1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Thailand im Wahlfieber

Julian Küng aus Chonburi
18. März 2019

Schon vor dem offiziellen Wahltag am nächsten Sonntag konnten Thais mancherorts ihre Stimme abgeben, was viele mit Engagement taten. In den Wahlzentren herrscht reger Meinungsaustausch.

Thailand Chonburi Phaya Satcha Road
Bild: DW/Julian Küng

Trotz der brennenden Mittagssonne herrscht emsiges Treiben auf dem Marktplatz von Chonburi, einer Industriestadt rund eine Fahrstunde östlich von Bangkok. "Wir haben alle Hände voll zu tun", sagt der Regierungsbeamte am Eingang zu den Wahlzelten, während ihm der Schweiß die Stirn herunter rinnt. "Wegen der vielen Fabriken und Arbeitsplätzen leben in Chonburi Wähler aus allen Regionen Thailands, welche in den jeweiligen Wahlzelten ihrer Provinz von hier aus ihre Stimme abgeben."

Vor den Wahlzelten der nördlichen Provinzen bilden sich die größten Menschentrauben. Die meist ärmliche Landbevölkerung unterstützt mehrheitlich die "Pheu Thai"-Partei des Unternehmers Thaksin Shinawatra, welcher 2010 nach Korruptionsvorwürfen ins Exil flüchtete und seitdem seine politischen Kräfte in Thailand von Dubai aus orchestriert. "Ich wünsche mir Thaksin zurück", ist wenig überraschend vor den nördlichen Zelten zu hören. "Ich verdiene nur 16.000 Baht (rund 450 Euro) pro Monat und das Leben in Thailand wird immer teurer. Wir brauchen frisches Blut in der Regierung. Das Militär lähmt die Wirtschaft", klagt die 24jährige Fabrikarbeiterin Tip, die aus der nordöstlichen Provinz Khon Kaen stammt.

Tip (links) aus Nordost-Thailand erhofft sich von einem Sieg der Opposition wirtschaftlichen AufschwungBild: DW/Julian Küng

"Generäle sorgen für Sicherheit"

Nebenan erhält die Phalang-Pracharat Partei der machthabenden Militärjunta Unterstützung. "Die Generäle sorgen für Sicherheit im Land. Seit dem Putsch 2014 ist es ruhig geworden zwischen den politischen Lagern. Thaksin hat doch das ganze Chaos erst verursacht”, meint ein Rentner vor dem Wahlzelt der Provinz Chonburi. Er spricht dabei auf die bittere Feindschaft zwischen den  "Rothemden", (Anhänger des Populisten Thaksin Shinawatra) und den royalistischen "Gelbhemden" an, welche 2014 in massiven Unruhen gipfelte und die thailändische Politik lahmlegte. Daraufhin übernahm die Armee die Macht in Thailand.

Laut Umfragen liegen die "Pheu Thai"-Partei des geflohenen Ex-Premiers Shinawatra bzw. dessen Splitter- und Nachfolgeparteien in neuen Gewändern noch immer auf den ersten Plätzen der thailändischen Wählergunst. Dicht gefolgt von der Pro-Junta-Partei Palang Pracharath, welche mit dem Militärmachthaber Prayuth Chan-o-Cha als Spitzenkandidat um Wählerstimmen buhlt.

Eines von vielen Wahlzelten auf dem Marktplatz von ChonburiBild: DW/Julian Küng

Opposition benachteiligt

Die Opposition geht allerdings mit einem Handicap an den Start. Mit dem Referendum von 2016 hat das Militär seine Macht soweit abgesichert, dass alle 250 Senatoren des Oberhauses ausschließlich von der Armee bestimmt werden. Nur die 500 Abgeordneten des Unterhauses werden vom Volk bestimmt. Das heißt, während die Oppositionsparteien 376 Sitze benötigen um die Macht zu sichern, reichen für die Pro-Junta Partei Phalang Pracharat lediglich 126 Sitze im Unterhaus für den Wahlsieg. Und das ist bei weitem nicht der einzige Klotz, welcher das Militär der Konkurrenz ans Bein bindet. Restriktionen gewisser politischer Aktivitäten, temporäre Stilllegungen von armeekritischen Medien sowie mehrere Gerichtsklagen gegen Politiker anderer Parteien lähmen die Opposition weiter.

Regierungschef und Ex-General Prayuth mit seinem Papp-Duplikat. Die Presse solle kritische Fragen an letzteres richten, ließ er Anfang Januar wissen. Bild: picture-alliance/AP Photo/TPBS

Unregelmäßigkeiten befürchtet

Zurück auf dem Marktplatz in Chonburi neigt sich der erste Wahltag dem Ende zu. Rund 70.000 Wähler haben in den beiden Wahlzentren Chonburis ihre Stimme abgegeben. Obwohl die Wahlkampfkommission das Areal bereits mit rot-weißen Absperrbändern abriegelt und die Kisten mit den Wahlzetteln versiegelt, stehen noch immer Dutzende stehen noch immer Dutzende Bürger um den Marktplatz, beäugen die Regierungsbeamten kritisch. Unter ihnen auch der 72jährige Sisuk: "Das ganze wirkt auf mich sehr unprofessionell", sagt der "Pheu Thai"-Sympathisant besorgt. "Die Wahlzettel waren zuerst in Boxen verstaut, welche an vier Ecken versiegelt wurden. Nun werden die Stimmzettel plötzlich in einfache Plastiktüten gepackt und ohne unabhängige Wahlbeobachter ins Wahlzentrum von Bangkok verfrachtet. Sowas ist doch nicht sicher", schimpft der ehemalige Hotelier weiter.

Die kritischen Bemerkungen kommen nicht von ungefähr. Nach den letzten regulären Wahlen im Jahr 2011 gingen bei der Wahlkommission fast 2000 Beschwerden wegen Wahlbetrugs ein. Laut einer aktuellen Studie der Verwaltungshochschule NIDA glauben 78 Prozent der Thais, dass die laufenden Wahlen von Korruption betroffen seien. Das Militär will davon nichts wissen. Trotz Forderungen von internationalen Menschenrechtsorganisationen lehnte Außenminister Don Pramudwinai ausländische Wahlbeobachter kategorisch ab: "Wenn Außenstehende Wahlen beobachten müssen, hat das jeweilige Land ein Problem."

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen