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Literatur

Till Lindemann und Joey Kelly am Amazonas

25. November 2020

Rammstein-Sänger Till Lindemann und sein Freund, der Musiker Joey Kelly, fuhren mit dem Kanu auf dem Rio Yavari. Von ihrer Abenteurreise erzählt ein Buch.

Joey Kelly und Till Lindemann im Urwald, Lindemann lehnt sich an einen gigantischen Baum
So kräftig, dass sogar der Tropenbaum nachgibt: Till Lindemann und Joey Kelly im AmazonasBild: Thomas Stachelhaus/National Geographic

Zwei Männer schultern eine Anaconda. Wie eine Federboa windet sie den schuppigen Leib um ihre Oberkörper. Es sind Till Lindemann und Joey Kelly. Das Cover des neuen Bildbands "Amazonas", das in Fotos und Interviews die Reise der beiden Musiker und Freunde an den Amazonas-Nebenfluss Rio Yavari dokumentiert, spricht für sich. Till Lindemann, der sonst als Sänger der Band "Rammstein" oder neuerdings auch solo auf der Bühne steht, wirkt hier im verschwitzten T-Shirt und mit ungekämmtem Haar, als wäre er ein moderner Laokoon, der sich seinen Sieg über das Urwaldtier mühelos erkämpft hat.

Schlangenbändiger im Urwald: Cover des Bildbands "Amazonas"

"Respekt hatte ich schon vorher. Trotzdem konnte ich mich nicht zurückhalten, Fotos mit Schlangen zu machen. Ich liebe Schlangen. Dem Joey sind sie unheimlich", erklärt Till Lindemann in einem Interview im Buch. Trotzdem gibt auch Joey Kelly, Mitglied der "Kelly Family" und Extremsportler, mit tief sitzender Basecap den lässigen Schlangenbändiger. Von diesen beiden Männern lässt sich etwas lernen. Lektion eins: Der Amazonas ist nichts für Softies.

Erst Alaska, jetzt der Amazonas

Mit Joey Kelly ist der Rammstein-Frontmann bereits zum zweiten Mal auf eine Reise in die unbekannten Weiten abgelegener Naturräume aufgebrochen. Auf einen Trip auf dem Fluss Yukon durch Alaska, von dem ebenfalls im Anschluss ein Fotoband veröffentlicht wurde, folgte nun ein weitaus gefährlicheres Ziel: das Amazonas-Gebiet in Südamerika. Da denkt man doch an die abenteuerlichen Berichte des großen Naturforschers Alexander von Humboldt. Doch während sich der wissbegierige Humboldt mit seinem Begleiter Aimé Bonpland im 19. Jahrhundert fünf Jahre durch den Amazonas-Dschungel schlug, waren Lindemann und Kelly nur wenige Wochen für einen Urlaub unterwegs.

Wie es in der Ankündigung des National Geographic Verlags, der den 240 Seiten starken Band herausgegeben hat, heißt, machten sie sich auf, um den "Mythos Amazonas" zu erkunden. Sie suchten nach anderen Herausforderungen als in Alaska. "Der Kontrast ist jetzt deutlich größer, der Amazonas ist das genaue Gegenteil vom Yukon, er hat eine völlig andere Tier- und Pflanzenwelt. Nicht zu vergessen: die wunderbaren Farben Südamerikas!" Im Interview, das dem Buch vorangestellt ist, erzählen beide, was sie erlebt haben. Joey Kelly: "Ich habe mir von den Indios die Technik des Fischens mit Wurfnetzen zeigen lassen und Lebewesen aus dem Fluss geholt, für die jeder Aquarianer 3000 bis 4000 Euro ausgeben würde: Skalare, Diskusfische, Harnischwelse, Saugwelse, überhaupt Welse in jeder Form und Größe. Ich weiß nicht, wie viele Hundert Arten von Welsen es gibt. Es war der Wahnsinn!"

Joey Kelly und Till Lindemann versinken nicht im Rauch der Urwaldbrände, sondern im MorgennebelBild: Thomas Stachelhaus/National Geographic

Dass diese Reise auch im 21. Jahrhundert ihre Tücken haben kann, beweist ein Interview, das die beiden dem Magazin "Playboy" für die Dezemberausgabe gaben. Joey Kelly erzählt, wie er bei einem Bad in unbekanntem Gewässer nur knapp dem Angriff von Piranhas auf sein Geschlechtsteil entkommen konnte. Lektion zwei: Der Amazonas ist kein Jacuzzi.

Flirten mit der Schlange

Begleitet wurden die beiden Musiker von den Fotografen Thomas Stachelhaus und Matthias Matthies. Sie haben die Reise in 130 Fotografien eingefangen und zeigen die beiden im Kanu, beim Fischen und beim Feuermachen. Die Pracht der Tropen hat es nicht immer leicht gegen die Porträtierten anzukommen, deren Oberarme vom Umfang einer Liane es problemlos mit denen des Barbaren Conan aufnehmen könnten. Joey Kelly, der als Extremsportler schon überall auf der Welt unterwegs war, erzählt, wie anstrengend die Tour war. "Die Strecke war teilweise sehr anspruchsvoll zu fahren, sie ist sehr kurvenreich, man muss ständig paddeln, gegensteuern, dann kommen Untiefen, es wird flach und man muss das Boot umsetzen."

Definitiv kein Piranha an der Angel von Till Lindemann...Bild: Thomas Stachelhaus/National Geographic

Stimmungsvolle Bilder aus dem Urwald

Doch es wurde nicht nur gepaddelt. Mal zeigen die Fotos, wie die beiden lässig an Urwaldbäumen lehnen, mal werfen sie im abnehmenden Licht des Mondes ihre Angel aus. Ein Gedicht neben einer dieser Fotografien trägt den Titel: "Ich brauch dich nicht".

Till Lindemann, der seit 1994 Sänger und Texter der Band Rammstein ist, einer der wohl erfolgreichsten deutschen Bands überhaupt, veröffentlicht in "Amazonas" auch neue, unbekannte Gedichte. Lektion drei: Der Amazonas ist ein Brutkasten für Poesie.

Till Lindemann: "Ich fand es erstaunlich, dass es in jedem Dorf, egal wie abgelegen, Kühlschränke mit kaltem Bier gab"Bild: Thomas Stachelhaus/National Geographic

Zwischen all den atmosphärischen und auch am Computer bearbeiteten Bildern kommt allerdings eine Tatsache zu kurz: Längst ist der Urwald kein unberührtes Paradies mehr, sondern massiv von Rodung, Raubbau und Klimaschäden bedroht. Doch diese Entwicklung spielt in dem Bildband der beiden Musiker nur eine untergeordnete Rolle.

 "Amazonas - Reise zum Río Yavarí" von Joey Kelly und Till Lindemann. Erschienen bei National Geographic Deutschland, 240 Seiten.

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