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Der Meister des Dramas

2. Februar 2018

So langsam gehen seinen Fans die Superlative aus: Quarterback Tom Brady ist inzwischen "the greatest of all time". Vor dem 52. Super Bowl machen sich Alter und Fouls bemerkbar - doch Brady hat noch lange nicht genug.

Houston NFL Super Bowl New England Patriots vs Atlanta Falcons  Tom Brady
Der spektakulärste Sieg: Tom Brady führt sein Team beim Super Bowl 2017 aus dem Nichts zum SiegBild: USA Today Sports/Robert Deutsch

Seine neueste Spezialität ist das Drama. Einfache Siege hat er bereits zur Genüge gefeiert, nun liefert er seinen Fans packende Entscheidungen und unglaubliche Comebacks. So geschehen im Halbfinale der NFL-Meisterschaft gegen die Jacksonville Jaguars: Zur Pause lagen Bradys New England Patriots zurück, wirkten unterlegen und Brady, der erst wenige Tage zuvor an seiner Wurfhand mit zwölf Stichen genäht worden war, haderte mit sich selbst. Seine Pässe kamen nicht an, die Gegner setzten ihm zu und aus Frust schrie er seine eigenen Mitspieler an. Und dann, 2:48 Minuten vor dem Ende, wirft er einen chirurgisch genauen Pass auf Mitspieler Danny Amendola - der entscheidende Touchdown und der Einzug ins nächste Super-Bowl-Finale (5. Februar, ab 0 Uhr im DW-Liveblog).

Der Superstar: Brady ist ein Medienereignis, egal wo er hinkommt - und auch egal, was er sagtBild: Getty Images/A. Glanzman

Dafür lieben sie Tom Brady, den Siegertypen, der sich immer wieder aufrappelt und dann einfach gewinnt. Amerikanischer könnte seine Geschichte kaum sein. Voller Rückschläge, voller Siege, voller Emotionen. Der Quarterback ist eine Identifikationsfigur für viele US-Amerikaner. Auch weil er zu Beginn seiner Karriere kein Überflieger war, sich erst hocharbeiten musste. Thomas Edward Patrick Brady begann erst in der 9. Klasse der Junípero Serra High School in San Mateo mit Football und war zunächst nur Ersatzmann.

"Wir haben damals alle Spiele verloren", erinnert sich der 1,93-Hüne. "Ich wurde auf dem Campus ausgebuht." Schon damals lastete der Druck auf seinen Schultern. Alle erwarteten Großes von ihm und irgendwann begann er zu liefern. Im Rückblick glaubt Brady, dass ihn der frühe Druck an High School und College perfekt auf die Karriere in der NFL vorbereitet hat.

Längst hat er sein Kindheitsidol überflügelt

Gleich in seiner ersten Saison zeigte er im Haifischbecken National Football League sein Ausnahmetalent: Er stellte Rekorde für die meisten Passversuche (350) und die meisten vollständigen Pässe (214) auf und wurde in das All-Star-Team gewählt. Es folgte ein steiler Aufstieg zum besten Quarterback seiner Generation. Für seinen Ex-Teamkollegen Sebastian Vollmer hat Brady ein "gottgegebenes Talent", kein Superlativ scheint für diesen Mann zu groß. Inzwischen nennen ihn die Fans ehrfürchtig "the GOAT", the greatest of all time. In der Tat hat er mit fünf Super-Bowl-Titeln sein Kindheitsidol Joe Montana (4) überholt. Und Brady hat noch immer nicht genug. Er spielt seine 18. Saison und es soll noch lange nicht Schluss sein. Brady will noch bis Mitte 40 spielen. Im Durchschnitt beendet ein NFL-Profi seine Karriere bereits nach sechs Spielzeiten.

Glamourpaar: Topmodel Gisele Bündchen sorgt sich um die Gesundheit ihres MannesBild: Getty Images/A. H. Walker

Wissenschaftler haben bei Profispielern neben den üblichen Frakturen längst auch reihenweise Hirnverletzungen festgestellt. Warum tut sich Brady die ganze Härte des American Footballs immer noch an? "Wir sind Leute, die den Nervenkitzel lieben", hat er sich einmal an einer Erklärung versucht. "Einen Adrenalinrausch wie im Football erlebst du sonst fast nirgendwo." Und von dem kommt er eben nicht weg. Auch wenn seine Frau das wohl gerne hätte. Gisele Bündchen, einstmals das bestbezahlte Model der Welt, sorgt sich: "Football ist ein aggressiver Sport. Ich glaube nicht, dass es gesund ist, wenn man das dem Körper regelmäßig antut", sagte die Brasilianerin dem US-Sender CBS. "Ich sehe, wie hart dieser Sport dem Körper meines Mannes zusetzt. Welche Frau wäre da nicht besorgt." Unnötig zu erwähnen, dass das Paar auch mit solchen Zitaten zuverlässig die Klatschseiten der amerikanischen Boulevard-Presse füllt.

Brady geht täglich um 20:30 Uhr ins Bett

Die Fans freut es jedenfalls, dass Brady immer noch die Knochen hinhält. Mit seinen 40 Jahren ist er naturgemäß langsamer geworden und ist damit ein leichteres Tackling-Opfer für die Gegner, die alle ihn, die Lichtgestalt, stoppen wollen. Viele treffen ihn hart. Doch Brady richtet sich jedes Mal wieder auf. Angeblich lebt er fast wie ein Mönch, geht um 20:30 Uhr ins Bett, isst nur gesund, lebt für seinen Sport. Einer der den amerikanischen Traum von harter Arbeit und maximalem Erfolg vorlebt.

Hart im Nehmen: Tom Brady muss ständig einstecken - und steht dennoch immer wieder aufBild: Getty Images/Glanzman

Doch es ist ein schmaler Grat im brutalen Sport American Football. Mit jedem Tackling könnte seine Karriere vorbei sein. So ist jede seiner zahlreichen Verletzungen auch immer gleich eine landesweite Schlagzeile. Aktuell wird - wie fast vor jedem Super Bowl - mal wieder über eine Brady-Blessur diskutiert. Dieses Mal ist es die lädierte Wurfhand. In den letzten Tagen trainierte er wieder, allerdings mit schwarz bandagierter Hand, davor trug er einen Spezialhandschuh. Wird Brady seine Patriots im 52. Super Bowl gegen die Philadelphia Eagles noch einmal zum Sieg führen können? Die Chancen stehen nicht schlecht. Die Patriots sind das dominierende Team dieser Zeit, die Eagles werden Aggressivität und Laufspiel dagegen setzen.

Und wenn "the GOAT" will, schenkt er seinen Jüngern vielleicht auch wieder eines jener Dramen, für das sie ihn so lieben. Unvergessen, ja, historisch war seine Leistung beim Super Bowl 2017: Mit 3:28 lagen die New England Patriots gegen die Atlanta Falcons zurück. Niemand hätte mehr auch nur einen Cent auf die Patriots gesetzt. Doch 57 Sekunden vor dem Ende der regulären Spielzeit fiel der Ausgleich, in der Verlängerung trumpfte ein plötzlich überragender Brady auf und gewann. So kann es eben nur der "King of Comeback".

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