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Politik

Fragwürdige Partner bei der Terror-Prävention?

22. August 2017

Nach islamistischen Anschlägen wie in Barcelona wird zu Recht der Ruf nach Präventionsarbeit laut. Aber man sollte die Partner genau unter die Lupe nehmen.

Barcelona Trauer und Gedenken nach Terroranschlag
Bild: Reuters/S. Perez

Das Attentat von Barcelona mit 14 Toten und mehr als hundert Verletzten lag noch keine 24 Stunden zurück. Da trat am Rande einer Konferenz zum Thema "Sicherheit und Migration" in Wiesbaden die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörman vor die Kameras und betonte ihre Betroffenheit, ihr Mitgefühl mit den Angehörigen der Opfer und mit den Verletzten. Und kam schnell auch auf das Thema Radikalisierung und Prävention zu sprechen: "Wir wissen, dass es Radikalisierung gibt - auch derer, die bereits in unserer Gesellschaft leben. Und wir als Justizministerium sind in Hessen auch Präventionsministerium. Wir haben vielfältige Projekte und wir lernen natürlich auch aus jeder neuen Gefahr, wie man radikalisiert wird und wie man damit umgeht."

Das klingt gut. Und tatsächlich ist seit der Welle islamistisch motivierten Terrors Einiges in Gang gekommen: Geld wird bereit gestellt für Präventionsmaßmaßnahmen, das Thema wird auf zahlreichen Konferenzen diskutiert, Pilotprojekte werden gestartet, es wird geforscht. Dabei sucht die Politik nach Partnern. Und richtet ihren Blick naturgemäß auch auf Muslime in Deutschland. Dann landet sie regelmäßig bei den großen islamischen Verbänden.

Welche Geisteshaltung vertreten die Verbände tatsächlich?

Das ist aber nicht ohne Probleme: Die meisten Muslime sind nicht organisiert. Die Verbände vertreten nur einen Bruchteil der in Deutschland lebenden rund fünf Millionen Muslime. Zum Beispiel der Zentralrat der Muslime: Der ist zwar in den Medien sehr präsent, nur rund 20.000 Muslime gehören dem Zentralrat allerdings an. Ein weiteres Problem: Welche Geisteshaltung vertreten diese Verbände tatsächlich?

Dass es da Klärungsbedarf gibt, zeigt der Blick auf ein Gründungsmitglied des Zentralrats: die Islamische Gemeinschaft Deutschlands, IGD. Die wird vomVerfassungsschutz in seinem neuesten Bericht als die wichtigste und zentrale Organisation der Muslimbruderschaft in Deutschland bezeichnet, die ihrerseits einen " bürgerlichen Staat mit islamischen Werten" anstrebt.

Die Verfassungsschützer schreiben: "Ziel der IGD ist es, sich in Deutschland als anerkannter Ansprechpartner zum Thema Islam zu etablieren. Bei öffentlichen Auftritten werden Bekenntnisse zur Muslimbruderschaft und verfassungsfeindliche Äußerungen vermieden. Gleichwohl sind die Aktivitäten der IGD-Zentren aufgrund der ideologischen Ausrichtung an der Muslimbruderschaft geeignet, eine ablehnende Haltung gegenüber westlichen Werten zu verstärken und eine Distanz zur Demokratie zu fördern."

Bei den Islamkonferenzen der vergangenen Jahre waren die großen Verbände geladenBild: picture-alliance/dpa/K.-D. Gabbert

Problemfall DITIB

Susanne Schröter, Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam (FFGI) fordert deshalb, der Staat müsse genauer hinsehen, wenn er Partner innerhalb der muslimischen Gemeinde suche. Der DW sagte Schröter: "Da müssten Gespräche dann doch etwas ernsthafter geführt werden, damit man nicht unversehens einen Partner hat - vielleicht sogar im Präventionsbereich - der da nicht hingehört".

Der Frankfurter Professorin ist bei ihren Forschungen dabei auch der größte islamische Verband in Deutschland aufgefallen - der von der türkischen Religionsbehörde Diyanet gesteuerte DITIB. Die habe ein Problem mit der Abgrenzung zum Salafismus, stellt Schröter fest. Auf den türkischsprachigen Seiten werde christenfeindliches Gedankengut verbreitet. Und in Comics für Kinder werde der Märtyrertod verherrlicht.

