Menschen in Sicherheit bringen, Keller abpumpen, für Strom sorgen, Schuttberge abtragen - in den Hochwassergebieten erfüllen die Mitarbeitenden des THW wichtige Aufgaben. Was ist das für eine Organisation?
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Am 22. August 1950 beauftragte der damalige Bundesinnenminister Gustav Heinemann die Aufstellung eines zivilen Ordnungsdienstes. Der ehemalige Pionieroffizier, Architekt und Bauingenieur Otto Lummitzsch übernahm die Aufgabe.
Lummitzsch hatte bereits 1919, kurz nach dem Ersten Weltkrieg, die zivile Hilfsorganisation Technische Nothilfe (TN) gegründet, die aus einer militärischen Organisation hervorgegangen war. 1934 wurde er von den Nationalsozialisten abgesetzt, weil er sich weigerte, sich von seiner "halbjüdischen" Frau zu trennen. 1950 ins Bundesinnenministerium berufen, wurde Lummitzsch erster Direktor des neuen Technischen Hilfswerks (THW), das seit dem 25. August 1953 eine Bundesanstalt mit eigener Verwaltung und dem Innenministerium zugeordnet ist.
THW hat rund 80.000 Mitarbeitende
Heute engagieren sich in Rahmen des THW fast 80.000 Menschen, darunter 15.000 Jugendliche, in ihrer Freizeit, um anderen in der Not zu helfen. Sie sind in 668 Ortsverbänden organisiert. Es gibt lediglich rund 1800 hauptamtliche Mitarbeitende - alle anderen sind ehrenamtlich dabei.
Das THW leistet Hilfe nach Katastrophen und Unglücken nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit. Seit seiner Gründung war das THW in mehr als 130 Ländern aktiv.
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Vom Brückenbau bis zur Trinkwasseraufbereitung
Die Liste der Einsatzoptionen für das THW ist vielfältig. Deshalb werden Personal und Spezialtechnik in unterschiedlichen Einheiten organisiert. So gibt es beispielsweise neben Bergungsgruppen von Vermissten und Verschütteten auch Einheiten für Brückenbau und Elektroversorgung, für Lokalisierung und Beseitigung von Ölschäden, für die Räumung von Trümmern, für die Aufbereitung von Trinkwasser und viele mehr.
Bei der aktuellen Überschwemmungskatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sind nach Angaben der Organisation knapp 2100 Helferinnen und Helfer aus rund 165 Ortsverbänden im Einsatz.
Spezialpumpen im Einsatz
Beispielsweise um die massiv gefährdete Staumauer der Steinbachtalsperre bei Euskirchen zu entlasten, wurden sogenannte Schmutzwasserkreiselpumpen verwendet, die rund 5000 Liter pro Minute fördern können. Zum Vergleich: Eine Badewanne wäre damit in zwei Sekunden geleert. Außerdem wurde eine Spezialpumpe eingesetzt, von der es nur 14 Stück in Deutschland gibt. Sie kann sogar 25.000 Liter pro Minute fördern. Nach einem Zeitungsbericht sorgten in den Katastrophengebieten fünf THW-Gruppen des Typs Wassergefahren/Pumpen dafür, dass rund 70.000 Liter pro Minute abgepumpt werden. Mit Erfolg: Am Montag konnte für die Bewohner der unterhalb liegenden Ortschaften Entwarnung gegeben werden - sie konnten in ihre Häuser zurückkehren.
Wer mitmachen kann
Beim THW ist jeder willkommen, egal wie alt er ist oder welchen Beruf er ausübt. Kinder und Jugendliche werden bereits ab zehn Jahren in Jugendgruppen aufgenommen. Mindestens 17 Jahre muss man sein, um am aktiven Dienst teilzunehmen.
Die Freiwilligen bekommen eine kostenlose technische Ausbildung. Erlernt werden unter anderem der Umgang mit Kettensäge oder Trennschleifer sowie Holz- oder Metallbearbeitung. Auch Erste Hilfe oder Bergungstechniken stehen auf dem Programm. Das THW erstattet Verdienstausfall und Fahrtkosten und versichert seine Helfer bei Ausbildung und Einsatz. Arbeits- und Einsatzschutzbekleidung werden gestellt.
