Thrombose, die lautlose Gefahr - auch im Sport
2. Mai 2025
Ob Frankreichs Basketball-Superstar Victor Wembanyama bei der Europameisterschaft Ende August 2025 starten kann, steht noch in den Sternen. Seit Ende Februar fällt der 21-Jährige, der in der nordamerikanischen Profiliga NBA sein Geld verdient, wegen einer Venenthrombose in der rechten Schulter aus. Im März wurde er an der Schulter operiert. "Ich würde gerne mehr machen, aber ich muss auf die Ärzte hören", sagt Wembanyama. Denn mit Thrombosen ist nicht zu spaßen.
Der frühere NBA-Star Chris Bosh, Mitglied der Hall of Fame des Basketballs, musste seine Karriere wegen Thrombosen beenden. Auch bei Tennis-Ikone Serena Williams traten zu ihrer aktiven Zeit mehrfach Blutgerinnsel auf. 2011 musste sie wegen einer Lungenembolie notoperiert werden. Die dreimaligen Welt-Handballer Mikkel Hansen aus Dänemark und Nikola Karabatic aus Frankreich mussten ebenfalls wegen Thrombosen behandelt werden. Und in der Fußball-Bundesliga fiel 2016 der damalige Profi von Borussia Dortmund, Neven Subotic, wegen einer Armvenenthrombose für die Rückrunde aus.
Auch Leistungssportler sind also nicht vor Thrombosen gefeit. "Viel Bewegung ist zwar ein wichtiger Bestandteil, um keine Thrombose zu bekommen, aber es gibt eben auch weitere Risikofaktoren", sagt der Sportmediziner Pascal Bauer. "Athletinnen und Athleten sind auch nur Menschen und können deshalb alle Krankheiten bekommen, die auch andere erwischen." Bauer leitet an der Universität Gießen die Abteilungen für Sportkardiologie, Herz-Kreislauf-Vorsorge sowie Gefäßerkrankungen. Im vergangenen Jahr betreute und beriet er fast 400 Profisportler, unter anderem die Handball-Bundesliga-Spieler der HSG Wetzlar.
Was geschieht bei einer Thrombose?
Thrombose ist das griechische Wort für Pfropf oder Klumpen. Von einer Thrombose spricht man, wenn sich in einem Blutgefäß, zum Beispiel einer Vene oder einer Arterie, ein Blutgerinnsel bildet, das Gefäß verstopft und damit den Blutfluss behindert. Jede Thrombose ist ein Notfall. Als besonders gefährlich gelten Gefäßverschlüsse in den tiefen Bein- und Beckenvenen. Löst sich ein Teil des Blutpfropfens, kann er über das Herz in die Lunge geraten und dort Adern verschließen, die für die Atmung lebenswichtig sind. Dann spricht man von einer Lungenembolie.
"Sie kann unterschiedlich ausgeprägt sein - von 'Ich merke ein bisschen Luftnot oder gar nichts' bis zum Tod", sagt der Gefäßexperte Bauer. Je größer das abgelöste Blutgerinnsel ist, desto gefährlicher wird es. Das Aktionsbündnis Thrombose schätzt, dass in Deutschland jährlich zwischen 40.000 und 100.000 Menschen an Lungenembolien sterben. Weltweit wird nach Schätzungen der Vereinten Nationen jeder vierte Todesfall mit Thrombosen in Zusammenhang gebracht.
Gibt es besonders gefährdete Sportarten?
"Es gibt ein leicht erhöhtes Risiko bei Sportarten, die oberkörperbetont sind und bei denen man immer wieder dieselben Armbewegungen macht", erklärt Bauer und nennt als Beispiele Eishockey, Handball, Basketball, Volleyball, Baseball und Tennis. "Die Aktiven entwickeln sehr viel Muskelmasse, die dazu führen kann, dass im ohnehin schon engen Schulterbereich, wo sich Arterien, Venen und Nerven hindurchschlängeln, der Platz noch enger wird. Das schwächste Glied sind die Venen. Wenn sie immer wieder komprimiert werden, können Endothelschäden [Zellverletzungen an der Innenseite der Vene - Anm. d. Red.] entstehen und in der Folge Thrombosen." Auch bei Kontaktsportarten wie Fußball, wo die Verletzungsgefahr an den Beinen unter anderem durch Fouls höher sei, könne es zu Thrombosen kommen. Ebenso beim Laufen über weite Distanzen, wo die Gefahr von Mikroverletzungen an den Beinen bestehe.
