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Besorgt, aber nicht ängstlich

Sabrina Pabst 5. August 2016

Paris, Brüssel, Nizza, Würzburg, Ansbach, Rouen: Islamistischer Terror ist präsent in Europa. Und 76 Prozent der Deutschen rechnen mit weiteren Anschlägen. Aber wächst auch die Angst? Wir haben uns in Bonn umgehört.

Passanten in der Bonner Innenstadt (Foto: DW/S. Pabst)
Bild: DW/S. Pabst

"Ich bin besorgt, aber Angst würde ich das nicht nennen", sagt der 68-jährige Joachim Reinhard aus Bonn. Er wolle sich aber nicht verrückt machen. Wenn etwas passiert, könne er es eh nicht ändern. "Ich werde auch bald nach Paris fahren und mit der Metro fahren", erzählt er. "Wenn es mich trifft, dann trifft es mich. Pech gehabt." Seine Frau Hannelore nickt. "Vor Irren ist man nirgendwo sicher. Ich würde nicht in Krisenländern Urlaub machen, wie die Türkei derzeit. Aber in Frankreich habe ich auch keine Angst."

Bisher hatten sich mit Paris, Brüssel und Nizza schwere islamistische Anschläge auf Länder außerhalb Deutschlands beschränkt. Doch dann waren mit Würzburg und Ansbach auch deutsche Städte betroffen. Viele Menschen wurden zum Teil schwer verletzt, ums Leben kam in Deutschland - mit Ausnahme der Täter - niemand. Gleichwohl steigt die Angst vor extremistischen Anschlägen im Land. Das geht aus dem aktuellen Deutschlandtrend von Infratest Dimap hervor. Nicht nur rechnen mehr Menschen mit weiteren Attacken, als noch im Vorjahr, auch achten mehr Menschen auf verdächtig aussehende Personen. Zudem gaben im August 2016 über 40 Prozent der Befragten an, sie meiden große Menschenmassen.

"Die Unsicherheit hat sich schon verstärkt, aber man versucht es zu verdrängen", sagt Melanie Berger, 38, Mutter zweier Söhne. "Für unsere Kinder wird es schwieriger, durch die Welt zu gehen und sich sicher zu fühlen." Auch Rainer Bergmann meint, das Gefühl der Angst sei stärker geworden. Es werde viel mehr über den Terror gesprochen, es sei ein gesellschaftliches Thema. Der Mitarbeiter der Bonner Universität reist viel in der Welt umher, "ich persönlich aber schätze das Risiko bei uns in Deutschland nicht außergewöhnlich hoch ein", sagt er.

Stimmungsbild Angst vor Terrorismus

01:56

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Viele Anschläge innerhalb kurzer Zeit

März 2016: In Brüssel sprengen sich drei Attentäter in die Luft, 35 Menschen sterben, über 300 werden verletzt. 14. Juli 2016: In Nizza tötet ein Islamist mindestens 85 Menschen, mehr als 300 werden teils schwer verletzt. 18. Juli: In Würzburg attackiert ein Mann Reisende in einem Zug mit einer Axt. 24. Juli: Ein Mann sprengt sich in Ansbach in die Luft. 26. Juli: In Rouen ermorden zwei Islamisten einen Priester. Hinzu kommt ein Amoklauf in München, der zwar nicht islamistisch motiviert war, aber trotzdem viele aufwühlte. Der zeitliche Abstand zwischen den Anschlägen wird dichter.

"Wenn so ein Anschlag wie in Ansbach oder Würzburg passiert, dann ist die Angst schon präsent. Aber deswegen bleibe ich nicht zuhause." Michael H. steht mit einer Tüte Äpfel an einem Obststand auf dem Bonner Wochenmarkt. Im Alltag denke er nicht an mögliche Terroranschläge. Das Leben gehe weiter. Der 55-jährige Bonner interessiert sich für das Weltgeschehen und informiert sich viel in Zeitung und Internet. "Ich habe gelesen, dass die Gewalttaten durch Terroristen früher mehr waren und dass der Trend zurückgeht. Verrückte Leute wird es immer geben. Davor können wir uns nicht schützen", sagt er.

Statistisch gesehen hat Walter H. recht. Die Terrorgefahr war in Europa von den 70er- bis in die 90er-Jahre hinein größer. In dieser Zeit gehörten jährlich mehrere Hunderte Anschläge zum Regelfall. Auch Opferzahlen von über 150 Personen pro Jahr waren keine Einzelheit. Terroristische Vereinigungen wie die nationalistische IRA in Irland, die baskische ETA in Spanien, die kommunistischen Roten Brigaden in Italien oder auch die linksextreme RAF in Deutschland und weitere nichteuropäische Terrorzellen forderten die europäischen Regierungen lange Zeit heraus. Der Unterschied zu damals: Heute sind die Menschen vernetzter und medial besser informiert.

"Terror habe ich erlebt"

"Ich komme aus Afghanistan, da gibt es viele Terroranschläge. Ich habe den Terror dort erlebt", erzählt ein älterer Herr. Er hoffe, dass es hier in Deutschland und Europa nicht schlimmer werde. "Manchmal merke ich, dass man schon Menschen mit Rucksack anders anschaut. Da macht man sich schon Gedanken." Beobachtungen, die auch Birgit Sudermann aus Bornheim macht. "Die Städte sind voller Menschen. Aber man sieht schon, dass die Leute einen Bogen um Ausländer und um andersaussehende Menschen machen", berichtet sie. "Ich weiß nicht, ob aus Angst oder aus Ablehnung."

Klaus Wegemann ist mit seinem Freund unterwegs. Er habe mehr Angst, in einen Autounfall zu geraten, als Opfer von Terrorismus zu werden. "Aber es ist Gesprächsthema geworden. Dadurch sind die Leute sensibilisiert und werden aufmerksamer."

"Mehr Polizei hilft nicht"

"Ich habe keine latente Angst vor Anschlägen in Deutschland, bin mir aber bewusst, dass das zu jeder Zeit passieren kann", sagt ein Bonner, der seinen Namen nicht nennen möchte. "Gedanken macht man sich nur, wenn man Berichte über Anschläge hört oder liest. Dann wird einem bewusst, dass es auch in Bonn, Köln oder jeder anderen Stadt passieren könnte", erzählt er. Vor Anschlägen schützen, könne niemand - auch nicht die Politik. Es sei ein Trugschluss zu glauben, die Sicherheit erhöhe sich, wenn zum Beispiel Telefonate und Chatprotokolle abgefangen werden oder die Zahl der Polizisten aufgestockt würde. Die Beamten auf den Straßen könnten keinen Terroranschlag verhindern. "Aber es beruhigt den einen oder anderen Mitmenschen."

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