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Politik

Thailands Militär stellt Herausforderer kalt

Julian Küng aus Bangkok
8. April 2019

Zwei Wochen nach den Parlamentswahlen in Thailand verstärken sich die Anzeichen, dass die amtierende Militärregierung mit allen Mitteln versucht, einen Machtwechsel zu verhindern.

Thailand Thanathorn Juangroongruangkit, Future Forward Party
Bild: Reuters/A. Perawongmetha

Thanatorn Juangroongruangkit ist im turbulenten thailändischen Polit-Zirkus der Senkrechtstarter der vergangenen Wahlen und mit seiner anti-autokratischen Haltung der Militärregierung derzeit tiefster Dorn im Auge. Die Generäle reagieren mit gewohnter Strategie und nehmen die erfolgreiche neugegründete Partei "Future Forward" in die juristische Mangel. Der Aufschrei in der Bevölkerung bleibt nicht aus.

"Tahan Hok Pai!” ("Militär raus") hallte es aus dem Menschenmeer vor dem Polizeipräsidium Pathumwan in Bangkok. Mehrere Hundert Demonstranten hatten sich am Samstag versammelt, um dem vorgeladenen Thanathorn Jungrungreangkit beizustehen. Das orange Logo der "Future Forward"-Partei auf ihren Kleidern ist längst zu einem Symbol gegen die Militärregierung geworden. Manche haben das Konterfei des Parteichefs Thanatorn auf ihre Shirts gedruckt, empfangen ihn mit Rosen und Blumenketten.

Thanatorns Anhänger protestieren vor dem PolizeipräsidiumBild: Getty Images/AFP/L. Suwanrumpha

Einschaltung der Justiz als bewährte Methode

Thanathorn genießt das kurze Bad in der Menge, bevor er flankiert von seinem Anwalt und einem Dutzend internationalen Diplomaten hinter den Türen des Polizeipräsidiums verschwindet. Kein Geringerer als Oberst Burin Thongprapai hat den Polit-Star zur Anzeige gebracht. Thongprapai ist Chef der juristischen Abteilung der Militärjunta, zerrte in der Vergangenheit immer wieder Oppositionelle und unliebsame politische Gruppierungen vor Gericht.

Eine Woche, nachdem die "Future Forward"-Partei rund 18 Prozent der Wählerstimmen gewann und damit zum entscheidenden Teil einer möglichen oppositionellen Koalition im Abgeordnetenhaus wurde, landet Parteichef Thanatorn nun auf dem Anklagestuhl. Die Vorwürfe reichen zurück ins Jahr 2015. Zu jener Zeit soll er einem Demonstranten zur Flucht verholfen und einer rechtswidrigen Demonstration beigewohnt haben. Zudem läuft ein separates Verfahren gegen den Milliardär aufgrund eines armeekritischen Facebook-Videos. Die Anklage lautet auf "Unruhestiftung".

Die Armee hatte alles für eine Bestätigung des amtierenden Premiers Prayut vorbereitetBild: Getty Images/AFP/Ye Aung Thu

"Rebellengruß"

Nach der knapp zweistündigen Befragung zeigt sich Thanatorn selbstsicher vor seiner Gefolgschaft. Er bestreitet die aus seiner Sicht "politisch motivierten” Vorwürfe allesamt: "Ich bin unschuldig und bin bereit, mich vor Gericht zu verantworten. Ich fordere alle Thais und die internationale Gemeinschaften auf, für Bürger- und Menschenrechte einzustehen zur Besserung unserer Gesellschaft", sagt der Parteichef, und lässt sich mehrfach zu der vom Militär verbotenen Drei-Finger-Geste hinreißen. Der Gruß ist dem Hollywoodfilm "Tribute von Panem" entnommen, in welchem Rebellen ein totalitäres System bekämpfen. Nach dem Putsch 2014 vom Militär als "Anti-Armeegruß” deklariert, hat der Rebellengruß in der Folge mehrmals zu Verhaftungen geführt.

Neben den lautstarken Demonstranten vor dem Polizeigebäude fanden sich auch ein Dutzend internationale Diplomaten am Rande der polizeilichen Befragung ein. Vertreter aus Deutschland, Großbritannien, Finnland, USA, Frankreich, Holland und weiteren Staaten wollten von den Ordnungshütern wissen, wieso das Strafverfahren ausgerechnet eine Woche nach den Wahlen angestrengt wird, obwohl die besagten Delikte bereits mehrere Jahre zurückliegen. Die Anklage habe "absolut nichts mit aktuellen politischen Vorgängen zu tun", behauptete Regierungssprecher Winthai Suvaree.

Im Exil, aber mit großem Einfluss: Ex-Premier Thaksin Shinawatra bezeichnete die Wahlen als manipuliert. Ihm wurden vor kurzem mehrere Ehrentitel per königlichem Dekret aberkannt. Bild: Getty Images/AFP/I. Lawrence

"Schmutzige Tricks"

Nichtregierungsorganisationen sprechen unterdessen von "schmutzigen Tricks" durch die Militärregierung. "Thanatorn ist wegen Unruhestiftung angeklagt. Dieses 'Vergehen' wird vor einem Militärgericht verhandelt, was eine faires Verfahren unmöglich macht", meint Sunai Phasuk von Human Rights Watch Thailand. Bei einer Verurteilung drohen dem Parteichef bis zu neun Jahre Gefängnis. Seinen Sitz im Parlament wäre er mit Sicherheit los. Auch die Auflösung der Future Forward Partei wäre denkbar. "Das Regime will uns Angst machen und die Gesellschaft zum Schweigen bringen", sagte Thanatorn nach der Polizeibefragung.

Wahlkommission in der Kritik

Auch die Wahlkommission spielt weiterhin eine umstrittene Rolle bei der Umsetzung des Wählerwillens. Sie erklärt sich, erstens, weiterhin für nicht in der Lage, die Verteilung jener 150 Parlamentssitze bekanntzugeben, die nach einem proportionalen Parteienschlüssel vergeben werden. Dies solle erst nach dem 9. Mai und den Krönungszeremonien für den neuen König stattfínden.

Zweitens ließ die Kommission vergangene Woche verlauten, das sie die 150 Sitze - von insgesamt 500 - nach einem veränderten Schlüssel vergeben wolle. Ergebnis dieser Maßnahme wäre laut Beobachtern: Kleinere Parteien, die bislang an einer Mindesthürde scheiterten, können Sitze erhalten, während die  "Future Forward"-Partei bis zu sieben Sitze verlieren könnte - aus Sicht der Opposition ganz klar eine weitere Maßnahme, um eine parlamentarische Mehrheit gegen die Armee zu verhindern. Kommissionssprecher Jaroongwit Phumma sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: "Die Wahlkommission ist neutral und hält sich an die Gesetze. Wir ergreifen nicht Partei."

 

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