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Politik

May und Macron üben sich in Kompromissen

Barbara Wesel
18. Januar 2018

Ein neues Abkommen zur Grenzsicherung und die verstärkte Verteidigungszusammenarbeit standen im Mittelpunkt des Treffens von Emmanuel Macron mit Theresa May. Aber es begann mit einer diplomatischen Geste.

Großbritannien Emmanuel Macron, Präsident Frankreich & Theresa May
Bild: Getty Images/AFP/C. Archambault

Es ist ein Triumph der französischen Diplomatie. Schon am Tag vor seinem offiziellen Treffen mit Premierministerin Theresa May hatte Präsident Emmanuel Macron die Leihe des kostbaren Gobelins von Bayeux nach Großbritannien versprochen. Der mittelalterliche Bilderteppich schildert die Einnahme Englands durch Wilhelm den Eroberer, Herzog der Normandie. Eine politische Geste mit doppeltem Boden: Frankreich erinnert die Briten sowohl an die lange gemeinsame Geschichte als auch an ihre damalige Niederlage. Ein Symbol auch für den Verlauf des Gipfeltreffens zwischen May und Macron - der Präsident zeigt sich als siegessicherer Besucher.

Der "Teppich von Bayeux" aus dem 11. JahrhundertBild: picture alliance/akg-images

Der Vertrag von Sandhurst, vormals Le Touquet

50 Millionen Euro zusätzlich wird die Regierung in London für die Grenzsicherung im Hafen von Calais zahlen. Dafür unterschreibt  Frankreich eine Neuregelung des Touquet-Vertrages, der die Sicherung der britischen Grenze auf französischer Seite festschreibt. Vor seiner Wahl hatte Emmanuel Macron angekündigt, er werde das Abkommen beenden. Mit der Fortschreibung zeigt er Kompromissbereitschaft, fordert aber von der britischen Seite nicht nur mehr Geld, sondern auch die Aufnahme weiterer Minderjähriger mit Familienbezug in Großbritannien.

Was in Calais passiert, sei "nicht zufriedenstellend", sagte Macron bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Theresa May. Er hoffe der "Sandhurst Vertrag" werde die Situation verbessern. Darin wird auch eine sehr viel schnellere Bearbeitung von Asylanträgen vereinbart.

Frankreich wird Großbritannien in Calais weiter helfen, die Einreise von Migranten zu verhindern Bild: Getty Images/R. Stothard

Die britische Premierministerin wiederum betont, man müsse gemeinsam die Zahlen der illegalen Grenzübertritte verringern. "Wir arbeiten zusammen für eine sichere Grenze." Sie steht inzwischen vom rechten Flügel ihrer eigenen Partei unter Beschuss, weil sie Macron die weitere Millionenzahlung zugesagt hat.  

Ein paar britische Hubschrauber und französische Soldaten

Der Ort des Treffens in der britischen Militärakademie Sandhurst sollte signalisieren, dass es der britischen Regierung hier vor allem um die Sicherheitszusammenarbeit ging. "Frankreich und Großbritannien sind immer noch die größten Militärmächte in Europa", erklärte Theresa May und versprach als praktische Geste drei britische Hubschrauber für den französischen Einsatz gegen Islamisten in Mali. Im Gegenzug wird Paris zusätzliche Soldaten zur Sicherung der Ost-Grenzen nach Estland schicken.

Britisches und französisches Kampfflugzeug bei gemeinsamer Übung Bild: picture-alliance/dpa/R. Merry

Macron lobte die strategische Partnerschaft zwischen beiden Ländern und gemeinsame Projekte, etwa die Entwicklung von Kampfdrohnen. Allerdings wurde auch deutlich, dass die neue Europäische Verteidigungszusammenarbeit, die erst nach der Brexit-Entscheidung zustande kommen konnte, für bilaterale französisch-britische Projekte künftig weniger Raum lässt. Die Sonderbeziehung in der Kooperation der Geheimdienste beider Länder geht zwar weiter, aber den Vorrang für Frankreich wird künftig die Entwicklung der EU-Zusammenarbeit haben.

Die Liebe endet beim Brexit

Theresa May bot auch bei diesem Treffen die bekannten Beschwörungen an: "Es ist im Interesse des Königreiches und der EU die gute wirtschaftliche Partnerschaft fortzusetzen." Und die Premierministerin pries die guten Handelsbeziehungen zwischen Frankreich und Großbritannien seit der Brexit-Entscheidung. Sie erwähnte allerdings nicht, dass Großbritannien ja noch bis zum Frühjahr 2019 EU-Mitglied ist, und sich deshalb bis jetzt wenig verändert hat. 

Emmanuel Macron aber wird deutlich auf die Frage, warum die Finanzdienstleistungen nicht in die Brexit-Gespräche einbezogen werden: "Ich will Großbritannien nicht bestrafen." Die Briten könnten wählen, wenn sie im Binnenmarkt bleiben wollten, bitte schön. Allerdings könne es keinen gesonderten Zugang für Finanzdienstleistungen geben.

Trotz seiner diplomatischen Charmeoffensive in Sandhurst steht der Präsident damit zu seinem unausgesprochenen Ziel, so viele Arbeitsplätze wie möglich aus der Londoner City nach Paris zu locken. Hinter den politischen Höflichkeiten steht die Tatsache, dass der EU-Austritt den historisch häufig schwierigen französisch-britischen Beziehungen enge Grenzen setzen wird.

Präsident Macron will beim Brexit keine Ausnahme für die Londoner City machen Bild: picture alliance/dpa/D. Kalker

Die Achse Paris – Berlin steht

Kaum zurück von seinem Großbritannien-Besuch wird Emmanuel Macron am Freitagabend die deutsche Bundeskanzlerin in Paris treffen. Ein Signal dafür, dass sie seine wichtigste politische Partnerin ist. Und der Präsident ist der stärkste Bundesgenosse für Angela Merkel wenn es darum geht, die Einigkeit in den Brexit-Verhandlungen zu wahren. Beide wollen hart bleiben und den Briten keinerlei Rosinenpickerei erlauben. Auch wenn Macron sich den Liebesbeweisen anderer EU-Größen in den letzten Tagen anschloss, und den Briten eine "freundliche Aufnahme" anbot, sollten sie sich doch noch gegen den Brexit entscheiden. Bis dahin aber gelten die europäischen Regeln uneingeschränkt.

Das Treffen der Finanzminister beider Länder am Donnerstag in Paris hatte das Gespräch Macron-Merkel vorbereitet. Man will bei den Eurozonen-Reformen mit einer Stimme sprechen und bis zum Sommer bei Bankenunion, Steuerpolitik und Haushaltsregeln auf einem Nenner sein. Die deutsch-französische Zusammenarbeit funktioniert besser denn je, jetzt hängt alles daran, ob Angela Merkel mit Erfolg ihre Koalitionsverhandlungen übersteht. Emmanuel Macron kann mit ihr nur auf Einsicht bei den deutschen Sozialdemokraten hoffen.