Todesschuss bei Filmdreh: Neue Anklage gegen Alec Baldwin
20. Januar 2024
Der tödliche Schuss bei Aufnahmen für den Western "Rust" beschäftigt weiter die US-Justiz. Hollywoodstar Alec Baldwin soll nun doch wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung vor Gericht kommen.
Anzeige
Dreharbeiten auf einer Ranch in Santa Fe im Südwesten der USA: Schauspieler Alec Baldwin hantiert mit einer Waffe. Ein Schuss fällt. Doch statt einer Platzpatrone steckt eine richtige Kugel im Colt. Kamerafrau Halyna Hutchins wird getroffen und stirbt. Mehr als zwei Jahre ist das jetzt her und die juristische Aufarbeitung ist noch nicht abgeschlossen: Baldwin muss sich nun erneut vor Gericht verantworten.
Eine Grand Jury im US-Bundesstaat New Mexiko, wo der Drehort liegt, hat den 65-Jährigen wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Dies gab das zuständige Gericht am Freitag bekannt. Bereits vor einem Jahr war eine ähnliche Anklage gegen den Hollywood-Star erhoben, aber wenige Monate später wieder fallengelassen worden.
"Wir freuen uns auf unseren Tag vor Gericht", schreiben Baldwins Anwälte Luke Nikas und Alex Spiro in einer Mitteilung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Ein Prozess-Termin wurde zunächst nicht bekannt. Die Sonderermittler der Anklage hatten den Fall im vorigen Jahr einer Grand Jury vorgelegt, um ein neues Strafverfahren gegen Baldwin anzustrengen.
Bis zu 18 Monate Haft möglich
In den USA untersucht eine Grand Jury Straftaten, wenn die Staatsanwaltschaft Beweismittel vorgelegt hat. Das Gremium entscheidet dann, ob Anklage erhoben werden soll oder nicht. Im Fall Baldwin sprach sich die Grand Jury in New Mexico nun für zwei mögliche Vorwürfe von fahrlässiger Tötung aus: entweder wegen fahrlässiger Verwendung einer Schusswaffe oder wegen einer Handlung mit Todesfolgen bei völliger Missachtung oder Gleichgültigkeit gegenüber der Sicherheit anderer Personen.
Dem Schauspieler drohten im Falle einer Verurteilung bis zu 18 Monate Haft, berichten US-Medien. Bei den Dreharbeiten zu dem Western "Rust" im Oktober 2021 in Santa Fe war nicht nur die 42-jährige Kamerafrau Hutchins tödlich verletzt worden. Auch Regisseur Joel Souza erlitt eine Schussverletzung. Baldwin war Hauptdarsteller und Produzent des Films. Er hatte bei der Probe für eine Szene die Waffe in der Hand, als sich der Schuss mit der Kugel löste.
Wie das geschehen konnte, ist noch immer unklar - unter anderem ist noch nicht ermittelt, wie die scharfe Munition ans Filmset gelangte. Nach "umfangreichen Untersuchungen" in den vergangenen Monaten seien zusätzliche Fakten ans Licht gekommen, die aus ihrer Sicht eine Strafbarkeit von Baldwin aufzeigen, hatten die Sonderermittler Kari Morrissey und Jason Lewis im Oktober mitgeteilt. Baldwins Anwälte schrieben damals in einer Stellungnahme, es sei bedauerlich, dass eine "schreckliche Tragödie" in eine "missgeleitete Strafverfolgung" verwandelt werde.
Anzeige
Neues Gutachten belastet Baldwin
Baldwin und die Waffenmeisterin Hannah Gutierrez-Reed waren im Januar 2023 wegen fahrlässiger Tötung angeklagt worden, im April wurde die Anklage gegen Baldwin zunächst fallengelassen. Es seien weitere Untersuchungen und forensische Analysen erforderlich, hieß es damals. Die Anklage gegen Gutierrez-Reed blieb bestehen, der Prozess gegen sie ist für Ende Februar geplant.
