Er war schon aussortiert, nun bildet er einen der Eckpfeiler im DFB-Team: Thomas Müller. Der Offensivspieler will bei der WM in Katar vorangehen, auf und neben dem Platz. Sein Nachfolger steht aber schon parat.
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Niemand im Aufgebot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft hat so viele Spiele auf dem Buckel wie er und niemand hat mehr Tore geschossen (43). Wenn Thomas Müller an diesem Samstagabend (Anpfiff 20:45 Uhr MESZ) gegen Ungarn zum Einsatz kommt, wird er sein 115. Länderspiel machen. Beim Nations-League-Spiel gegen England hat er zuletzt Philipp Lahm (113) überholt. Bastian Schweinsteiger (121) könnte Müller noch in diesem Jahr, genauer gesagt während der WM in Katar überrunden. Dann stünden nur noch Lukas Podolski (130), Miroslav Klose (137) und Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus (150) vor ihm.
Denn Müller spielt immer noch. Er wird Mittelpunkt der Achse sein, die Bundestrainer Hansi Flick für die WM in Katar im Auge hat. Der Bayern-Profi war zuletzt einer von nur vier Spielern, die bereits beim 1:1 gegen Italien begonnen hatten und auch gegen England in der Startelf standen. Dabei war Müller eigentlich schon raus aus der Nationalmannschaft - aussortiert von Joachim Löw, ebenso wie Mats Hummels und Jerome Boateng.
Zu schwankend seine Leistungen - auch beim FC Bayern - aber er kämpfte sich immer wieder zurück. Mit Toren und Titeln. Niemals sollte man ihn unterschätzen, auch nicht von höchster Stelle. Unvergessen die Pressekonferenz vor dem Freundschaftsspiel 2010 mit Argentiniens Trainer Diego Maradona, der sich weigerte, neben dem "pillo" (Lausbuben) Platz zu nehmen, sich später aber dann entschuldigte: "Ich wusste nicht, dass das ein Spieler war".
Spätestens im WM-Viertelfinale ein paar Monate später machte sich Müller unvergesslich, als er nach nur drei Minuten das 1:0 für Deutschland gegen Maradonas Argentinier erzielte und sich später sogar zum Torschützenkönig des Turniers krönte.
Automatismen erarbeiten für Katar
Seit 2010, seinem Debütjahr im DFB-Dress, sind mittlerweile zwölf Jahre vergangen. Müller hat in der Zwischenzeit so ziemlich alles gewonnen, was man gewinnen kann. Höhepunkt war 2014 der WM-Titel mit der deutschen Elf. Bei der WM 2018 und der EM 2021 konnte er jedoch nicht glänzen. Nun spielt er im Winter in Katar seine vierte WM, während seine ehemaligen Teamgefährten von der Couch aus zuschauen.
Bis zu ihrem Auftaktspiel gegen Japan am 23. November stehen für die DFB-Elf noch vier Spiele in der Nations League auf dem Programm - zweimal gegen Ungarn, dazu gegen Italien und in England. Während es vor dem Hinspiel gegen England noch etliche Wechsel in der Startelf gegeben hat, soll der Fokus nun auf Automatismen gelegt werden, betont der Bundestrainer. Er hofft auf den ersten Dreier in der Nations League: "Wir wollen uns in den nächsten beiden Spielen mal belohnen für den Aufwand, den wir immer betreiben." Es tue gut, wenn man eingespielt sei.
"Wir sind noch nicht auf unserem Höhepunkt", hatte auch Müller zuletzt schon festgestellt, aber auch ein Signal an alle WM-Favoriten gesehen: "Wir fühlen uns bereit für die großen Spiele."
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WM-Kader zeichnet sich ab
Der Großteil des aktuellen Kaders darf sich Hoffnungen auf einen der 23 Plätze für Katar machen. Thomas Müller, Abwehrchef Antonio Rüdiger, Anführer Joshua Kimmich und Kapitän Manuel Neuer im Tor bilden das Gerüst und sind auf jeden Fall gesetzt. Doch auch den Nachwuchs sollte man nicht unterschätzen.
Bayern-Talent Jamal Musiala sticht da besonders heraus - der perfekte Kandidat für die Nachfolge von Thomas Müller. Der sieht durchaus Parallelen: "Wir sind beide nicht die Schränke der Nation", sagte er und beschrieb den gemeinsamen Spielstil so: "Lange Gräten, immer mal wieder reinstochern, den Ball abluchsen." Genau das hat Müller etliche Male präsentiert - beim FC Bayern, seinem Herzensverein, bei dem er seit der Jugend auf Torejagd geht - und auch in der Nationalmannschaft.
Mit seinen nun 32 Jahren will er trotzdem nicht als "Papa" durchgehen: "Ich fühle mich nicht als Papa und der bin ich auch nicht. Ich versuche, der Gleiche zu bleiben. Ich will Input geben, auf und neben dem Platz. Ich will die Leute kitzeln und motivieren, man muss aber auch auf dem Platz was liefern. Das will ich vorleben." Und vielleicht ist Katar seine Chance, sich am Ende versöhnt und mit einem guten Gefühl zu verabschieden.
Die erfolgreichsten Torjäger für Deutschland
Wer die entscheidenden Tore oder besonders viele Treffer erzielt, genießt bei den Fans besonderes Ansehen. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat einige große Torjäger gehabt - diese zehn waren am erfolgreichsten.