Flutkatastrophe: Die dringend benötigte Hilfe
Ob aus der Luft, mit Booten oder in den zerstörten Häusern. Tausende Helfende stehen den Menschen in den vom Hochwasser gebeutelten Gebieten in NRW und Rheinland-Pfalz zur Seite.
Bild: Marius Becker/dpa/picture alliance
Eine der schlimmsten Flutkatastrophen in der deutschen Geschichte
Mehr als 100 Menschen sind nach den starken Regenfällen im Westen Europas und dem daraus entstandenen Hochwasser gestorben. Vor allem die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hat es schwer getroffen. Es ist die schlimmste Naturkatastrophe seit langem. Rettungsaktionen laufen in viele Orten noch - viele Menschen werden noch vermisst oder sind noch in gefluteten Häusern gefangen.
Bild: Ferdinand Merzbach/AFP/Getty Images
Häuser wurden zu Todesfallen
Einige Regionen in NRW sind immer noch geflutet. An anderen Stellen werden die Schäden sichtbar. Das Wasser hat sogar Gas-Pipelines zerstört. Obwohl Rettungskräfte Bewohner warnten, in einsturzgefährdete Häuser zurückzukehren, suchten manche auf eigene Faust nach Angehörigen oder Freunden. So entwickelten sich manche Häuser zu Todesfallen, als sie plötzlich einstürzten.
Bild: Miodrag Soric/DW
Den Weg freimachen
Die Todeszahl steigt fast stündlich. Tausende Freiwillige, Feuerwehrleute und sogar rund 900 Soldatinnen und Soldaten beteiligen sich an Rettungen oder Aufräumarbeiten. Die Menschen befürchten, dass sie noch mehr Opfer finden, wenn sich das Wasser komplett zurückgezogen hat. Erst dann wird sich die schreckliche Bilanz der Fluten in Gänze zeigen.
Bild: Ina Fassbender/AFP
Leben retten aus der Luft
Jede Sekunde hätte das Haus einstürzen können - und so mancher war noch darin gefangen. In kleinen Orten wie Schuld und Heimerzheim haben die Fluten Straßen und Bahngleise zerstört. Die Bewohner waren von der Außenwelt abgeschottet. In einigen Extremsituationen mussten Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst sowie Bundeswehr-Soldaten Menschen von ihren Dächer per Helikopter retten.
Bild: Marius Becker/dpa/picture alliance
Schaulustige, nein danke!
Einsätze rund um die Uhr, Leichen bergen, Menschen retten: Während Rettungskräfte erschöpft sind, warnt die Polizei eindringlich vor "Hochwasser-Tourismus". Schaulustige sollen bitte fernbleiben. "Das Eine ist, dass sie betroffene Anwohner sich in ihren Vorgärten wie im Zoo fühlen lassen", sagte Lars Brummer vom Polizeipräsidium Koblenz. "Das Andere ist, dass sie Rettungswege behindern können."
Bild: Jochen Tack/dpa/picture alliance
Große Hilfsbereitschaft
Hunderte Familien haben alles verloren und sind jetzt obdachlos. Städte wie Köln und Bonn haben Notunterkünfte für Evakuierte organisiert. Hilfsorganisationen sammeln zudem Spenden und suchen Freiwillige, die bei den Aufräumarbeiten mit anpacken.
Bild: Harald Tittel/dpa/picture alliance
Riesiger finanzieller Schaden
Erst Corona, jetzt die Flut: Medien berichten von katastrophalen Schäden an Straßen, öffentlichen Gebäuden, aber auch in privaten Unternehmen. Die Finanzministerin von Rheinland-Pfalz, Doris Ahnen, hat den Flutopfern Steuererleichterungen zugesagt. In Zeiten, in denen schon die Corona-Pandemie so mancher Familie den Boden unter den Füßen weggerissen hat, brauchen viele vielleicht noch mehr Hilfe.