Beide haben die Schuld an dem fatalen Unfall stets von sich gewiesen. Baldwin beteuerte in Interviews, dass er den Abzug nicht betätigt habe. Die Ermittler prüften unter anderem, ob eine mögliche Fehlfunktion der Waffe zum Auslösen hätte führen können. Die US-Bundespolizei FBI hatte bei einem Test festgestellt, dass Pistolen dieser Bauart ausgelöst werden können, ohne dass der Abzug betätigt wird, beispielsweise durch Fallenlassen der Waffe.
Doch ein im August veröffentlichtes Gutachten von zwei Schusswaffenexperten belastet den Schauspieler neu. "Obwohl Alec Baldwin wiederholt bestreitet, den Abzug betätigt zu haben, musste der Abzug angesichts der hier berichteten Tests, Befunde und Beobachtungen ausreichend betätigt oder niedergedrückt werden, um den vollständig gespannten oder eingezogenen Hahn des Revolvers zu lösen", zitiert das Branchenmagazin "People" aus dem Bericht der Fachleute.
Kamerafrau Hutchins hinterließ einen Ehemann und einen Sohn. Witwer Matthew Hutchins ging im Februar 2022 mit einer Zivilklage gegen Baldwin und andere Mitwirkende vor. Im Oktober gab er dann aber bekannt, man habe sich außergerichtlich geeinigt und die Klage beigelegt.
Die zunächst eingestellten Dreharbeiten zu "Rust" waren im vorigen April fortgesetzt worden. Baldwin spielt in dem Western den Banditen Harland Rust, auf den ein Kopfgeld ausgesetzt ist. Matthew Hutchins war als ausführender Produzent beteiligt. Sie wollten mit der Fertigstellung des Films die Arbeit von Halyna Hutchins würdigen, hieß es damals.
AR/se (dpa, afp, ap)
Tragische Unfälle bei Dreharbeiten
Schauspieler Alec Baldwin schießt am Set zu "Rust" versehentlich auf zwei Menschen. Nicht zum ersten Mal kommt es bei Dreharbeiten zu so einem tragischen Unfall.
Bild: Rich Polk/Getty Images for IMDb
Alec Baldwin - "Rust"
Bei den Dreharbeiten zu "Rust" löst sich ein Schuss aus einer Requisitenwaffe, die Alec Baldwin in der Hand hält. Später gibt der Schauspieler an, nicht gewusst zu haben, dass sie mit echter Munition geladen war: Die Schüsse treffen Kamerafrau Halyna Hutchins, die kurz darauf ihren Verletzungen im Krankenhaus erliegt. Filmregisseur Joel Souza wird bei dem Vorfall ebenfalls angeschossen.
Bild: Rich Polk/Getty Images for IMDb
Brandon Lee - "The Crow"
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Unglück mit Todesfolgen an einem Filmset geschieht: 1993 stirbt Brandon Lee, der Sohn von Kampfsportlegende Jason Lee, bei Dreharbeiten zu "The Crow". In einer Requisitenwaffe steckt eine echte Patronenhülse. Die Kugel trifft raf Lee in den Bauch. Er erliegt kurz darauf seinen Verletzungen. Lee wurde 28 Jahre alt. Der Film wurde dennoch fertig gestellt.
Bild: United Archives/IMAGO
"Twilight Zone"
Beim letzten Drehtag zu "Twilight Zone" sterben drei Menschen bei einem schrecklichen Unfall: Schauspieler Vic Morrow (53) und die beiden Kinderschauspieler Renee Shinn Chen (6) und Myca Dinh Le (7) fliehen in einer Kriegsszene vor einem Helikopter. Spezialeffekte in Form von Explosionen werden gezündet. Der Pilot des Helikopters verliert die Kontrolle und stürzt auf die drei Darsteller.