Für die Profis aller Sportarten, so der Wissenschaftler, gelte ein höheres Risiko, wenn sie häufig weite Wege zu ihren Wettkämpfen zurücklegten und deshalb viel Zeit im Bus oder Flugzeug verbrächten. Dann bestehe die Gefahr einer sogenannten Stase: das Blut stockt, und damit steigt das Risiko, dass sich eine Thrombose bildet.
Welche Alarmsignale deuten auf eine Thrombose hin?
"Die klassische Beinvenenthrombose beginnt mit einer einseitigen Schwellung des Unterschenkels, mit Schmerzen, einem Hitzegefühl und häufig einer bläulich-violetten Verfärbung sowie sichtbaren Venen im Bereich des Schienbeins", sagt Sportmediziner Bauer. Auch bei einer Armvenenthrombose entwickele sich eine Schwellung. Der Aktive verspüre zunächst ein Spannungsgefühl, dann einen eher drückenden Schmerz, "so als ob der Arm von innen platzen würde," so Bauer. Charakteristisch sei zudem ein Venennetz, dass sich häufig im Schulterbereich an der Hautoberfläche bilde, "ein Umgehungskreislauf, weil die tiefer liegende Vene verschlossen ist".
Gerade bei Kontaktsportarten besteht die Gefahr, dass die Sportlerinnen und Sportler die Alarmsignale einer Thrombose für normale Symptome erlittener Blessuren halten. Oder die Schmerzen mit Muskelkater verwechseln.
Was können Aktive tun, um möglichen Thrombosen vorzubeugen?
"Das Wesentliche sind die Sportvorsorgeuntersuchungen und eine gute Trainingshygiene", antwortet Gefäßspezialist Bauer. "Die Athletinnen und Athleten sollten darauf achten, genug zu trinken. Was sie ausschwitzen, müssen sie dem Körper auch wieder zuführen, damit das Blut nicht eindickt. Zum anderen müssen sie bei den Reisen daran denken, die Beine zu bewegen." Es kann auch ratsam sein, bei langen Flügen oder Busfahrten Kompressionsstrümpfe zu tragen. "Und die Athleten sollten immer auf den eigenen Körper achten und hören", empfiehlt Bauer.
Doping - etwa mit anabolen Steroiden, EPO oder Eigenblut - erhöht übrigens auch das Thrombose-Risiko. So seien im Bodybuilding viele Todesfälle nach Thrombosen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren beobachtet worden, sagt der Mediziner der Uni Gießen. "Ich möchte aber niemandem Doping unterstellen, nur weil er eine Thrombose hat."
Wie wird eine Thrombose festgestellt und behandelt?
Diagnostiziert wird sie mit einer Kombination aus Blutanalyse und bildgebendem Verfahren. Mit einem speziellen Bluttest wird ermittelt, ob es im Körper eine größere Blutgerinnung gegeben hat. Per Ultraschall, Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) lassen sich Thrombosen in Blutgefäßen und Organen sowie selbst kleinste Blutgerinnsel gut erkennen. In der Regel erhält der Patient anschließend ein blutverdünnendes Medikament - über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten, bis die Thrombose verschwunden ist.
Nach einer Weile dürfen die Sportlerinnen und Sportler auch wieder vorsichtig trainieren, nicht aber im Wettkampfmodus. "Die Blutungsgefahr bei Verletzungen ist durch das Medikament deutlich erhöht", erklärt der Gefäßexperte Pascal Bauer. "Wenn etwa ein Handballtorwart einen Ball an den Kopf bekommt und eine Blutung im Kopf erleidet, kann dies schwerwiegendste Folgen haben. Daher kann die Notwendigkeit einer blutverdünnenden Therapie den Einstieg in den Wettkampf bei Kontaktsportarten verhindern, selbst wenn der Athlet sich bereits wieder gut fühlt."
Nach Armvenenthrombosen werden manche Sportlerinnen und Sportler im Schulterbereich operiert. Die oberste Rippe wird verkürzt, damit die Vene mehr Platz hat und bei Überkopf-Bewegungen nicht ständig gegen die Rippe stößt und zusammengepresst wird.