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Politik

Thilo Sarrazin fliegt aus der SPD

31. Juli 2020

Beim dritten Anlauf war die SPD-Spitze erfolgreich: Thilo Sarrazin muss die Partei verlassen. Wie die beiden Vorinstanzen hält auch das oberste Parteigericht einen Ausschluss des umstrittenen Autors für gerechtfertigt.

Thilo Sarrazin
Er will den Beschluss der Schiedskommission vor Gericht anfechten: Thilo Sarrazin (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/J. Macdougall

Der umstrittene Ex-Politiker und Buchautor Thilo Sarrazin ist nicht mehr Mitglied der Sozialdemokraten. Das oberste Parteischiedsgericht erklärte den Ausschluss des 75-Jährigen in Berlin für zulässig. Damit sei der Parteiausschluss wirksam. Es war nach 2009/10 und 2011 bereits der dritte Anlauf, den früheren Berliner Finanzsenator und Bundesbanker aus der Partei zu werfen.

Im Internetdienst Twitter bestätigte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil den Ausschluss Sarrazins. 

Auslöser des jüngsten Verfahrens war Sarrazins 2018 erschienenesBuch "Feindliche Übernahme: Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht". Die SPD-Spitze wirft Sarrazin vor, mit rassistischen und islamfeindlichen Thesen das Ansehen der Partei zu beschädigen. Im Januar hatte bereits die Berliner Landesschiedskommission in einem Berufungsverfahren bestätigt, dass der Parteiausschluss rechtens sei. So hatte es zuvor auch die Kommission auf Kreisebene gesehen. Sarrazin war nach beiden Entscheidungen in Berufung gegangen - nun hat die höchste parteiinterne Instanz entschieden.

Unvereinbar mit Werten der SPD

Sarrazins Äußerungen und Forderungen in dem Buch seien mit den Grundsätzen und Grundwerten der Sozialdemokratie so sehr in Differenz, dass die dauerhafte Trennung von dem Parteimitglied erforderlich sei, befand die Bundesschiedskommission. Sarrazins Auffassungen seien "eingebettet in eine Linie der Herabwürdigung von Menschen vor allem muslimischen Glaubens", hieß es weiter. Würde Sarrazin SPD-Mitglied bleiben, könne der Eindruck entstehen, die SPD böte Mitgliedern im rechtspopulistischen Spektrum Raum.

Der Auslöser des jüngsten Streits: das umstrittene Sarrazin-Buch "Feindliche Übernahme" Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Sarrazin könnte nun vor ein ordentliches Gericht ziehen, müsste dort nach Darstellung der SPD aber beweisen, dass es am Schiedsgericht Verfahrensfehler gegeben hat. Sarrazin hatte unlängst angekündigt, notfalls bis vors Bundesverfassungsgericht zu gehen.

"Kein faires Verfahren"

Eine Stellungnahme Sarrazins ließ am Freitag nicht lange auf sich warten: Nach der Entscheidung des Schiedsgerichts erklärte der Ex-Politiker, er werde die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und dann Berufung vor dem Landgericht Berlin einlegen. "Aus meiner Sicht stand die Entscheidung vor der mündlichen Verhandlung bereits fest", sagte er. "Dies war kein offenes, ehrliches und faires Verfahren". Sarrazin fügte hinzu: "Wenn Sie von jemandem beschimpft werden und moralisch abqualifiziert werden als Rassist und Rechtspopulist, dann haben Sie keine Wahl, als Ihren Ruf zu verteidigen. Das werde ich tun."

Die Bundesschiedskommission der SPD ist ein Gremium, das unabhängig über parteiinterne Streitigkeiten entscheidet. Den Vorsitz der Verhandlung in der Berliner SPD-Parteizentrale hatte Thorsten Jobs, ein Richter am Oberverwaltungsgericht in Potsdam. Für einen Parteiausschluss sind die rechtlichen Hürden hoch, damit das Instrument nicht missbraucht werden kann, um Kritik zu unterdrücken.

kle/uh (dpa, epd, afp)

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