Thailand-Kambodscha-Konflikt: Hoffnung auf Frieden
28. Juli 2025
Alles fing zunächst mit Gewehrfeuer an. Später wurden Raketenwerfer, Drohnen und Kampfjets des Typs F-16 eingesetzt. Der Grenzkonflikt zwischen Thailand und Kambodscha drohte sich zu einem Regionalkrieg zu entwickeln. Beide südostasiatischen Länder teilen eine gemeinsame Grenze von 800 Kilometern. Der Grenzverlauf an einigen Stellen ist seit mehr als 100 Jahren umstritten. Nun wollen beide Regierungen ins Gespräch kommen, um den blutigen Konflikt mit mehreren Toten schnell zu beenden.
Am späten Montagabend (28.07.) Ortszeit kündigte der malaysische Premier Anwar Ibrahim nun eine "sofortige und bedingungslose Waffenruhe" zwischen Thailand und Kambodscha an. Malaysia hat derzeit die Präsidentschaft des südostasiatischen Staatenbundes ASEAN, dem beide Konfliktparteien angehören. An den Gesprächen nahmen auch Vertreter aus den USA und China teil.
Eines der bisher umkämpften Gebiete an der Grenze ist die Stadt Surin im Süden Thailands. Am Montag kündigten die Behörden an, die ganze gleichnamige Provinz zum "Kriegskatastrophengebiet" zu erklären. Es wird offiziell vor Luftangriffen mit Raketen aus Kambodscha gewarnt. Außerhalb der Provinzhauptstadt sind Militärlastwagen und Artillerie zu sehen.
Schutz im Bunker
Samit Yaekmum, ein Polizeibeamter von Baan Sawai in der Provinz Surin, verfolgte am Montag die Kämpfe von seinem Bunker aus. Aufgrund der Jahrzehnte langen Spannungen an der Grenze – intensive Kampfhandlungen gab es zuletzt zwischen 2008 und 2013 - wurden vor geraumer Zeit einfache Betonbunker mit Sandsäcken in thailändischen Städten eingerichtet.
"Ich bin gerade in meinem Bunker. Die Kämpfe dauerten von 3:00 Uhr morgens bis heute 14:00 Uhr an. Mehrere BM-21-Raketen sind im Bezirk Kap Choeng, etwa 20 Kilometer entfernt, eingeschlagen. Zum Glück wurde niemand verletzt", sagte Samit der DW.
Boonlert Atyingyong hat die letzten fünf Tage in einem Bunker in seinem Dorf verbracht. Obwohl es in Thailand im Hochsommer feucht ist und die Temperatur im Schutzraum hoch, hat sich der 60-Jährige entschieden, sich nicht wie die meisten in seinem Dorf evakuieren zu lassen.
"Ich möchte einfach ein normales Leben führen wie jeder andere auch. Ich habe Haustiere und Verantwortung. Wenn ich weggehe, gibt es niemanden mehr, der sich um sie kümmert", sagt er gegenüber DW. "Im Moment müssen wir sehr vorsichtig sein. Wenn wir irgendwelche ungewöhnlichen Geräusche hören, müssen wir im Bunker bleiben."
Soldat entkam knapp Explosion
Seit der Konflikt eskalierte, sind in Surin mindestens vier Menschen ums Leben gekommen. Zehn weitere wurden verletzt und mussten im Krankenhaus behandelt werden. Einer von ihnen ist „Mike" vom thailändischen Militärgeheimdienst. Der 35-jährige Offizier darf der Presse seinen echten Namen nicht verraten.
"Ich war an der Front und habe meine Pflicht getan", sagt Mike, der unweit des Tempels Ta Muan Thom stationiert war. Der Grenzübergang, der dort von Surin nach Kambodscha führt, ist einer der umstrittensten Punkte zwischen den beiden Ländern. Der im 11. Jahrhundert erbaute Hindu-Khmer-Tempel ist für beide Länder von großer kultureller Bedeutung.
"Die Lage war für uns unübersichtlich, weil wir in Deckung gehen mussten. Um die 30 bis 50 kambodschanischen Soldaten setzten schwere Waffen ein. Dann gab es eine laute Explosion, etwa 20 Meter entfernt. Ich wurde von einem Schrapnell getroffen. Mein Oberschenkel wurde verletzt. Ein Blutgefäß wurde durchtrennt."
Mike wird sich voraussichtlich wieder erholen. Aber er wird in nächster Zeit nicht mehr an der Front kämpfen. "Ich hoffe, dass beide Länder Frieden finden und friedlich koexistieren können."
Notaufnahme auf Unicampus
Seit letzter Woche mussten allein in Thailand über 100.000 Menschen aus den Grenzgebieten evakuiert werden. Tausende von ihnen finden Zuflucht auf dem weitläufigen Campus der Surindra-Rajabhat-Universität in Surin. Die Menschen schlafen auf dem Boden, in Zelten oder in Hängematten und warten auf Informationen, die ihnen darüber Auskunft geben, wann sie endlich nach Hause gehen können.
Onuma Luelong ist dankbar, dass sie in Sicherheit ist. Onuma ist Lehrerin an einer Mittelschule in Surin. Ihre Schule ist so nah an der Grenze, dass dort der Schusswechsel direkt zu hören war. "Die Raketen schlugen in der Nähe meines Hauses und meiner Schule ein", berichtet sie. Dann wurden sie und 20 weitere Familienmitglieder rasch evakuiert „Wir sind hierhergezogen, weil es zu Hause nicht sicher war", sagt Onuma.
Auch Pornthip Srijam, eine 48 Jahre alte Bäuerin in Surin, sehnt sich nach Frieden. Ihr Mann ist zu Hause an der Grenze geblieben, um sich um das Vieh zu kümmern. Das ist die einzige Einnahmequelle ihrer Familie. Pornthip ist vorübergehend in Sicherheit, sie sitzt aber mit besorgtem Blick auf dem Campus und klammert sich an ihr Kopfkissen. "Ich werde wohl hierbleiben müssen. Ich mache mir Sorgen um mein Vieh, Ich habe mehr als zehn Stück.", sagt sie gegenüber DW und wiederholt nochmal: "Ich bin um ihre Sicherheit besorgt".
Aus dem Englischen adaptiert von Dang Yuan