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CITES: Tiere töten für den Artenschutz?

Jennifer Collins
28. August 2019

Während Umweltschützer Regeln für den Wildtierhandel ausarbeiten, tobt ein Streit darüber, ob die Trophäenjagd den Schutz bedrohter Tierarten unterstützt oder torpediert.

Symbolbild Trophy Hunting
Bild: Design Pics/picture alliance

Auf einer internationalen Konferenz, bei der es um den Handel mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten geht, vermutet man zu Recht viele Umweltschützer und Tierrechtsaktivisten. Dass aber auch Jäger mit von der Partie sind, ist wohl eher erstaunlich.

"Zunächst mal sind wir hier, um uns für das im Abkommen verankerte Prinzip der Nachhaltigkeit einzusetzen. Und wir sind hier, um für den Handel mit Wildtieren und Jagdtrophäen zu plädieren", sagt Joseph Goergen im Rahmen der CITES-Konferenz (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora). Die weltgrößte Konferenz für den Artenschutz findet diese Woche in Genf statt. 

Goergen ist ein Verfechter der Trophäenjagd und Umweltschutz-Beauftragter bei der Safari Club International Foundation. Die Stiftung "finanziert und organisiert Programme zum Erhalt von Wildtieren". Sie ist auch eine Schwester-Organisation des US-amerikanischen Safari Club International (SCI). SCI ist das Sprachrohr von 50.000 Jägern, die dort Mitglied sind. Goergen selbst wuchs im US-Bundesstaat Wisconsin auf, wo er oft angeln ging und Hirsche jagte. Seine Leidenschaft für die Wildtierjagd hielt an und brachte ihn bis nach Afrika.

Giraffen stehen auf der CITES-Liste. Knochen, Häute und Fleisch der Tiere dürfen nur mit behördlicher Erlaubnis exportiert werdenBild: Getty Images/W. Little

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Alle zwei bis drei Jahre kommen die 183 Unterzeichner des Vertrages (einer davon ist die Europäische Union) im Rahmen des CITES-Abkommens zusammen. Gemeinsam entscheiden sie, welche Pflanzen- und Tierarten gar nicht gehandelt werden dürfen, um sie zu schützen, und welche nur unter Auflagen.

Auch hunderte von Nichtregierungsorganisationen und Interessenverbänden reisen an, um Lobbyarbeit zu betreiben - darunter auch solche, die die Interessen von Großwildjägern vertreten, die es als ihr Recht ansehen, im Rahmen von organisierten Safaris wild lebende Tiere abzuschießen und bestimmte Körperteile der erlegten Tiere - wie Stoßzähne oder Tierhäute  - mit nach Hause zu nehmen.

SCI und andere auf der Konferenz anwesende Jagd-Organisationen wie Conservation Force, deren Präsident sich damit brüstet, die Rechte von Jägern bereits auf vielen Konferenzen verteidigt zu haben, betrachten ihr Hobby als eine legitime Strategie zum Schutz bedrohter Arten. Dem kann nicht jeder zustimmen.

Vom Aussterben bedrohte Tierarten wie Nashörner sind bei Trophäenjägern beliebtBild: DW

Die Gräben zwischen denjenigen, die glauben, der Handel mit bedrohten Tierarten nütze dem Artenschutz und denen, die diesen Handel ablehnen, weil sie überzeugt sind, dass der den Artenschutz torpediert, könnten innerhalb der CITES nicht tiefer sein.

Tiere abschießen für den Artenschutz

In diesem Jahr sind die Befürworter der Trophäenjagd mit dem Ergebnis der Verhandlungen nicht zufrieden. Sie bedauern, dass der Trend dahin geht, dass die CITES dem Handel immer stärkere Einschränkungen und mehr Komplettverbote auferlegt. Giraffen zum Beispiel sind jetzt Bestandteil der CITES-Liste. Das bedeutet, dass Giraffenfleisch sowie die Knochen und Häute der Tiere nur noch mit einer speziellen Genehmigung außer Landes gebracht werden dürfen.

