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Kriminalität

Telefon-Trick knackt Verbrecher-Netzwerke

8. Juni 2021

Ermittler hören kriminelle Banden ab - und das 18 Monate lang. Dann schlagen sie in 16 Ländern zu. Alles begann mit einem raffinierten Täuschungsmanöver.

Niederlande Europol-Pressekonferenz zur organisierten Kriminalität
Stolze Polizeivertreter: Auf einer Pressekonferenz in Den Haag berichtet Europol über den internationalen CoupBild: Jerry Lampen/ANP/picture alliance

Mit einer weltweit konzertierten Aktion in 16 Ländern ist Fahndern ein schwerer Schlag gegen das organisierte Verbrechen gelungen. Bei Razzien in über 700 Wohnungen wurden mehr als 800 Verdächtige festgenommen, wie die Polizeibehörde Europol in Den Haag bekanntgab. Über 48 Millionen Dollar an Bargeld und Kryptowährungen, aber auch Juwelen und Waffen seien den Beamten in die Hände gefallen, außerdem mehr als acht Tonnen Kokain.

In Deutschland durchsuchten Ermittler bereits am Montag 150 Objekte und nahmen mehr als 70 Verdächtige fest. Sie sollen schwerste Straftaten im Bereich der Organisierten Kriminalität begangen haben, wie das Bundeskriminalamt mitteilte. Nach Angaben der hessischen Justizministerin Eva Kühne-Hörmann ist darunter auch der gewerbsmäßige Handel mit Waffen.

"Eine der größten Aktionen gegen Kryptonetzwerke"

Die weltweite Aktion ging auf Ermittlungen des FBI und australischer Ermittler zurück. Zu den beteiligten Ländern gehörten neben Deutschland, den USA und Australien auch Österreich, Schweden, Dänemark, Estland, Litauen, Norwegen, Schottland und Großbritannien. In Australien wurden nach Angaben der dortigen Behörden 224 Personen gefasst, in Neuseeland 35.

Säckeweise Beweismittel: Fahnder - hier in Essen am Montag - finden Rauschgift, Juwelen, Geld und WaffenBild: Stephan Witte/KDF-TV & Picture/dpa/picture alliance

In Europa verkündete Europol unter anderem die Festnahme von 70 Personen in Schweden und 49 Verdächtigen in den Niederlanden. Die Operation unter dem Decknamen "Greenlight/Trojan Shield" sei eine der größten und ausgeklügeltsten Aktionen gegen Kryptonetzwerke gewesen, hieß es bei einer Pressekonferenz.

Mehr als 27 Millionen Nachrichten abgefangen

Die Beschuldigten stehen im Verdacht, unerlaubt mit Betäubungsmitteln und Waffen gehandelt und dabei Kryptohandys genutzt zu haben - präparierte Smartphones, auf denen eine App installiert war, mit der die Kommunikation vermeintlich abhörsicher gemacht werden konnte.

"Sie sprachen über Mord": Reece Kershaw, Leiter der australischen Bundespolizei (rechts), mit Premier Scott MorrisonBild: Dean Lewins/AAP via REUTERS

Die Geräte waren nach Europol-Angaben jedoch mit einem Netzwerk des FBI verbunden. Für die Polizei war der Datenverkehr dadurch einsehbar, und sie erhielt weitreichende Einblicke in das kriminelle Dunkelfeld. Über 18 Monate lang belauschten die Ermittler Telefongespräche und fingen mehr als 27 Millionen Nachrichten ab. Undercover-Beamte hatten zuvor Hunderte der manipulierten Telefone in zahlreiche Banden eingeschleust.

"Wir waren in den Hintertaschen der Verbrecher"

So konnten die Fahnder in Echtzeit verfolgen, wie Mitglieder der Mafia, anderer Verbrechersyndikate oder krimineller Motorradgangs Drogengeschäfte, Geldwäsche und sogar Bandenmorde über die Plattform "AN0M" planten. Die genutzten Geräte verfügen nicht über E-Mail- oder GPS-Funktionen und können ausschließlich Nachrichten an andere "AN0M"-Mobiltelefone senden. "Wir waren in den Hintertaschen der Organisierten Kriminalität", sagte der Leiter der australischen Bundespolizei, Reece Kershaw. Die Kriminellen hätten nur über Drogen, Gewalt und Mord gesprochen.

jj/gri (dpa, afp, rtr)