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Tuchel: Vom PSG-Regen in die Chelsea-Traufe?

26. Januar 2021

Neues Spiel, neues Glück. Einen Monat nach seiner Entlassung bei Paris St. Germain hat der Erfolgstrainer Thomas Tuchel einen neuen Job. Möglicherweise erwarten ihn beim FC Chelsea ähnliche Probleme wie bei PSG.

Thomas Tuchel
Bild: Martin Rickett/PA Wire/empics/picture alliance

Jetzt ist es auch offiziell: Thomas Tuchel, Ende des vergangenen Jahres bei Paris St. Germain entlassen, heuert als Trainer beim FC Chelsea an. Das bestätigte der englische Premier-League-Klub. Der 47-Jährige leitete bereits am Dienstagabend das Training der Mannschaft. Beim Spiel gegen die Wolverhampton Wanderers an diesem Mittwoch werde der neue Teammanager erstmals auf der Trainerbank der "Blues" sitzen, teilte der Verein mit. Tuchel erhalte einen Vertrag bis Mitte 2022 - mit der Option, ihn anschließend um ein weiteres Jahr zu verlängern. "Ich bin dankbar, jetzt ein Teil der Chelsea-Familie zu sein. Es fühlt sich großartig an", zitierte der Klub seinen neuen Trainer. Am Montag hatte Chelsea verkündet, dass sich der Verein von seinem bisherigen Teammanager Frank Lampard trenne, "um die Leistungen und Ergebnisse in dieser Saison zu verbessern". 

Noch immer wird darüber gerätselt, warum Tuchel eigentlich bei Paris St. Germain seinen Hut nehmen musste. An mangelndem Erfolg kann es eigentlich nicht gelegen haben. Tuchel hatte das Pariser Starensemble um den Brasilianer Neymar und den französischen Weltmeister Kylian Mbappé im Sommer 2018 übernommen und zu zwei französischen Meisterschaften geführt. In der vergangenen Saison gelang mit dem Sieg im französischen Pokalfinale sogar das Double. Dass es nicht auch noch ein Triple wurde, verhinderte allein der FC Bayern München. Der deutsche Rekordmeister besiegte PSG im Finale der Champions League in Lissabon mit 1:0. Der französische Klub hatte zuvor noch nie im Endspiel der Königsklasse gestanden. Lediglich das Sahnehäubchen fehlte, der Titelgewinn.

Ziel: Europas Fußballthron

Doch genau das ist der Anspruch der Geldgeber aus Katar: Sie wollen PSG ganz oben in Europa sehen. In diesem Punkt unterscheidet sich Tuchels neuer Arbeitgeber nicht von seinem alten. Auch Alexander Abramowitsch - der Milliardär, dem der FC Chelsea bereits seit 2003 gehört - will den Verein wieder auf Europas Fußballthron sehen: 2012 gewannen die "Blues" zum ersten und bisher einzigen Mal die Champions League. 2019 gelang Chelsea immerhin der Triumph in der Europa League, 2017 der bis dato letzte englische Meistertitel. Aktuell belegt der Verein in der Tabelle nur den neunten Rang - indiskutabel aus Sicht der Vereinsspitze.

Abramowitsch: "Größten Respekt vor Lampard"Bild: Imago/ITAR-TASS/A. Novoderezhkin

Wie bei PSG wird auch bei dem Premier-League-Klub dem Erfolg alles untergeordnet. Das unterstreicht die Trennung von Vereinsikone Frank Lampard. Der 42 Jahre alte Ex-Stürmerstar, mit 211 Toren immer noch Rekordtorschütze des FC Chelsea, ist bei den Fans nach wie vor äußerst beliebt. Doch nach anderthalb Jahren als Trainer hatte Lampard bei den Verantwortlichen seinen Kredit verspielt. "Ich habe den größten Respekt vor ihm", ließ Vereinsboss Abramowitsch wissen, nachdem er Lampard den Laufpass gegeben hatte: "Er ist ein Mann von großer Integrität und hat die höchstmögliche Berufsethik. Unter den aktuellen Umständen glauben wir jedoch, dass es das Beste ist, den Teammanager zu wechseln."

Chelseas "Eiserne Lady"

Mit wir meinte Abramowitsch vor allem seine rechte Hand, Sportdirektorin Marina Granovskaia. Und damit ergibt sich möglicherweise die nächste Parallele zu Tuchels Problemen bei PSG. In Paris war der deutsche Trainer immer wieder mit Sportdirektor Leonardo aneinandergeraten. Der frühere brasilianische Nationalspieler rechnete mit Tuchel nach dessen Rauswurf gnadenlos ab. Tuchels "Zyklus" habe sich dem Ende genähert, sagte Leonardo. "Ein Coach ist ein bisschen wie ein Arzt, der den Spielern je nach den Bedürfnissen des Teams verschiedene Medikamente gibt. Aber was er vorschlug, passte nicht so richtig."

Ähnlich wie Tuchel mit Leonardo erging es Lampard in Chelsea mit Granovskaia. Auch zwischen ihnen soll es häufig dicke Luft gegeben haben. Die 46-Jährige Russin, die auch einen kanadischen Pass besitzt, begann ihre berufliche Laufbahn in Abramowitschs Ölkonzern und zog 2003 nach London, als ihr Mentor den FC Chelsea kaufte. Seit 2014 ist sie Sportchefin des Klubs.

Die starke Frau beim FC Chelsea: Sportdirektorin Marina GranoskaiaBild: Andy Rowland /Imago Images

Granovskaia gilt als geschickte, aber auch knallharte Verhandlerin. Das trug ihr in Großbritannien den Spitznamen "Iron Lady" ein - in Anlehnung an die frühere "Eiserne Lady", Premierministerin Margaret Thatcher. Wird Thomas Tuchel, der als Dickkopf gilt und nicht nur in Paris, sondern auch zuvor bei Borussia Dortmund mit seiner Art aneckte, mit Granovskaia auskommen? Zweifel sind angebracht.

Rund 250 Millionen Euro hat Chelsea allein im vergangenem Sommer in den Kader investiert, davon 153 Millionen Euro in die beiden deutschen Nationalspieler Kai Havertz (80 Millionen) und Timo Werner (53 Millionen). Beide spielten bisher deutlich unter dem Niveau, für das der FC Chelsea sie nach London geholt hatte. Tuchel soll sie aus dem Formtief holen. Die Latte liegt wieder einmal sehr hoch für den 47-Jährigen. Abramowitsch und Granovskaia werden Tuchel einzig und allein an seinen Erfolgen messen. 

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