"Der allgemeine Trend geht nicht in Richtung Lockerung der Auflagen, sondern in Richtung Verschärfung. Das betrachten wir nicht als Erfolg für den Wildtierschutz", so Goergen.

Seine Argumentation: Wenn die Leute erst eine Genehmigung beantragen müssen, um die Trophäen ihrer Großwildjagd mit nach Hause bringen zu können, dann wird das viele Jäger davon abhalten Jagdsafaris zu buchen, bei denen sie ihrer Leidenschaft auf Löwen, Giraffen oder Elefanten zu schießen, nachkommen können. Diese Einnahmen fehlten dann den Programmen zum Schutz von Wildtieren.

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Zwischen 2005 und 2014 wurden an die 1,26 Millionen Trophäen in die USA eingeführt, die meisten davon aus Kanada und Südafrika. Das zeigen die Zahlen der Nichtregierungsorganisation Traffic, die sich intensiv mit dem Handel von Tieren und Pflanzen beschäftigt. Auch Simbabwe steht auf der Liste der Großwildjäger ganz weit oben.

Für einen Jagdausflug zahlen die Jäger bis zu 150.000 US-Dollar (135.130 Euro). Ein Teil dieses Geldes fließt zurück an die Gemeinden vor Ort und wird für Maßnahmen zum Umweltschutz und gegen die Wilderei verwendet, sagt Emmanuel Fundira. Der Präsident der Safari Operators Association of Zimbabwe arbeitet auch mit SCIF zusammen.

"Wir empfangen sie [die Trophäenjäger] mit offenen Armen. Denn das Geld, das sie ins Land bringen, hilft uns bei unseren Artenschutzmaßnahmen", so Fundira. Er zeigte sich enttäuscht darüber, dass der Antrag Simbabwes, seine nationalen Elfenbein-Vorräte verkaufen zu dürfen, in dieser Woche klar abgelehnt wurde.

Nach der Einführung der legalen Trophäenjagd auf das Breitmaulnashorn im Jahr 1968, so die Nichtregierungsorganisation Save the Rhino, haben sich die Bestände des Südlichen Breitmaulnashorns von 1800 auf 18.000 im Jahr 2018 erhöht. Die Organisation nimmt selbst keine Gelder aus dem Geschäft mit der Trophäenjagd an. Sie lehnt die Vorgehensweise jedoch nicht vollständig ab und erkennt an, dass die Methode finanzielle Anreize für Großgrundbesitzer liefert, für überlebens- und fortpflanzungsfähige Populationen zu sorgen.

Einige Umweltschützer sagen, dass eine Jagd nur dann den Prinzipien der Nachhaltigkeit genügt, wenn sie streng kontrolliert wirdBild: imagebroker/picture alliance

Fundira gibt darüber hinaus zu bedenken, dass das Jagdgeschäft für Jobs sorgt und so auch ein finanzieller Anreiz ist, für den Schutz der Tiere und deren Lebensräumen zu sorgen. Das ist zum Beispiel im Hinblick auf die 40.000 Elefanten in Simbabwe wichtig, die sich bei der Bevölkerung nicht unbedingt beliebt machen, weil sie ihre Felder zertrampeln. Auch Menschen sind schon durch Elefanten zu Tode gekommen.

Mythos Umweltschutz?

Die deutsche Biologin Daniela Freyer ist skeptisch, dass die Menschen, die in Gegenden mit Großwild leben, davon profitieren, dass Ausländer einfliegen, um die Tiere zu erlegen.

"Jagdverbände behaupten oft, dass das Geld den Menschen vor Ort zugute käme. Das entspricht aber nicht den Tatsachen", so die Gründerin der Tierrechtsgruppe Pro Wildlife. Freyer geht davon aus, dass die angeblichen Vorteile, die den ländlichen Gemeinden daraus erwachsen sollen, nicht mehr als ein "Feigenblatt" sind, mit dem der Import von Trophäen wie Stoßzähnen und Tierhäuten nach Europa und in die USA gerechtfertigt wird.

