Todesstrafe für Bangladeschs Ex-Regierungschefin Hasina
17. November 2025
Bangladesch im Sommer 2024: Überall in dem südasiatischen Land protestieren Bürger. Die Staatsgewalt geht mit tödlicher Gewalt gegen die regierungskritischen Demonstranten vor. Die Lage eskaliert immer weiter. Offenbar auf Druck des Militärs tritt Ministerpräsidentin Sheikh Hasina schließlich zurück und flieht Anfang August 2024 per Hubschrauber nach Indien.
Gut ein Jahr nach ihrer Flucht ist Hasina nun in ihrer Heimat in Abwesenheit verurteilt worden. Ein Kriegsverbrechertribunal in Dhaka sprach die 78-Jährige an diesem Montag wegen des gewaltsamen Vorgehens gegen die Protestierenden schuldig. Hasina soll laut Anklage den direkten Befehl gegeben haben, auf Demonstranten schießen zu lassen.
"Verbrechen gegen die Menschlichkeit"
"Alle Elemente eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit sind gegeben", sagte Richter Golam Mortuza Mozumder. Das Gericht habe daher die Todesstrafe gegen Hasina verhängt. Das Tribunal befand sie für schuldig, die Niederschlagung des Aufstands angeordnet zu haben.
Nach der Verkündung des Todesurteils brandete im Gerichtssaal Jubel und Applaus auf. Die Ex-Regierungschefin hatte sich der Anordnung des Gerichts widersetzt, für den Prozess nach Bangladesch zurückzukehren.
"Wir haben die Kontrolle über die Situation verloren", verteidigte Hasina ihr damaliges Vorgehen in einer ersten Stellungnahme nach dem Urteil. "Aber das Geschehen als vorsätzlichen Angriff auf Bürger zu bezeichnen, ist einfach eine Fehlinterpretation der Tatsachen."
Die 78-Jährige sprach im indischen Exil von einem politisch motivierten Urteil: "Ich habe keine Angst, meinen Anklägern in einem ordentlichen Gericht gegenüberzutreten, in dem Beweise fair abgewogen und geprüft werden können."
Neue Unruhen befürchtet
Gegen das Urteil kann Berufung beim Obersten Gerichtshof eingelegt werden. Hasinas Sohn und Berater, Sajeeb Wazed, sagte der Nachrichtenagentur Reuters jedoch am Vorabend des Richterspruchs, man werde nicht in Berufung gehen, solange keine demokratisch gewählte Regierung unter Beteiligung der Partei seiner Mutter, der Awami-Liga, im Amt sei.
Das Urteil ist wenige Monate vor den für Anfang Februar erwarteten Parlamentswahlen gefällt worden, von denen die Awami-Liga ausgeschlossen ist. Es wird befürchtet, dass der Schuldspruch Hasinas zu neuen Unruhen führen könnte.
In einer ersten Reaktion sagte Thomas Kean von der Denkfabrik Crisis Group, in Bangladesch werde die Verurteilung von Hasina weithin begrüßt. In dem Land bestünden kaum Zweifel an ihrer Verantwortung für die Gräueltaten gegen Demonstranten im Juli und August 2024.
Dennoch habe es auch Kritik gegeben. "Prozesse in Abwesenheit sind oft Anlass für Kontroversen." In diesem Fall werfen die Eile, in der die Anhörungen durchgeführt wurden, und mangelnde Ressourcen der Verteidigung Fragen der Fairness auf, wird Kean von der Katholischen Nachrichten-Agentur zitiert. Das Verhalten Hasinas, der Führung ihrer Partei sowie von Teilen der Sicherheitskräfte dürfe damit aber nicht verharmlost werden.
Umstrittenes Quotensystem als Auslöser des Protests
Der von Studierenden angeführte Protest im Juli und August 2024 hatte sich zunächst gegen ein umstrittenes Quotensystem bei der Vergabe von Regierungsjobs in Bangladesch gerichtet. Daraus entwickelte sich später eine Massenbewegung gegen Sheikh Hasina und ihre Regierung.
Beim Versuch, die Proteste niederzuschlagen, wurden nach UN-Angaben rund 1400 Menschen getötet und Tausende weitere verletzt. Es waren die schwersten Gewaltausbrüche in Bangladesch seit dem Unabhängigkeitskrieg von 1971.
Seit Hasinas Flucht wird das südasiatische Land mit 170 Millionen Einwohnern von einer Übergangsregierung unter der Leitung des Friedensnobelpreisträgers Muhammad Yunus geführt. Obwohl es seitdem weitgehend friedlich blieb, ist die politische Stabilität noch nicht wiederhergestellt. Im Vorfeld der Urteilsverkündung war die Lage angespannt.
Landesweit wurden in den vergangenen Tagen mindestens 30 Sprengsätze gezündet und 26 Fahrzeuge in Brand gesetzt. Auch an diesem Montag herrschen verschärfte Sicherheitsvorkehrungen in Dhaka und anderen großen Städten des Landes.
AR/haz (rtr, afp, dpa, ap)
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