Erstmals bei einer olympischen Eröffungsfeier tragen eine Frau und ein Mann gemeinsam die deutsche Fahne ins Stadion: Rio-Olympiasiegerin Laura Ludwig und Rekord-Europameister Patrick Hausding.
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Laura Ludwig und Patrick Hausding werden das deutsche Olympia-Team bei der Eröffnungszeremonie am Freitag als Fahnenträger ins Kasumigaoka National Stadium in Tokio führen. Die Beachvolleyball-Olympiasiegerin von 2016 und der Wassersprung-Rekordeuropameister erhielten die meisten Stimmen bei der Publikumswahl des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) und seiner Medienpartner. Auch die Athletinnen und Athleten des deutschen Teams stimmten mit ab. "Du musst die Fahne tragen, du hast den größeren Bizeps", sagte Ludwig mit einem Augenzwinkern in Richtung Hausdings. Zum Auftakt der Spiele 2016 in Rio de Janeiro hatte Tischtennisspieler Timo Boll das Team ins Stadion geführt.
Die 35-jährige Ludwig hatte vor fünf Jahren olympisches Gold mit ihrer damaligen Partnerin Kira Walkenhorst gewonnen. In Tokio startet sie an der Seite von Margareta Kozuch. Hausding zählt seit Jahren zur Weltklasse im Wasserspringen. Der 32-Jährige holte 2008 in Peking Silber im Synchronspringen vom 10-Meter-Turm und Bronze 2016 im Einzel von 3-Meter-Brett.
Zeichen für Gleichstellung
Auch das US-Team wird bei der Eröffnungsfeier von einer Frau und einem Mann angeführt: der Ausnahme-Basketballerin Sue Bird und Baseball-Spieler Eddy Alvarez. Die 40 Jahre alte Bird, die an ihren fünften Olympischen Spielen teilnimmt, ist die Verlobte der auch politisch stark engagierten Fußballerin Megan Rapinoe.
An der Spitze der britischen Mannschaft werden Seglerin Hannah Mills und Ruderer Mohamed Sbihi in Stadtion einziehen. Der 33 Jahre alte Sbihi, der 2016 in Rio Gold mit dem Vierer ohne Steuermann gewann, ist der erste muslimische Fahnenträger für Großbritannien.
Brasiliens Team wird - als Vorsichtsmaßnahme gegen mögliche Corona-Infektionen seiner Olympia-Startenden - nur von einigen Offiziellen und seinen beiden Fahnenträgern vertreten: der Judoka Ketleyn Quadros und dem Volleyballer Bruno Rezende.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte alle teilnehmenden Teams ermuntert, jeweils eine Frau und einen Mann mit der Aufgabe zu betrauen, die Nationalfahne ins Olympiastadion von Tokio zu tragen. Damit wollte das IOC ein Zeichen für die Gleichstellung der Geschlechter setzen.
Bei den bisherigen Olympischen Spielen im Sommer und Winter seit der Wiedervereinigung 1990 führten zehn Männer, aber nur fünf Frauen das deutsche Team ins Olympiastadion.
Wer bei den Olympischen Spielen der deutschen Mannschaft bei der Eröffnungsfeier mit der Fahne vorangeht, hat meist zuvor bereits Erfolge bei Olympia gefeiert. Eine 2,13 Meter große Ausnahme gibt es.
Bild: Sven Simon/dpa/picture alliance
Helsinki 1952 - Friedel Schirmer
Als deutsche Sportlerinnen und Sportler nach dem Zweiten Weltkrieg wieder bei Olympischen Spielen willkommen sind, führt Zehnkämpfer Friedel Schirmer sie an. Er ist ehemaliges NSDAP-Mitglied und war russischer Kriegsgefangener. Durch eine Verletzung beeinträchtigt, wird er in Helsinki Achter. Nach seiner Karriere wird Schirmer Zehnkampf-Bundestrainer und später Bundestagsabgeordneter der SPD.
Bild: AP/dpa/picture alliance
Rom 1960 - Fritz Thiedemann
Der Springreiter übernimmt den Job in Rom schon zum zweiten Mal. 1956, als die Reiter wegen der strengen Quarantäne-Bestimmungen nicht zum eigentlichen Olympiaort Melbourne reisen, sondern in Stockholm starten, reitet er bei der Eröffnungsfeier der Reiterspiele mit der deutschen Fahne als Erster ins Stadion. Bei beiden Spielen gewinnt Thiedemann mit der deutschen Equipe Gold.
Bild: picture-alliance / dpa
Tokio 1964 - Ingrid Engel-Krämer
Von 1956 bis 1968 ziehen Sportlerinnen und Sportler aus DDR und BRD gemeinsam ins Stadion ein. In Tokio führt DDR-Wasserspringerin Ingrid Engel-Krämer die gesamtdeutsche Olympiamannschaft an. Engel-Krämer ist die erste deutsche Frau, die die Fahne ins Olympiastadion tragen darf. Sie gewinnt in Tokio Gold vom 3-Meter-Brett und Silber vom 10-Meter-Turm.
Bild: dpa/picture alliance
München 1972 - Detlef Lewe
Deutschlands Fahnenträger der "Heim-Spiele" ist 1972 bereits zum vierten Mal bei Olympia dabei. Zwischenzeitlich hat der Kanute seine Karriere schon beendet, startet aber vor München ein Comeback. Es lohnt sich: Wie 1968 gewinnt er im Einer-Canadier Bronze. Und er erlebt aus nächster Nähe, wie die deutsche Hürdenläuferin Heidi Schüller (l.) als erste Frau den olympischen Eid spricht.
