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Tiefgekühlte Stromleitungen

8. Oktober 2003

Der Physik-Nobelpreis 2003 wird dreigeteilt: Er geht an Alexei A. Abrikosow, Vitalij L. Ginzburg und Anthony J. Leggett, die die Theorie über Supra-Leiter und Supra-Flüssigkeiten weit vorangebracht haben.

Vitalij Ginzburg und zwei seiner Kollegen erhalten den Physik-NobelpreisBild: AP

Der russisch-amerikanische Forscher Abrikosow, der Russe Ginzburg und der britisch-amerikanische Wissenschaftler Leggett hätten in der "in der Theorie über Supra-Leiter und Supra-Flüssigkeiten bahnbrechende Arbeiten" geleistet, erklärte die Schwedische Akademie. Supra-Leiter sind vor allem wichtig, um Strom verlustarm zu übertragen; zum Beispiel in Magnetkameras für medizinische Untersuchungen oder in Teilchenbeschleunigern. Auch Kernspin-Tomographen nutzen solche Stoffe.

Bei minus 180 Grad hört der Widerstand auf

Bei Supra-Leitern handelt es sich um Metalle, die keinen elektrischen Widerstand haben - allerdings erst, wenn man sie extrem abkühlt: auf etwa minus 180 Grad Celsius. Manche Metalle brauchen zusätzlich noch hohen Druck. Dann kann man mit dem Supra-Leiter sehr viel Strom mit sehr geringen Verlusten transportieren - über beliebig lange Strecken. Vitalij Ginzburg (87) verfasste zusammen mit seinem Kollegen Landau eine Theorie, die dieses Phänomen erklärt - genauer gesagt, das Verhalten von so genannten Typ-1-Supra-Leitern.

Alexei A. AbrikosovBild: AP

Alexei Abrikosow entdeckte eine neue Art von Supra-Leitern: Der Typ 2 funktioniert auch in starken Magnetfeldern. Für seine Theorie verwendete der 75-jährige Abrikosow Berechnungen von Ginzburg.

Helium fließt die Wände hoch

Die Forschung des dritten Preisträgers, Anthony Leggett (65), findet bisher kaum praktische Verwendung. Dafür hilft sie aber auf dem Gebiet der Supra-Leiter weiter. Leggett widmete sich den Supra-Flüssigkeiten und dort besonders einem seltenen Helium-Typ. Bei sehr niedrigen Temperaturen fließt Helium ohne Reibung über Oberflächen und sogar die Wände eines Becherglases hoch. Der gebürtige Brite formulierte die Theorie, wie sich die Atome des seltenen Helium-Isotops 3He in diesem Zustand verhalten und anordnen.

Anthony J. LeggettBild: AP

Leggett genießt weltweit Anerkennung als "Geistesriese" für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Niedrigtemperatur-Physik - und für seine bescheidene, zurückhaltende Art. Er gehört unter anderem als Auslandsmitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften an und ist Professor an der Universität von Illinois.

Nobelpreis - Belohnung fürs Leben

Auch Abrikosow ist bekannt als "sehr gründlicher Denker", freundlich, in der Sache aber hart. Er lebt seit 1991 in den USA und gehört ebenfalls zur Russischen Akademie der Wissenschaften sowie zur amerikanischen Nationalen Akademie der Wissenschaften. Bis zum Ende der Sowjetunion war er Direktor des Instituts für Hochdruckphysik und Leiter der Abteilung für Theoretische Physik am Moskauer Institut für Stahl und Legierungen (ITEP). Abrikosow sagte wenige Stunden nach der Bekanntgabe: "Ich bin enorm erleichtert. Jetzt hat sich mein Leben doch gelohnt."

Vitalij Ginzburg erreichte die Nachricht von der Ehrung drei Tage nach seinem 87. Geburtstag. Der "Patriarch der Physik" zeigte sich "völlig überrascht". Es sei ihm eine Ehre, dass die Schwedische Akademie ihn zusammen mit seinen Kollegen ausgewählt habe. Schon seit fast drei Jahrzehnten wurde Ginzburg immer wieder für den Nobelpreis vorgeschlagen. Die Theorie der Supra-Leiter, die er gemeinsam mit Lew Landau schuf, gilt als sein Meisterwerk. Er betätigte sich aber auch in der Nuklear- und der Astrophysik. Trotz seines Alters setzt Ginzburg seine theoretische Forschung fort und ist außerdem Chefredakteur der in Russland namhaften Zeitschrift "Erfolge der physikalischen Wissenschaften". (reh)

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