"Die anderen landen in der Hölle"

Gedankengut, das Schröter bei der DITIB und auch bei anderen islamischen Organisationen nachweisen kann: "Wir sind die von Gott Auserwählten, die beste aller Gemeinschaften. Die anderen landen sowieso in der Hölle, weil Gott sie hasst. Mit denen wollen wir nichts zu tun haben und müssen auch nichts zu tun haben, weil wir am Ende dann so werden wie die", fasst Schröter zusammen.

Deshalb rät die FFGI-Direktorin, bei Moscheen, Vereinen und Verbänden erst eine demokratische Gesinnung sicherzustellen, bevor man sie zum Partner für Präventionsmaßnahmen mache. "Ich würde auch eine tolerante Einstellung fordern, ein gewisses staatsbürgerliches Grundverständnis", ergänzt Schröter.

Die DITIB-Moschee in KölnBild: picture alliance/dpa/O.Berg

Problemfall Islamisches Zentrum Hamburg

Demokratische Gesinnung, Toleranz sowie ein staatsbürgerliches Grundverständnis sollte man auch in Bezug auf das "Islamische Zentrum Hamburg", genauer in Augenschein nehmen. Das "IZH" taucht ebenfalls im Verfassungsschutzbericht auf. Da wird es beschrieben als "größtes und einflussreichstes Zentrum" einer ganzen Reihe von Organisationen, mit denen "der Iran versucht, Einfluss auf in Deutschland lebende Schiiten unterschiedlicher Nationalität zu nehmen".

Der Leiter des Islamischen Zentrums ist Ayatollah Reza Ramezani, Mitglied des sogenannten Gelehrtenrates im Iran und in Deutschland "Vertreter des Revolutionsführers der Islamischen Republik Iran", wie der Verfassungsschutz notiert. Das IZH ist Träger der Imam Ali Moschee in Hamburg und auch mit der Imam Hussein Moschee in Wiesbaden verbunden. Das hat die Islamismusberaterin Sigrid Herrmann-Marschall mit einem Blick ins Vereinsregister herausgefunden:Der Vorsitzende und der Generalsekretär des Moscheevereins sind identisch mit den führenden Personen der "Wiesbadener Akademie für Integration". Die gibt sich auf ihrer Webseite weltanschaulich neutral, ist in der Flüchtlingsarbeit aktiv und hat bereits Fördermittel der Stadt bekommen.

Der jüngste Bericht des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz wird allerdings in Bezug auf die Muttergesellschaft IZH noch deutlicher als das Bundesamt: "Proiranische Einrichtungen in Deutschland sind grundsätzlich als Instrumente der iranischen Staatsführung zu bewerten, die deren theokratische Staatsdoktrin vertreten. Sie repräsentieren eine Werteordnung, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar ist." Auf Bundesebene sind Mitglieder des IZH im "Zentralrat der Muslime in Deutschland" (ZMD) und in der "Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden in Deutschland e.V." (IGS) vertreten.

Mit Mord bedroht: Liberale Muslimin Seyran Ates Bild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Morddrohungen gegen liberale Muslimin

Dass in einigen islamischen Kreisen Deutschlands Toleranz eher schwach ausgeprägt ist, machte auf der Tagung in Wiesbaden die türkische Frauenrechtlerin Seyran Ates deutlich. Ates hatte mit einer Gruppe gleichgesinnter liberaler Muslime erst im Juni in Berlin die Ibn Rushd Goethe Moschee eröffnet. Dort können Männer und Frauen gemeinsam beten, mit und ohne Kopftuch.

In Wiesbaden wurde Ates von Personenschützern der Polizei begleitet. Denn die streitbare Muslimin erhält Morddrohungen. Dass Frauen ohne Kopftuch zugelassen seien, mache Kritiker "fuchsteufelswild", sagt Ates. Sie betonte, die Drohungen kämen nicht etwa von Vertretern des sogenannten Islamischen Staates, sondern von "ganz normalen Konservativen". Vor allem in sozialen Netzwerken verzeichnet Ates eine Stimmungsmache von "angeblich gemäßigten Muslimen". Schon vor der Eröffnung habe sie gewusst, "dass einige Masken fallen werden", konstatierte die liberale Muslimin trocken. Und auch Ates appellierte an die Politik, genau hinzusehen bei der Zusammenarbeit mit islamischen Verbänden.

 

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