Der genaue Weg des Geldes ist schwer nachzuvollziehen, aber Pro Wildlife ist nicht die einzige Organisation, die davor warnt, die ökonomischen Vorteile zu überschätzen.

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"Die Auswertung der vorhandenen Literatur über die Wirtschaftlichkeit der Trophäenjagd zeigt (...), dass die Gemeinden, die in unmittelbarer Nähe solcher Jagdgebiete leben, sehr wenig von den Einnahmen haben", stellt ein Bericht von Economists at Large, einem Zusammenschluss von Ökonomen, die sich für Nachhaltigkeitsthemen einsetzen, aus dem Jahr 2013 fest.

In einigen Ländern verblieben bis zu 97 % der Einnahmen aus dem Jagdgeschäft auf der Seite der Jagdindustrie oder versickerten in korrupten Regierungsapparaten, so dass bei den lokalen Gemeinden nichts ankam. Das steht im 2019 erschienenen Bericht der Organisation Campaign to Ban Trophy Hunting (CBTH), die sich für ein Verbot der Trophäenjagd einsetzt.

Freyer findet, dass die Trophäenjäger ruhig einen Platz am Verhandlungstisch einnehmen können, "aber dass allen Beteiligten klar sein muss, aus welcher Ecke deren Argumentation kommt. Wir gehen davon aus, dass das [die Trophäenjagd] oftmals nicht nachhaltig ist, obwohl es so verkauft wird", so Freyer.

Der Befürworter der Trophäenjagd Joseph Goergen war auf der CITES-Konferenz in Geneva anwesend Bild: DW

Trophäenjagd nicht in Sicht

CBTH gibt auch zu bedenken, dass die Trophäenjagd als Schutzschild von Wilderern missbraucht werden könne. So könnten Körperteile illegal erlegter Wildtiere unter dem Deckmantel einer Lizenz zur Trophäenausfuhr außer Landes geschafft werden.

Fragt man CBTH, dann gehen die Wildtierzahlen - besonders die seltener Tierarten, auf die es die Jäger abgesehen haben - vor allem in Jagdgebieten zurück. Es sei außerdem kontraproduktiv, wenn Organisationen wie der SCI Preise auslobten, wie etwa für das Erlegen der "Big Five" - wie das Fünfer-Gespann aus Löwe, Leopard, Nashorn, Elefant und Afrikanischem Büffel im Jägerjargon genannt wird. Man muss wissen, dass vier dieser fünf Tierarten auf der Roten Liste gefährdeter Arten relativ weit oben stehen, so CBTH.

Wenn die Jagd wirklich nachhaltig sein soll, dann müsse sie engmaschig kontrolliert werden, sagen einige Umweltschützer. Außerdem müssten die Populationen stark genug sein. Bei seltenen Tierarten deute die Datenlage nicht darauf hin, dass die Jagd einen positiven Effekt für den Artenschutz habe, so die Tierschützer.

"Wenn Trophäenjagd stattfindet, muss sie sehr gut beaufsichtigt werden", so Philip Muruthi, Vize-Präsident der African Wildlife Foundation. "Es gibt sehr wenige Orte, wo die Daten nahelegen, dass die Jagd auf Elefanten oder andere Wildtiere gut überwacht und geregelt wird."

Weil aber in naher Zukunft das Jagen nicht aufhören wird, so schlussfolgert Muruthi, sei es besser mit den Jägern in einen Dialog zu treten, um den Schaden so gering wie möglich zu halten. Wenn die Weltgemeinschaft wirklich will, dass die Jagd der Vergangenheit angehört, dann müsse sie endlich Nägel mit Köpfen machen und mehr Geld bereitstellen.

"Wir wissen, dass der Erhalt von Elefantenpopulationen sehr teuer ist für die jeweiligen Länder", so Muruthi. "Deshalb muss die internationale Gemeinschaft einspringen und Unterstützung leisten."

 

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