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PolitikAsien

Teheran sperrt kritische Journalistinnen weg

24. November 2022

Noch nie wurden so viele Journalistinnen im Iran verhaftet wie jetzt. Unter ihnen sind Niloufar Hamedi und Elahe Mohammadi. Ihnen wird "Verschwörung gegen die nationale Sicherheit" vorgeworfen.

Iran Niloofar Hamedi und Elaheh Mohammadi
Niloufar Hamedi (r.) und Elahe Mohammadi waren unter den Ersten, die über den Tod von Jina Mahsa Amini berichtetenBild: Shargh

Niloufar Hamedi war lange Zeit als Sportreporterin tätig. Sie liebe Fußball, schreiben ihre Kolleginnen in sozialen Netzwerken und posten Fotos von ihr im Stadion. Die 30-jährige Reporterin der "Shargh", einer der größten iranischen Tageszeitungen, sitzt seit mehr als zwei Monaten ohne Anklage hinter Gittern. Ihr Anwalt sagt, dass Hamedi ihn nicht kontaktieren dürfe. Über Niloufar Hamedi und ihre Kollegin Elahe Mohammadi würden Lügen verbreitet. 

Die beiden Journalistinnen waren unter den Ersten, die über den Tod von Jina Mahsa Amini berichteten. Nilufar Hamedi tat dies aus dem Krankenhaus, in dem Jina Mahsa Amini im Koma lag, bevor sie am 16. September offiziell für tot erklärt wurde. Vier Tage später wurde Hamedi verhaftet. Elahe Mohammadi arbeitet bei der Zeitung "Ham-Mihan". Sie reiste in Aminis Heimatstadt Saqqez in der Region Kurdistan im Nordwesten Irans, um über die Beerdigung Aminis zu berichten, aus der sich eine der ersten Protestaktionen der aktuellen Bewegung entwickelte. Knapp zwei Wochen später wurde auch sie verhaftet.

In der Mitte eine Ausgabe der Zeitung "Hammihan". Neben dem Titelbild steht ironisch: "Verbietet Journalismus"Bild: Atta Kenare/AFP/Getty Images

"Im Ausland für hybride Kriegführung ausgebildet"

Die Vorwürfe: Hamedi und Mohammadi stünden mit ausländischen Geheimdiensten in Verbindung und seien von ihnen ausgebildet worden, behaupteten das iranische Geheimdienstministerium und die Geheimdienste der iranischen Revolutionsgarden in einer gemeinsamen Erklärung Ende Oktober.

Niloufar Hamedi sei in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Finnland, der Türkei und Südafrika für einen hybriden Krieg gegen die Islamische Republik Iran ausgebildet worden, präzisierte Ameneh Sadat Zabihpour. Sie ist beim iranischen Staatsfernsehen angestellt und führt regelmäßig erzwungene "Geständnis-Interviews" mit politischen Gefangenen. Seit Mitte November steht ihr Name auf der Sanktionsliste der Vereinigten Staaten.

Das US-Finanzministerium hatte am 16. November sechs leitende Angestellte des staatlichen iranischen Senders IRIB sanktioniert, wegen ihrer Rolle in einem "entscheidenden Instrument in der Unterdrückungs- und Zensurkampagne der iranischen Regierung gegen ihr eigenes Volk", so die offizielle Begründung. Was Leute wie Ameneh Sadat Zabihpour behaupten, wird von Anhängern der Islamischen Republik fraglos akzeptiert und weiterverbreitet. Zum Beispiel den Vorwurf der Beteiligung der beiden Journalistinnen an einem "hybriden Krieg", was nicht weniger als eine Kombination aus klassischen Militäreinsätzen, wirtschaftlichem Druck, Desinformation und Manipulation bedeutet.

"Falsche Behauptungen, die im Netz verbreitet werden, sind sehr gefährlich und können später vor Gericht eine entscheidende Rolle spielen", erklärt die Menschenrechtsaktivistin Shiva Nazar Ahari im Gespräch mit der DW. Nazar Ahari ist Mitglied des iranischen Berichterstatter-Komitees für Menschenrechte und wurde in den vergangenen 17 Jahren wiederholt verhaftet und saß mehrere Jahre im Gefängnis. Seit Oktober 2018 lebt sie in Slowenien. 

Sie führt zur Lage der beiden inhaftierten Journalistinnen aus: "Niloufar Hamedi und Elahe Mohammadi sind beide im Sicherheitstrakt 209 des Teheraner Evin-Gefängnisses inhaftiert. Wann sie vor Gericht gestellt werden sollen, ist nicht bekannt. Wir sehen aber, wie Kanäle, die der Staatsmacht nahestehen, Lügen über sie verbreiten und das als Fakten bezeichnen. Zum Beispiel zirkulieren nun Fotos von einer Privatreise nach Südafrika im Netz, um die Öffentlichkeit zu manipulieren. Es ist nicht das erste Mal, dass man Journalisten vorwirft, keine unabhängigen Berichterstatter zu sein und Verbindungen mit dem Ausland zu haben." Ahari meint, dass diese Kampagne sich weniger an die breite Öffentlichkeit richte, die der offiziellen Propaganda wenig Glauben schenke, als vielmehr an die Anhänger des Machtapparats.

Einschüchtern zwecklos

Nach Angaben der Organisation "Reporter ohne Grenzen" wurden seit Mitte September mindestens 43 Journalistinnen und Journalisten festgenommen. Acht von ihnen wurden inzwischen freigelassen. Unter den 35 Inhaftierten sind 15 Frauen. 

Die Journalistinnen lassen sich nicht einschüchtern. Zum Beispiel die kurdische Journalismus-Studentin Nazila Maroufian: Wie Jina Mahsa Amini kommt die 23-jährige Studentin aus der Stadt Saqqez. Sie hatte ein Interview mit dem Vater von Jina Mahsa Amini geführt, in dem dieser erklärte, dass seine Tochter keine Vorerkrankungen hatte, die schuld an ihrem Tod sein könnten. Das Interview unter dem Titel: "Sie lügen" wurde am 19. Oktober auf der Nachrichtenseite "Mostaghel" veröffentlicht. Kurz danach hatte sie auf ihrem Twitter-Account geschrieben: "Ich habe nicht vor, mich umzubringen, und ich habe keine Vorerkrankungen. Ich bin froh, dieses Interview geführt und veröffentlicht haben". Maroufian wurde am 30. Oktober verhaftet. 

Das iranische Regime wolle die Stimmen der kritischen Journalistinnen und Journalisten systematisch unterdrücken, sagte Christopher Resch von Organisation "Reporter ohne Grenzen" im Gespräch mit der DW. Man sei zutiefst besorgt über das Schicksal dieser mutigen Journalistinnen. Sie gingen ein hohes Risiko ein, um die Wahrheit ans Licht zu bringen, die das Regime im Iran mit aller Macht zu verbergen versuche. "Wir stehen an ihrer Seite."

Vor der aktuellen Repressionswelle saßen im Iran bereits drei Journalistinnen hinter Gittern. Der Iran belegt seit langem einen der schlechtesten Plätze auf der von "Reporter ohne Grenzen" veröffentlichten Rangliste der Pressefreiheit: Platz 178 von 180.

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