar, dass zwei Dinge am Ende auf jeden Fall herauskommen müssen: Iran muss zugestanden werden, über einen eigenen Brennstoffkreislauf zu verfügen. Gleichzeitig müsse letzterer so limitiert und kontrolliert sein, dass kein Ausbruch in Richtung Atomwaffe möglich ist. Wie eben das zu gewährleisten ist, werde der Gegenstand der kommenden Verhandlungen sein müssen.

"Rohani hat Spielraum"

Zur Frage, wie frei Rohani ist, die Agenda zu bestimmen, meint Perthes: "Im iranischen politischen Establishment gibt es eine Akzeptanz, dass Rohani mit seiner Agendasetzung richtig liegt." Priorität hat demnach die Gesundung der Wirtschaft, und dafür muss Iran die Sanktionen loswerden, was wiederum voraussetzt, dass Iran mit der internationalen Gemeinschaft ins Reine kommt. Als "Hauptknackpunkt" habe Rohani die Zweifel an der Friedlichkeit des iranischen Atomprogramms erkannt und dass "der Iran da etwas tun" müsse.

Rohani betonte in dem NBC-Interview, dass seine Regierung "in Bezug auf das Atomprogramm vollständige Zuständigkeit" habe und "ausreichende politische Handlungsfreiheit, um dieses Problem zu lösen." Pertes hält das für glaubwürdig: "Es scheint so, dass der Religionsführer Rohani freie Hand gegeben hat, auch für so strategische Fragen wie die Verhandlungen über das Atomprogramm."

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen
Den nächsten Abschnitt Top-Thema überspringen

Top-Thema

Den nächsten Abschnitt Weitere Themen überspringen