The show must go on!
20. Mai 2005Seit seinem Amtsantritt führte Rainier das Fürstentum wie ein Familienunternehmen. Seine Regentschaft endete jedoch in diesem Jahr. Am 6. April starb Fürst Rainier III. im Alter von 81 Jahren. Sein Sohn, Albert II., wird nach einer dreimonatigen Trauerperiode am 12. Juli offiziell als Fürst von Monaco in sein neues Amt eingeführt.
Formel-1 contra Staatstrauer
In diese Trauerzeit fällt an diesem Wochenende der Grand Prix von Monaco. Nichts wird mehr so sein wie es war - oder vielleicht doch? Das Formel-1-Rennen findet jedenfalls statt, hat jedoch einen seiner größten Fans verloren.
Internationale Beachtung erfuhr der Stadtstaat an der Côte d'Azur erstmals in den 1950er-Jahren, als der junge Fürst Rainier die berühmte amerikanische Schauspielerin Grace Kelly heiratete. Die Hochzeit machte Monaco zum Mekka der High-Society und kurbelte den Tourismus an. Rainiers Regentschaft war der Beginn einer radikalen Umstrukturierung des gesamten Staates.
Von der Spielerhochburg zum Steuerparadies
Das früher für Monacos Staatshaushalt so wichtige Glücksspiel rückte immer mehr in den Hintergrund. Einkommenssteuer und Erbschaftssteuer wurden abgeschafft. Diese Maßnahmen veranlasste viele reiche und berühmte Menschen, ihren Wohnsitz in den Zwergstaat zu verlegen. Auch die Wirtschaft ließ sich nicht lange bitten. Investoren aus den unterschiedlichsten Branchen folgten des Fürsten Lockruf. Rainier verbesserte zudem das Kongresswesen, ließ den Hafen großzügig ausbauen und gewann durch Felsaufschüttung neues, kostbares Land. Diese Maßnahme war wichtig, denn Monaco ist nach dem Vatikan der kleinste Staat der Erde und hat mit etwa 16.000 Einwohnern pro Quadratkilometer die höchste Bevölkerungsdichte der Welt. Bemerkenswert wenn man bedenkt, dass von den mehr als 30.000 Einwohnern, nur ein Sechstel "echte" Monegassen sind.
Die Anzahl der Menschen wird sich am Wochenende drastisch erhöhen. Zehntausende Fans werden an der Rennstrecke erwartet. Der weltbekannte Straßenkurs hat nichts von seiner Anziehungskraft verloren. 1929 fand zum ersten Mal der Große Preis von Monaco statt - das erste Formel-1-Rennen jedoch erst im Jahr 1950. Juan Manuel Fangio schaffte in seinem "Alfa Romeo 158" die 100 zu fahrenden Runden in der kürzesten Zeit und sicherte sich damit einen Eintrag in die Geschichtsbücher. Danach war es für mehrere Jahre im wahrsten Sinne des Wortes ruhig in der monegassischen Metropole. Erst 1955 machte der Formel-1-Zirkus wieder Station im Fürstentum und seitdem ist er dort bis heute ohne Unterbrechung Stammgast.
Tanz zwischen den Leitplanken
Monaco, das bedeutet für die Fahrer einen waghalsigen Ritt durch die engen Häuserschluchten der Stadt. Nirgendwo sonst sind die Zuschauer näher am Geschehen dran, nirgendwo anders müssen sich die Formel-1-Boliden durch einen so verwinkelten Leitplankendschungel hindurchkämpfen. Unübersichtliche Kurven, ein welliger Boden und rutschige Straßenmarkierungen zwingen die Piloten zu höchster Konzentration. Eine Unachtsamkeit, schon ein kleiner Fehler kann in einem Unfall enden - und die Sicherheitsstandards sind nicht gerade die besten. Die Angst fährt mit im 3,340 Kilometer langen "Circuit de Monaco". Der dreimalige Formel-1-Weltmeister Nelson Piquet brachte es in seiner oft zitierten Aussage auf den Punkt: "Rennfahren in Monaco ist wie Hubschrauberfliegen im Wohnzimmer."
Doch gerade wegen des anspruchsvollen Kurses bietet Monaco den Piloten die Chance, sich durch fahrerisches Können auszuzeichnen. Auf keiner anderen Rennstrecke werden so oft die Gänge gewechselt wie hier. Schnelle Wechsel zwischen Hochgeschwindigkeitspassagen und extrem langsamen Schikanen fordern eine hohe Belastbarkeit von Mensch und Technik. Besonders die Radaufhängungen müssen viel aushalten, denn schon ein leichtes touchieren der Streckenbegrenzung kann das Aus bedeuten.
Treffen der "Oberen Zehntausend"
Monaco, das bedeutet auch Lifestyle, Jet-Set und Glamour. Ob Brad Pitt, George Clooney oder Naomi Campbell: Bei keinem anderen Rennen gibt es eine so hohe Promi-Dichte wie im Fürstentum. Entsprechend dem Aufkommen der Reichen und Schönen steigt auch die Größe des Geldbeutels.
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Wer also am Rennwochenende in Monaco verweilen will, muss schon ein bisschen Kleingeld in der Tasche haben. Manch Monegasse vermietet sogar an den Formel-1-Tagen seine Wohnung an die Rennsporttouristen. Diese "Dienstleistung" bringt den Einheimischen oft mehrere Monatsmieten ein. Auch die Hotels haben seit langem die wirtschaftliche Bedeutung des Grand Prix erkannt. So kostet zum Beispiel ein Balkonplatz für beide Renntage im fünften Stock des noblen "Shangri-La" schlappe 1990 Euro; Ein Platz in der zehnten Etage ist ab 2349 Euro zu haben. Wer es noch ein bisschen exklusiver haben möchte, der sichert sich eine Karte im "VIP Paddock Club". Schon ab 4931 Euro kann man dort das Rennen genießen - inklusive eines Full-Hospitality-Service und einer Führung durch die Boxengasse. Ansonsten bietet sich noch die Möglichkeit auf einer der unzähligen Yachten anzuheuern, die sich dicht gedrängt im Hafenbecken tummeln.
Zehn Punkte müssen her
Michael Schumacher hat für derlei Dinge keine Augen. Für ihn gilt es, den Punkteabstand in der Gesamtwertung zum spanischen WM-Führenden, Fernando Alonso, zu verringern. Am besten mit einem Sieg. Zudem könnte er durch einen Erfolg, mit dem brasilianischen Rekordgewinner Ayrton Senna (sechs Siege) gleichziehen. Die Siegerehrung wird in diesem Jahr zum ersten Mal Albert durchführen. Die berühmten Worte, mit denen er den strahlenden Gewinner begrüßen wird, werden aber wohl die seines verstorbenen Vaters sein: "Ich freue mich, dass Sie es sind".