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Thomas Tuchel: Der Zauberer ist nackt

Marko Langer
4. November 2020

Als er sich beim BVB verabschiedete, dachten viele: Tuchel in Paris? Oh là là. Doch inzwischen ist der Zauber verflogen, der Zauberer selbst steht eher im Regen. Und sein Team hilft ihm nicht, wenn die Stars fehlen.

RB Leipzig - Paris Saint-Germain | Trainer Thomas Tuchel von PSG
Bild: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa/picture alliance

Ein paar Sachen sind noch wie früher. Er lamentiert, er gestikuliert, er ruft auf das Spielfeld, er hadert und hebt gelegentlich die Arme. So, als wollte er sagen: "Warum spielst du das so?" Und immer wieder neuer Input für sein vielsprachiges Ensemble. 

So konnte man den deutschen Trainer von Paris Saint-Germain auch beim Auftritt seiner Mannschaft am 3. Spieltag bei RB Leipzig beobachten. Etwas anderes ist aber nicht wie früher: Das mitunter verschmitzte Lächeln und der anerkennende, zufriedene Beifall für die eigene Truppe fehlen inzwischen. Auch wenn sich Tuchel mit etwas hochgezogenen Schultern nach dem Abpfiff bei seinen Kickern nach der 1:2-Niederlage in Leipzig bedankte, wurde ein weiteres Mal deutlich: Hier ist ein hochgelobter Fußball-Stratege im grauen Einerlei des Tagesgeschäfts gelandet. 

Rumpftruppe

Sicher, wenn seine Stars fit und an Bord sind, wenn Kylian Mbappé und Neymar auf dem Platz stehen, dann ist PSG eine ganz andere Nummer als die Rumpftruppe, die Tuchel auch an diesem Abend in Leipzig zur Verfügung stand. Tuchels jüngste Klage, dass die Spieler angesichts vieler Termine arg strapaziert würden, wirkte da schon fast wie eine Schutzbehauptung. Paris Saint-Germain an diesem Abend: eher Hausmannskost. Und ihr Taktik-Zauberer am Spielfeldrand? Eher nackt. 

Nur nicht noch mehr Ausfälle! Angel Di Maria nach einem Foul in LeipzigBild: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa/picture alliance

Im Sommer läuft der Vertrag Tuchels in Paris aus. Die Sportzeitung "L'Équipe" hatte zuletzt geschrieben, dass der 47-Jährige seinen Kontrakt nicht verlängern und den Verein verlassen wolle. Grund sei der Machtkampf mit Sportdirektor Leonardo. Der 51 Jahre alte Brasilianer hatte jüngst Tuchels Forderung nach Verstärkungen für den Champions-League-Finalisten scharf gekontert. "Ich hatte mal die naive Vorstellung, dass nach vier Titeln und einem Champions-League-Finale der Trainer für eine Weile aus der Schusslinie ist. Das war fünf Tage so, da waren wir im Urlaub. Danach ging es in der Tonart weiter", ließ sich Tuchel zitieren.

Zerschnittene Tischtücher

Seit Juli 2018 ist er der Trainer der schon mit vielen Millionen gepimpten Pariser Mannschaft. Er spricht formidabel Französisch, und: Er hätte so gerne mehr Erfolg als "nur" in der heimischen Liga. Doch jetzt steht sein Team in der Champions-League-Gruppe H nur auf dem dritten Platz. Zu wenig. Seine Absetzbewegungen erinnern ein wenig an Tuchels Endphase bei Borussia Dortmund. Auch dort war am Ende das Tischtuch mit der Vereinsführung zerschnitten - obschon damals die Kritik des Trainers am zu schnellen Einsatz nach dem Anschlag auf den BVB-Bus im April 2017 berechtigt war.

Nun ja, das war gestern. Und heute? "Das Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft ist nach wie vor gut", sagte der im Dienst von PSG stehende deutsche Nationalspieler Thilo Kehrer nach der Partie. Was sollte er auch sonst sagen? Besonders komfortabel war es für den Coach in der französischen Hauptstadt nie. In den kommenden Tagen könnte es noch eine Spur ungemütlicher werden.

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