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Teile und herrsche

30. April 2003

Im ostafrikanischen Bürgerkriegsland Burundi hat es einen historischen Machtwechsel gegeben: Der Tutsi-Präsident hat sein Amt an den Hutu-Nachfolger abgegeben. Was sich so einfach anhört, ist ein ethnischer Kraftakt.

Tutsi und Hutu: Sie bleiben jeweils unter sichBild: AP

Lange gab es Zweifel, ob der Präsident Burundis, Pierre Buyoya, sein Amt abgeben würde oder nicht. Doch der Tutsi-Major, der 1996 durch einen Putsch an die Macht kam, hat sich an die Friedensvereinbarung vom August 2000 gehalten. Das ist keineswegs selbstverständlich. "In Burundi muss man hinter jeden Vertrag ein großes Fragezeichen setzen", sagt Rolf Hofmeier vom Institut für Afrika-Kunde in Hamburg.

Der Wechsel an der Staatsspitze war im Jahr 2000 im Friedensvertrag von Arusha vereinbart worden. Dieser sieht eine Machtteilung der beiden größten Bevölkerungsgruppen des Landes vor. Die Hutu stellen zwar den weit größten Teil der Bevölkerung von Burundi, das Sagen im Land hatte jedoch bislang die Tutsi-Minderheit. Von 1993 bis 2000 gab es einen blutigen Bürgerkrieg, nachdem der erste demokratisch gewählten Hutu-Präsident Burundis, Melchior Ndadaye, von der Tutsi-dominierten Armee ermordet worden war.

Friedensvertrag auf tönernen Füßen

Der am 28. August 2000 unterzeichnete Friedensvertrag sieht eine dreijährige Übergangszeit vor, innerhalb derer sich die Tutsi und Hutu die Macht im Anderthalb-Jahre-Rhythmus teilen: Ab November 2001 regierte der Tutsi Buyoya das Land. Der Hutu Domitien Ndayizeye wird nun während der zweiten Hälfte der Zeit Präsident sein. Die Ministerämter wurden zwischen den Volksgruppen aufgeteilt. Offiziell sollen nach Ablauf der Übergangszeit Wahlen stattfinden. Der zugrunde liegende Vertrag war von der damaligen Tutsi-Regierung und den Parteien der Hutu und Tutsi unterzeichnet worden. Doch die wichtigsten Hutu-Rebellenorganisationen verweigerten ihre Unterschrift und erkennen den Vertrag bis heute nicht an.

Vereinbarung brachte keinen Frieden

Ende vergangenen Jahres war erneut versucht worden, die Hutu-Kämpfer stärker in die Verhandlungen einzubinden. Unter der Vermittlung des südafrikanischen Vize-Präsidenten Jacob Zuma einigten sich Regierung und Rebellengruppen auf eine Waffenruhe - doch weil sich einzelne Fraktionen und Abspaltungen der Milizen nicht daran hielten, gingen die Kämpfe weiter. Ähnlich wie das benachbarte Ruanda ist Burundi seit Jahren vom Konflikt zwischen der Tutsi-Minderheit und der Mehrheit der Hutu geprägt, der fast 85 Prozent der etwa sieben Millionen Einwohner angehören. In dem Bürgerkrieg kamen seit 1993 rund 300.000 Menschen ums Leben, mehr als eine Million wurden vertrieben.

Friedenshilfe von außen

Zum möglichen Friedensprozess in Burundi will auch die Afrikanische Union mit einer Truppe von rund 3000 Mann beitragen. Die ersten 100 Soldaten aus Äthiopien, Südafrika und Mosambik sind bereits eingetroffen. Unklar ist jedoch, was ihre Aufgabe eigentlich umfasst. Südafrika hatte bereits im Oktober 2001 erste Soldaten geschickt. Sie hatten, wie Hofmeier vom Institut für Afrika-Kunde berichtet, vor allem aus dem Exil zurückgekehrte gemäßigte Hutu-Politiker geschützt, die in der Übergangsregierung mitwirken. Die Truppe der Afrikanischen Union hält Hofmeier für Symbolik. Die Kämpfe könne sie nicht beenden.

Eine entscheidende Frage für die Zukunft Burundis bleibt, ob auch das Tutsi-Militär bereit ist, mehr Macht abzugeben - und Hutu in die Armee einzubinden. Ein solcher Schritt könnte unter der Tutsi-Bevölkerung neue Ängste wecken, meint Hofmeier. "Die Tutsi fürchten, umgebracht zu werden, wenn sie das Militär aus der Hand geben." Weder der Friedensvertrag noch die Übernahme des Präsidentenamts durch einen Hutu können darüber hinwegtäuschen, dass die Hutu-Bevölkerungsmehrheit weiterhin im Alltagsleben von der Tutsi-Elite ausgegrenzt wird. Wohin das langfristig führen kann, lehrt der Völkermord im Nachbarland Ruanda: Dort schürte eine Hutu-Regierung den Genozid, dem 1994 über 800.000 Tutsi zum Opfer fielen. Ein Trauma, das auch auf Burundi ausstrahlt. (arn)

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