Bild: Hartmut Reeh/dpa/picture alliance/dpa
Montreal 1976 - Hans Günter Winkler
Der erfolgreichste deutsche Springreiter erlebt in Kanada bereits seine sechsten Spiele und ist schon fünffacher Olympiasieger, als ihm die Ehre des Fahnenträgers zuteil wird. Bei seiner letzten Olympia-Teilnahme reicht es für Winkler und sein Pferd Torphy aber "nur" zu Silber mit der deutschen Mannschaft.
Bild: dpa/picture-alliance
Moskau 1980 - Kristina Richter
Vier Jahre später boykottieren die USA und andere westliche Staaten, darunter auch die BRD, die Olympischen Spiele. Für die DDR, die als russischer Vasallenstaat selbstverständlich teilnimmt, trägt Handballerin Kristina Richter die Fahne bei der Eröffnungsfeier ins Stadion. In Moskau gewinnt die Rückraumspielerin mit der DDR-Auswahl die Bronzemedaille.
Bild: Hartmut Reeh/dpa/picture alliance
Los Angeles 1984 - Willi Kuhweide
Als 1984 die USA Olympia-Gastgeber sind, revanchieren sich Russland und andere Ostblock-Staaten ebenfalls mit einem Boykott. So ist die BRD-Fahne die einzige deutsche Fahne bei der Eröffnungsfeier im "Coliseum" von Los Angeles. Sie wird getragen von Segler Willi Kuhweide, der 1964 Gold in der Bootsklasse Finn Dinghy und 1972 im Starboot Bronze gewann. 1984 geht er im Soling leer aus.
Bild: IOPP/dpa/picture-alliance
Sydney 2000 - Birgit Fischer
Was die Anzahl der Medaillen angeht, hätte es keine geeignetere Fahnenträgerin geben können als die Kanutin, die schon 1996 in Atlanta bei der Schlussfeier die deutsche Fahne trug. Fünfmal ist sie vor Sydney bereits Olympiasiegerin und hat zweimal Silber gewonnen. In Australien kommt zweimal Gold hinzu, vier Jahre später in Athen noch einmal Gold und einmal Silber.
Bild: Werek/dpa/picture-alliance
Athen 2004 - Ludger Beerbaum
Im Mutterland der Olympischen Spiele geht mal wieder ein Reiter voran. Der vierfache Olympiasieger weiß zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht, dass ihm die Spiele 2004 in Athen jede Menge Ärger einbringen werden. Wegen einer unerlaubten Medikation bei Beerbaums Pferd Goldfever wird der deutschen Springreit-Mannschaft die Goldmedaille nachträglich aberkannt.
Bild: picture-alliance/dpa/G.Breloer
Peking 2008 - Dirk Nowitzki
Der 2,13 Meter große Basketballer wäre wohl auch ohne Fahne aus dem deutschen Olympia-Team herausgestochen. Für Nowitzki ist es eine "unfassbare Ehre", die Fahne zu tragen. Er ist seit 1952 der erste deutsche Fahnenträger, der zuvor noch keine olympische Medaille gewann. Die gewinnt er auch in Peking nicht: Das DBB-Team wird Fünfter. Unvergessliche Spiele sind es für Nowitzki trotzdem.
Bild: picture-alliance/dpa
London 2012 - Natascha Keller
Die Eröffnungsfeier der Spiele in London setzt mit phantastischen Showelementen und einer unglaublichen Choreographie Maßstäbe. Als erste Deutsche darf Hockeyspielerin Natascha Keller, Olympiasiegerin von 2004, mit der deutschen Fahne in der Hand in die Arena. Sportlich wird es für sie dann eher mager: Die Hockey-Damen enttäuschen und belegen am Ende nur den siebten Platz.
Bild: picture alliance / Gladys Chai von der Laage
Rio de Janeiro 2016 - Timo Boll
Besser läuft es für den deutschen Fahnenträger vier Jahre später: Zwar scheidet Timo Boll im Einzel schon im Achtelfinale aus, tröstet sich aber im Team-Wettbewerb mit der Bronzemedaille. Insgesamt gewinnt Boll vier olympische Medaillen, alle mit der Mannschaft: Silber 2008 und 2020, Bronze 2004 und 2016. Möglicherweise kommt in Paris 2024, bei seinen siebten Spielen, noch eine Medaille hinzu.
Bild: Felix Kästle/dpa/picture alliance
Tokio 2021 - Laura Ludwig und Patrick Hausding
2021 gibt es eine Premiere: Der Deutsche Olympische Sportbund folgt der IOC-Empfehlung und nominiert erstmals ein Paar als Fahnenträger. Die Wahl fällt auf Beachvolleyballerin Laura Ludwig und Wasserspringer Patrick Hausding. Das Vergnügen wird in Tokio allerdings durch die Corona-Pandemie geschmälert. Alle müssen Masken tragen, und im Olympiastadion winkt man nur leeren Tribünen zu.
Bild: Sven Simon/imago images
Paris 2024 - Dennis Schröder
Eine Ehrung nach der anderen. Erst erhält Basketball-Star Dennis Schröder (r.) aus den Händen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (l.) das Silberne Lorbeerblatt, die höchste Sportauszeichnung Deutschlands. Und nun darf er bei der Olympia-Eröffnungsfeier in Paris auch noch die deutsche Fahne tragen. Verdienter Lohn für seine Glanzleistung als Spielmacher der Weltmeister-Mannschaft 2023.
Bild: Hannes P Albert/dpa/picture alliance
Paris 2024 - Anna Maria Wagner
Schröder teilt sich die Aufgabe mit Anna Maria Wagner. Zum zweiten Mal nach 2021 hat sich die Judoka in diesem Jahr den Titel der Weltmeisterin gesichert. Die Olympischen Spiele in Paris werden ihre zweiten. 2021 in Tokio gewann Wagner zweimal Bronze. Und nun trägt sie die deutsche Fahne.