Bild: AP Photo/picture alliance
"In tödlicher Mission"
Auch die James-Bond-Reihe wird von einem Unfall mit Todesfolgen überschattet: In "In tödlicher Mission" wird Roger Moore als James Bond durch eine Bobbahn in Cortina d‘Ampezzo verfolgt. Beim Dreh dieser Szene wird der beteiligte Viererbob an der falschen Stelle aus der Bahn geschleudert und prallt auf einen Baum. Der junge Stuntman Paolo Rigon, der vorne im Schlitten sitzt, kommt ums Leben.
Noch einmal Glück gehabt, hat Jason Statham (2.v.l.) beim Dreh zum Actionfilm "The Expendables 3". Der Schauspieler sollte einen LKW am Rand eines Piers entlang manövrieren. Als er das Auto stoppen will, versagen die Bremsen. Statham rast mit voller Geschwindigkeit ins Meer. Glücklicherweise kann er sich selbstständig aus der Fahrerkabine befreien, bevor der Wagen untergeht.
Bild: Ian Langsdon/EPA/picture alliance
Tom Cruise - "Mission Impossible 6"
Auch Tom Cruise kam noch mal mit einem blauen Auge davon. Der Schauspieler ist dafür bekannt, dass er seine Stunts selbst macht. Beim Dreh zu "Mission Impossible 6" springt Cruise von einem Hausdach auf ein anderes. Bei seiner Landung rammt er mit dem Fuß in einem so ungünstigen Winkel gegen die Hauswand, dass der Knöchel bricht. Cruise war gesichert, sonst wäre er in die Tiefe gestürzt.
Bild: Paramount Pictures/Zuma Press/IMAGO
Jackie Chan
Auch Actionstar Jackie Chan ist dafür bekannt, seine Stunts selbst zu realisieren. Schon mehrmals hat er sich schwere Verletzungen zugezogen. Unter anderem erleidet er beim Dreh zu "Der rechte Arm der Götter" einen Schädelbasisbruch, als er von einem Baum fällt. Trotz eines sofortigen chirurgischen Eingriffs bleiben Folgeschäden zurück: Seit dem Unfall hört Jackie Chan auf dem rechten Ohr schwer.
Bild: Constantin/dpa/picture alliance
Margaret Hamilton - "Der Zauberer von Oz"
In "Der Zauberer von Oz" soll sich Margaret Hamilton in Rauch auflösen. 1939 gibt es noch keine Computerspezialeffekte; die Szene soll mit Rauch, Pyrotechnik und einer exakt platzierten Falltür entstehen. Die Falltür öffnet sich allerdings nicht schnell genug, wodurch Flammen Hamiltons Gewand erfassen und ihr schwere Brandverletzungen zufügen. Die Szene wird trotzdem für den Film verwendet.
Bild: Mary Evans Picture Library/picture-alliance
Leonardo DiCaprio - "Django Unchained"
Es kommt häufig vor, dass Szenen, in denen sich die Stars verletzten, dennoch für den fertigen Film verwendet werden. So auch jene Szene, in der sich Leonardo DiCaprio in "Django Unchained" die Hand verletzt, als er sie auf einen Glastisch schmettert. DiCaprio spielt trotz blutender Hand weiter und lässt sich erst verarzten, als die Szene im Kasten ist.
Bild: Andrew Cooper/SMPSP/The Weinstein Company/AP Photo/picture alliance
Martin Sheen - "Apocalypse Now"
Auch die Anfangsszene aus Francis Ford Coppolas Kriegsfilm "Apocalypse Now" ist echt: Martin Sheen (l.) war während des Drehs alkoholabhängig. Er taucht betrunken am Set auf und zerschlägt mit bloßer Hand einen Spiegel. Dann verteilt er das Blut auf dem Bett und in seinem Gesicht. Die Szene passt so gut zu der Persönlichkeit, die Sheen im Film verkörpert, dass Coppola sie nicht rausschneidet.