1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikEuropa

Timmermans: Der Druck der Jugend hilft

Rebecca Ritters
22. April 2021

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, ist froh, dass die USA wieder mitziehen beim Klimaschutz. Unser Leben werde sich drastisch ändern, sagt Timmermans im DW-Interview.

Frans Timmermans
Bild: picture-alliance/dpa/AP/F. Seco

Deutsche Welle: Die USA haben gerade ein neues Klimaziel angekündigt. Die USA sind auch der größte Verschmutzer in der Welt. Wir haben vier Jahre mit einem Präsidenten Trump hinter uns, der den Klimawandel geleugnet hat. Hat Präsident Joe Biden die USA jetzt zurückgeführt in den Kampf gegen die Klimaerwärmung?

Frans Timmermans: Ein absolutes Ja! Seine Führung wird sich weltweit bemerkbar machen. Unglücklicherweise hat die amerikanische Regierung in den letzten vier Jahren hauptsächlich bestritten, dass es den Klimawandel gibt. Aber in vielen Bundesstaaten, Gemeinden und Unternehmen hat man verstanden, was die Krise ausmacht. Auf diesen Ebenen wurde vieles getan. Man startet jetzt nicht bei Null. Es ist großartig zu sehen, dass die Bundesebene sich jetzt verpflichtet. Es wird uns helfen, den Rest der Welt davon zu überzeugen, das Gleiche zu tun.

Welche Rolle kann Europa spielen im Umgang mit großen Verschmutzern wie den USA und China?

Offen gesagt waren wir ja die Ersten, die angekündigt haben, dass wir im Jahr 2050 ein klimaneutraler Kontinent sein werden. Wir sind auch die Ersten, die das Ziel in dieser Woche in ein Gesetz gegossen haben - und auch schon die Klimaziele für 2030, die uns zu einer Verringerung des Ausstoßes um 55 Prozent verglichen mit dem Jahr 1990 bringen. Wir sind als Europäer die Vorreiter. Wir wollen diese Führungsrolle behalten. Sollten wir die Führung an die Amerikaner verlieren, ist mir das eigentlich auch egal, so lange wir alle am gleichen Strang ziehen und uns alle verpflichten, zur Mitte des Jahrhundert die Klimaneutralität zu erreichen.

Europäische Staaten, besonders die großen Industriestaaten, tragen mehr zum Klimaschutz bei, als sie das gemessen an ihrem Ausstoß von schädlichen Abgasen fairerweise eigentlich müssten. Was ist geplant?

Alle EU-Mitglieder haben sich auf unsere ehrgeizigen Ziele für 2030 und 2050 festgelegt. Jetzt geht es darum, dass wir dieses Geschäft auch ernst nehmen. Wir werden dem Europäischen Parlament und den Mitgliedsstaaten konkrete Vorschläge für ein Gesetzespaket bis Ende Juni unterbreiten, das den größten Teil unserer Wirtschaft umkrempeln wird. Es soll sicherstellen, dass wir weniger Energie verbrauchen und uns in Richtung erneuerbare Energie bewegen. Wir müssen unsere Mobilität, unseren Transport verändern und Kohlendioxid mit einem Preisschild versehen. All das wird großen Wandel bringen, damit wir unsere ehrgeizigen, aber dennoch realistischen Ziele für 2030 erreichen können.

Klima-Proteste in Bonn: Junge Leute machen seit Jahren Druck (März 2021)Bild: Thilo Schmuelgen/REUTERS

Immer mehr junge Leute protestieren gegen den Mangel an durchschlagenden Aktionen gegen den Klimawandel. Versäumt es die aktuelle Führungselite, die Klimazukunft der jungen Generation zu sichern?

Ich bin den jungen Leuten sehr dankbar, denn ohne die Proteste und den Druck auf uns hätten wir nie einen europäischen "grünen Pakt" beschlossen. Sie sehen aber, dass sich die Dinge jetzt sehr schnell ändern. Ich verstehe, wenn die Jungen sagen, es geht nicht schnell genug, aber wir verändern uns. Das ist ein fundamentaler Wandel nicht nur in der Art und Weise, wie wir Politik gestalten, sondern in der Art und Weise wie wir als Menschen leben. Wir müssen lernen, innerhalb der Schranken unseres Planeten zu leben. Das ist sehr schwierig, das gebe ich zu, aber es ist möglich. Dank der jungen Leute, die den Druck aufrecht erhalten, werden wir es am Ende schaffen. 

Frans Timmermans (59) ist Erster Vizepräsident der EU-Kommission in Brüssel. Der Sozialdemokrat aus den Niederlanden ist für Klimapolitik und den "Green Deal", neues ökologisches Wirtschaften, zuständig.

Die Fragen stellte Rebecca Ritters.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen