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Medienprofis

12. März 2007

Experten nehmen die Internetdrohungen islamischer Extremisten ernst. Die Professionalität sei überraschend hoch. Politiker sprechen von einer erhöhten abstrakten Gefährdung, sehen aber keine konkrete Anschlagsgefahr.

Computerbildschirm zeigt Irakkarte, im Hintergrund zwei Mitarbeiter (Quelle: dpa)
Mitarbeiter des Krisenreaktionszentrums im Außenministerium werten die Videos aus (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa

Auf dem bunten Video, direkt neben Bin-Laden-Stellvertreter Aiman al Sawahiri, lächeln als Zielscheiben Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre 15 Kabinettsmitglieder. Unter dem Konterfei Sawahiris, der den Betrachter anklagend anstarrt, heißt es weiß auf violett: "...dann werdet ihr definitiv - mit Allahs Erlaubnis - angegriffen und getötet." Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble, der Anschläge auch in Deutschland für möglich hält, steht mit seiner Sorge nicht allein: Auch Sicherheitsexperten nehmen die jüngsten Anschlagsdrohungen aus der Islamisten-Szene ernst.

Vor allem sind die Kenner überrascht und irritiert von der hohen Qualität, die die Botschaften der Terrororganisation Al Kaida im Internet mittlerweile auszeichnet. Und auch die Tatsache, dass das Video der Geiselnehmer, die zwei Deutsche in ihrer Gewalt haben, und das Video mit den Anschlagsdrohungen binnen 24 Stunden auf derselben Website auftauchten, beunruhigt die Fachleute. Der Terrorismus-Experte Rolf Tophoven sagt: "Die Koordination von Droh- und Geiselvideo zeugt von hohem medialem Professionalismus. Das sieht mir nach einer perfekt inszenierten Aktion aus, um Druck zu machen."

Dazu passt die Stimme aus dem Off des Drohvideos: "Du motivierst die Mudschahedin, Anschläge in Deinem Land zu verüben", und terroristische Zellen seien "ermuntert, dich anzugreifen".

Politische Trittbrettfahrer

Sawahiri wendet sich immer wieder in Videobotschaften an die Öffentlichkeit (Archivbild)Bild: dpa

Es gibt darüber hinaus Fachleute, die in den Videos über die puren Drohungen hinaus auch ein taktisches Element sehen. Guido Steinberg, Terrorismus-Experte bei der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik, erklärte im NDR, die Gruppe mit dem Drohvideo sei sicherlich nicht dieselbe, die die deutschen Geiseln im Irak entführt und die Forderung nach einem Abzug der deutschen und österreichischen Soldaten aus Afghanistan nur noch einmal bekräftigt habe: "Ich denke eher, dass es sich dabei um eine primär politisch motivierte Gruppe handelt, die jetzt versucht, aus dieser Forderung der irakischen Geiselnehmer politisches Kapital zu schlagen."

Weder Tophoven noch Steinberg noch der ZDF-Terrorfachmann Elmar Theveßen glauben freilich, dass die Entführer der beiden Deutschen an anderem als an Lösegeld interessiert sind. Ziel ihrer politischen Forderung sei, den Preis für die Geiseln höher zu treiben. Die zweite Gruppe ist es, die den Experten Sorgen macht, weil in ihr die Bundesregierung wie in einer Art Nachrichtensendung aufgefordert werde, ihre Soldaten aus Afghanistan abzuziehen. "Das ist eine rein politische Forderung. Hier geht es nirgendwo um Geld oder Ähnliches. Und es ist ernst zu nehmen, weil diese Forderung eben auch mit deutschen Untertiteln, also in deutscher Übersetzung gestellt worden ist", sagte Theveßen im WDR.

Bundesregierung sieht keine konkrete Anschlagsgefahr

Die Bundesregierung will nach den jüngsten islamistischen Terrordrohungen im Internet ihren Kurs nicht ändern. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble erklärte am Montag, Deutschland sei Teil eines weltweiten Gefahrenraumes, dennoch müsse der Bundeswehreinsatz in Afghanistan fortgeführt werden. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, Bundeskanzlerin Angela Merkel teile Schäubles Ansicht. Die Gefährdungslage habe sich nicht geändert. SPD-Chef Kurt Beck betonte, man sei sich einig, dass der Staat nicht erpressbar sei. Er sagte, man stehe vor einer deutlichen Herausforderung. Alle Vorsichtsmaßnahmen müssten auf den Prüfstand gestellt werden, es gebe aber keine konkrete Anschlagsgefahr für Deutschland. (rri)

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