Edward Taylor | Jan Schwartz | Joseph White reuters
29. Oktober 2019
Wer wird Marktführer in Sachen Elektroauto? Newcomer Tesla glänzt mit Batterietechnik, Volkswagen mit riesigen Kapazitäten und Produktionserfahrung als größter Autobauer der Welt. Die Entscheidung fällt in China.
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Es ist ein ungleiches Rennen zwischen Tesla und Volkswagen um die Vorherrschaft bei Elektroautos. Während der Pionier aus dem Silicon Valley darum ringt, sein Produktionsziel von 500.000 Fahrzeugen zu erreichen, muss der Auto-Riese aus Wolfsburg nur ein paar Muskeln spielen lassen, um diese Schwelle zu überspringen. Am deutlichsten wird das auf dem weltgrößten Markt für E-Autos in China, wo Tesla derzeit seine erste Fabrik außerhalb der USA hochzieht und dafür Arbeitskräfte sucht.
Volkswagen dagegen rüstet einfach zwei seiner zahlreichen Werke für den Bau emissionsfreier Fahrzeuge um und kann sich auf eine eingespielte Belegschaft stützen. 2020 soll die Produktion von E-Autos in den beiden chinesischen Fabriken beginnen. Den Plänen zufolge, die Reuters eingesehen hat, soll dort bis Ende 2022 eine Kapazität von jährlich 600.000 E-Autos erreicht werden. Mit dem Hochlauf der E-Produktion sollen dann weltweit annähernd eine Million VW-Stromer von den Bändern rollen können. Damit würde Volkswagen den Konkurrenten aus Kalifornien deutlich überflügeln.
VW-Chef schätzt Tesla
Dennoch stehen die Amerikaner bei Volkswagen-Chef Herbert Diess hoch im Kurs: "Ich schätze Tesla als ernstzunehmenden Wettbewerber", sagte er vergangene Woche am Rande der Präsentation des neuen Golf 8. Unternehmenskennern zufolge bewundert Diess vor allem die Softwarekompetenz des US-Rivalen, dessen Batterien je nach Modell eine Reichweite von bis zu 600 Kilometern haben. Tesla sei kein Nischenspieler, sagte Diess. Mit dem Model 3 sei der US-Elektroautobauer in der Lage, Skaleneffekte zu nutzen. Die Frage sei nun, ob es Unternehmensgründer Elon Musk gelinge, das Produktionsnetz schnell genug auszuweiten. "Die Kapitalintensität nimmt zu", betonte Diess mit Hinweis auf die Kosten für Batterien.
Schon länger wird in der Branche spekuliert, Investoren könnten die Geduld mit Tesla verlieren und den Geldhahn zudrehen, weil die Kosten davonlaufen. Volkswagen wurde Interesse an einer Beteiligung an Tesla nachgesagt, was die Wolfsburger jedoch dementiert haben.
Entscheidet schiere Größe?
Der weltgrößte Autobauer verfügt dank des Verkaufs von fast elf Millionen Verbrennern im Jahr über die Mittel, um die hohen Investitionen in die Elektromobilität abzusichern. Wegen seiner schieren Größe mit 660.000 Beschäftigten rund um den Globus und der Erfahrung beim Aufbau von Produktionsnetzen und -Abläufen wird Volkswagen zugetraut, den Umbau zu bewältigen.
Bis 2022 will VW auf vier Kontinenten acht Fabriken für die Produktion von Stromern auf Basis des Elektrobaukastens MEB umrüsten - vier in Deutschland (Zwickau, Emden, Hannover und Dresden), zwei in China (Anting, Foshan) und je eines in Tschechien (Mlada Boleslav) und den USA (Chattanooga).
Anleger zweifeln an Tesla
Tesla indes hat Probleme, seine Ziele zu erreichen. Im Sommer vergangenen Jahres wurde in einem riesigen Zelt außerhalb des Werks in Fremont eine zusätzliche Montagelinie für das Model 3 errichtet, um die Produktion schneller zu steigern. Grund war, dass an den Bändern nicht alles rund lief. Musk übernachtete zeitweise in der Fabrik, um die "Produktionshölle" in den Griff zu bekommen.
Die Probleme von Tesla haben bei Anlegern Zweifel genährt, ob Start-ups überhaupt in der Lage sind, in der kapitalintensiven Autoproduktion zu bestehen. Die Rückschläge, die der Elektroauto-Pionier auf dem Weg aus den roten Zahlen einstecken musste und der Umsatzschwund beim aufstrebenden chinesischen Rivalen Nio ließen Investoren vorsichtiger werden.