Bild: Reuters
Michael Ballack - 42 Tore
Zwischen vielen Stürmern ist Michael Ballack der torgefährlichste Mittelfeldspieler der deutschen Nationalelf. Zwischen 1999 und 2010 macht der "Capitano" 98 Länderspiele. Sein großes Manko: Einen Titel gewinnt Ballack nie. Das WM-Finale 2002 verpasst er wegen Gelbsperre, 2006 ist im Halbfinale Schluss. 2008 geht das Endspiel gegen Spanien verloren und 2010 fehlt Ballack wegen einer Verletzung.
Nach dem WM-Gewinn von 1954 beruft Bundestrainer Sepp Herberger den damals erst 17-jährigen Seeler ins Nationalteam. 1961 ist Seeler erstmals Kapitän. Der ewige HSV-Stürmer spielt bis 1970 für Deutschland und steht dabei insgesamt 72 Mal auf dem Platz. Sein berühmtestes Tor erzielt er 1970 im WM-Viertelfinale gegen England mit dem Hinterkopf (Foto).
Bild: Sven Simon/picture-alliance
Karl-Heinz Rummenigge - 45 Tore
Der spätere Vereinsboss des FC Bayern ist 1976 bei seinem Debüt im DFB-Team 21 Jahre alt. Er stürmt seit 1974 für die Münchener und ist bereits zweifacher Europapokalsieger. Rummenigge ist 1978 bei der WM dabei, gewinnt 1980 mit Deutschland die Europameisterschaft und führt das DFB-Team 1982 und 1986 als Kapitän ins WM-Finale, geht aber jeweils als Verlierer vom Platz.
Bild: Photoshot/picture alliance
Thomas Müller - 45 Tore
Der Weltmeister von 2014 und WM-Torschützenkönig von 2010 erlebt seine "zweite Karriere" in der Nationalelf. Im März 2019 sortierte Bundestrainer Joachim Löw Müller zum Unverständnis vieler Fans und Experten aus und "begnadigt" den vielseitigen Offensivspieler erst kurz vor der EURO im Jahr 2021. Auch bei der WM 2022 und der Heim-EM 2024 ist er dabei. Direkt nach dem Turnier tritt er zurück.
Bild: Jürgen Fromme /firo/augenklick/picture alliance
Jürgen Klinsmann - 47 Tore
Elf Jahre lang, von 1987 bis 1998, ist Jürgen Klinsmann Nationalspieler und bestreitet 108 Länderspiele. 1990 wird er Weltmeister, 1996 darf er als Kapitän den EM-Pokal aus den Händen der Queen entgegennehmen. Eines seiner herausragenden Länderspiele macht Klinsmann 1990 im WM-Achtelfinale gegen die Niederlande, als Deutschland den Europameister mit 2:1 besiegt (Foto).
Bild: Getty Images
Rudi Völler - 47 Tore
Ebenfalls 47 Treffer erzielt Klinsmanns langjähriger Sturmpartner, allerdings benötigt "Rudi Nazionale" nur 90 Länderspiele dafür. Völler trägt das DFB-Trikot von November 1982 bis Juli 1994 und nimmt in dieser Zeit an allen Turnieren teil. Der spätere Sportdirektor von Bayer Leverkusen steht mit dem DFB-Team 1986 im WM-Finale und verliert, vier Jahre später wird er Weltmeister.
Bild: imago-images/C. Bergmann
Lukas Podolski - 49 Tore
Mit dem Ball am Fuß lossprinten und überlegt ins lange Eck abschließen, auf diese Art und Weise erzielt Lukas Podolski einige seiner 49 Treffer im DFB-Dress. In Polen geboren hätte er auch für das dortige Nationalteam spielen können, entscheidet sich aber für Deutschland, für das er 130 Mal aufläuft. Von der EM 2004 bis zur EM 2016 ist er bei allen Turnieren dabei und wird 2014 Weltmeister.
Bild: Reuters/W. Rattay
Joachim Streich - 55 Tore
Der schnelle Angreifer ist einer der besten Rechtsaußen, die für ein deutsches Nationalteam gespielt haben. Streich erzielt seine 55 Tore zwischen 1969 und 1984 in 102 Länderspielen für die DDR-Auswahl. Er nimmt mit der DDR an der WM 1974 teil, fehlt aus taktischen Gründen aber ausgerechnet beim Duell mit dem "Klassenfeind" BRD. Die DDR gewinnt auch ohne ihren besten Torjäger mit 1:0.
Bild: WEREK/imago images
Gerd Müller - 68 Tore
Lange Zeit gilt seine Marke von 68 Länderspieltoren als unerreichbar. Müller, genannt der "Bomber der Nation", benötigt für seine 68 Treffer gerade einmal 62 Länderspiele, die er zwischen 1966 und 1974 bestreitet. Oft macht er die entscheidenden Tore - so auch den Siegtreffer im WM-Endspiel von 1974 (Foto), seinem letzten Auftritt im Trikot der Nationalmannschaft.
Bild: picture-alliance/dpa/P.Robinson
Miroslav Klose - 71 Tore
Drei Tore mehr als der "Bomber" erzielt Miroslav Klose in seinen 137 Länderspielen. Sein erstes Tor im DFB-Dress gelingt ihm gleich beim Debüt im März 2001. Kloses größter Erfolg: der Gewinn der WM 2014 in Brasilien. Anschließend tritt er aus der Nationalelf zurück. Klose ist mit 16 Treffern erfolgreichster WM-Torschütze aller Zeiten.