"Hohe Eintrittsbarrieren in den Automobilbau"
"Die Wahrheit ist, dass die Eintrittsbarrieren in den Automobilbau nach wie vor hoch sind", sagt Max Warburton, Analyst bei Bernstein Research. "Autos zu bauen ist schwierig." Die Umstellung auf Elektrofahrzeuge sei zwar teuer, werde aber wahrscheinlich am ehesten von traditionellen Herstellern gemeistert.
Während sich Tesla für dieses Jahr den Bau von bis zu 400.000 E-Autos vorgenommen hat, gehen die Pläne in Wolfsburg weiter. VW will bis 2025 weltweit drei Millionen Elektroautos pro Jahr produzieren und zum größten Hersteller von Stromern aufsteigen. In den nächsten Jahren sollen 70 neue E-Modelle auf den Markt kommen. Bis 2030 soll der E-Anteil der Flotte auf mindestens 40 Prozent steigen. Anfang November soll in Zwickau mit dem ID.3 das erste Elektroauto vom Band rollen. In der finalen Ausbaustufe ab 2021 soll die Zwickauer Mannschaft bis zu 330.000 rein elektrische Autos pro Jahr fertigen.
VW aggressiver als die Konkurrenz
Volkswagen geht den Schwenk aggressiver an als Konkurrenten wie BMW, Renault und General Motors, die schon früher E-Autos an den Start gebracht haben. Anstatt die Produktion schrittweise anzupassen und dafür mehrere Plattformen beizubehalten, setzt Volkswagen auf eine einheitliche Architektur für Elektrofahrzeuge: den Modularen Elektrobaukasten MEB. Damit sind die Wolfsburger besser in der Lage, Größenvorteile zu nutzen.
Dazu trägt auch die Lizenzierung des Baukastens durch Wettbewerber wie Ford bei, wodurch die Kosten weiter sinken. Ziel ist es, ein Elektroauto zu einem Preis von unter 20.000 Euro auf den Markt zu bringen. Dadurch sollen batteriegetriebene Fahrzeuge für die breite Masse erschwinglich und der E-Mobilität zum Durchbruch verholfen werden.
Große Elektroauto-Pläne von Daimler, VW und Co.
Auch wenn Deutschland bislang DIE Autonation war - wenn es um Elektrofahrzeuge geht, wird der Markt von Tesla, Renault, Nissan, General Motors und chinesischen Herstellern dominiert. Aber die Deutschen wollen aufholen.
Bild: picture-alliance/dpa/D. Jia
Daimlers elektrische Zukunft heißt EQC
Das erste gute Stück der künftigen Produktfamilie von reinen Elektroautos bei Daimler wurde jetzt in Stockholm vorgestellt. Der erste Aufschlag des Stuttgarter Autobauers ist der EQC, eine elektrische SUV-Variante. Ihm sollen in den kommenden Jahren weitere folgen: vom Kompaktwagen bis zum Luxusauto. Dafür wurden Milliarden investiert.
Bild: picture-alliance/dpa/Daimler AG/Product Communication
Ein E-Bus von Daimler
Als erstes reines Elektroauto brachte der Stuttgarter Autobauer Ende 2014 ein B-Klasse-Modell auf den Markt. Es wird inzwischen nicht mehr produziert. Der erste komplett batteriebetriebene Stadtbus von Mercedes-Benz, der eCitaro (Bild), soll Ende des Jahres im Werk in Mannheim in Serie gehen.
Bild: Daimler AG
Klein, aber elektrisch
Konsequent treibt Daimler seine Smart-Sparte in Richtung Elektromobilität. Ab 2020 sollen in Deutschland und Westeuropa ausschließlich E-Autos der Marke verkauft werden. Die anderen Märkte sollen schnell darauf folgen. In den USA, Kanada und Norwegen werden seit 2017 nur noch e-Smarts angeboten. Hintergrund: Weil der Smart so wenig wiegt, belastet er als Verbrenner die CO2-Bilanz des Konzerns.
Bild: picture-alliance/dpa/Sebastian Kahnert
Daimler dicht auf den Fersen
Fünf Tage nach der Daimler-Präsentation, stellt Erzrivale BMW seinen iNext vor. Weil wir keine Autozeitung sind, haben wir bislang nur diese kleine Bleistift-Skizze. Der iNext soll eine Reichweite von 700 Kilometern haben und autonom fahren. Aber erst ab 2021.
Bild: BMW
BMW hat klein angefangen
Die Bayern hatten zumindest den Mut, schon frühzeitig eine eigene E-Auto-Modellreihe zu kreieren. Seit Herbst 2013 wird der i3 (Bild) produziert, ein Jahr später ging der i8 an den Start. Aber dabei bleibt es nicht. 2020 soll ein batterieelektrisches Auto, ein SAV (Sports Activity Vehicle), auf den Markt kommen. Ebenfalls geplant sind Versionen des i8 als Coupé und Roadster.
Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas
Volkswagen fährt bereits elektrisch
Der große Konkurrent Volkswagen hat den E-Golf und den E-Up als reine Elektrofahrzeuge im Angebot - den Kleinwagen E-Up seit Ende 2013, den E-Golf seit Anfang 2014. Unter den rein elektrischen Pkw ist der E-Golf das meistverkaufte Elektroauto in Deutschland. Und die Zukunft?
Bild: Getty Images/J. Schlueter
Die elektrische VW-Familie
Derzeit baut Volkswagen sein Werk in Zwickau (Sachsen) komplett um, dort soll ab dem kommenden Jahr die sogenannte I.D.-Familie produziert werden, eine eigenständige Elektro-Plattform. Neben einem Golf-ähnlichen Gefährt soll auch der Bully auferstehen, der dann aber I.D. Buzz heißen soll.
Bild: picture-alliance/dpa/U. Deck
Auch Audi macht Daimler und BMW Elektro-Konkurrenz
Nur Tage nach Daimler und BMW zeigt Audi am 17. September seinen elektrischen Premiumwagen: ein SUV. Der e-tron (im Bild die Konzeptstudie) ist Audis erstes reines Elektrofahrzeug. Bis 2020 sollen ein elektrisches SUV-Coupé, ein Sportwagen und ein Kompaktauto folgen. Ab 2025 will Audi dann jährlich mindestens 800.000 Elektroautos und Plug-in-Hybride verkaufen.
Bild: picture-alliance/Imaginechina/B. Kelin
Der Inbegriff des deutschen Sportwagens - bald elektrisch
Auch Porsche steckt derzeit Milliarden in Elektromobilität. Der erste rein elektrische Porsche ist 2020 zu erwarten. Sein Name: Taycan. Das kommt aus dem Türkischen. Tay heißt Fohlen und Can steht für Leben oder Seele. Porsche übersetzt es frei in "lebhaftes, junges Pferd" - passend zum Logo des Autobauers.
Bild: 2018 Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
Opel will Zwischenlösung bald beenden
Opel-Fans können seit 2012 elektrisch fahren: mit dem Ampera. Er ist aber nur eine Zwischenlösung, weil er auf einem General Motors-Modell basiert. Opel muss den Wagen importieren, für die EU umrüsten und hohe Lizenzgebühren an GM zahlen. Daher setzt der neue Opel-Eigner PSA künftig auf selbst entwickelte Stromer. Für 2020 ist ein Corsa mit Elektro-Antrieb geplant und bis 2022 vier e-Modellreihen.
Bild: Opel AG
Start-Ups tummeln sich auf dem Markt für Elektroautos
Nicht nur alteingesessene Autobauer mischen bei der Elektromobilität mit. Erst 2015 wurde in Aachen die e.GO Mobile AG gegründet. Im März 2017 präsentierte das junge Unternehmen sein erstes Serienmodell e.GO Life. Es soll ab Ende 2018 ausgeliefert werden - ab 15.000 Euro. Das Start-up-Unternehmen ist eine Ausgründung der RWTH Aachen.
Bild: picture-alliance/dpa/e.GO Mobile AG
Deutsche Post baut sich E-Transporter selbst
Weil die etablierten Hersteller nicht in der Lage waren, elektrische Transporter in großer Stückzahl zu liefern, ergriff die Deutsche Post selbst die Initiative. 2014 übernahm sie den Hersteller StreetScooter und entwickelte den gleichnamigen Elektrotransporter für den Eigenbedarf. Über 6000 davon kurven mittlerweile für die Post durch die Republik.
Bild: Deutsche Post AG
Große deutsche Pläne nicht erfüllt
Gut 17.200 Elektrofahrzeuge wurden im ersten Halbjahr 2018 in Deutschland neu zugelassen, dazu noch knapp 16.700 Hybrid-Autos. Das macht ein Plus von 51 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und einen Marktanteil von 1,8 Prozent. Im Vergleich zu China oder Norwegen ist das wenig. Und das ursprüngliche Ziel, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen zu erreichen: in weiter Ferne!
Bild: picture-alliance/dpa/H.Hanschke
Marktdurchbruch in Deutschland wird kommen
Während in China E-Autos schon wesentlich mehr verbreitet sind, rechnen Experten für Deutschland erst ab 2020 mit einer deutlichen Steigerung der Marktdynamik. Ein Grund sind die schärferen CO2-Grenzwerte der EU, die die Autobauer dann einhalten müssen.