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Politik

Tory-Parteitag: Das Brexit-Schwert über May

1. Oktober 2018

Auch am zweiten Tag des Parteitags der britischen Konservativen bestimmt der Streit um den richtigen Brexit die Themenlage. Und verbal geprügelt wurde einmal nicht die Premierministerin, sondern ein anderer Politiker.

England Parteitag der Konservativen in Birmingham
Gediegenes Ambiente - gespannte Stimmung: Parteitag der Konservativen in BirminghamBild: Reuters/T. Melville

Zwar sind die britischen Konservativen tief zerstritten, wo nun der richtige Weg zum Austritt aus der Europäischen Union zu finden sei. Um die Partei zumindest für ein paar Minuten zu einigen, gibt es allerdings ein probates Mittel: Mit möglichst drastischen Worten auf ebenjene EU schimpfen. Und genau das tat Außenminister Hunt. Vor den Parteitags-Delegierten in Birmingham sagte er, die EU wolle Großbritannien wegen des Austritts "bestrafen" - und zog einen Vergleich zur ehemaligen Sowjetunion.

An die Adresse Brüssels gerichtet sagte Hunt: "Ihr scheint zu denken, dass Ihr den Club zusammenhalten könnt, indem Ihr ein Mitglied, das geht, bestraft." Die EU sei aber gegründet worden, "um Freiheit zu schützen". Es sei vielmehr die Sowjetunion gewesen, "die Leute daran gehindert hat zu gehen".

Hunt sieht die EU als Gefängnis

Die Lektion sei klar: "Wenn Ihr den EU-Club in ein Gefängnis verwandelt, wird der Wunsch auszutreten, nicht abnehmen; er wird zunehmen, und wir werden nicht der einzige Gefangene sein, der fliehen will", sagte der sonst für seinen gemäßigten Ton bekannte Außenminister, der als möglicher Nachfolger für Premierministerin Theresa May gilt.

Brexit-Minister Dominic Raab warnte die EU vor überzogenen Forderungen in den Austritts-Verhandlungen: "Unsere Bereitschaft zum Kompromiss ist nicht grenzenlos". Man warte noch immer auf eine glaubwürdige Antwort der EU auf die Vorschläge Londons. 

Raab sieht den Knackpunkt bei den Brexit-Verhandlungen im künftigen Status Nordirlands: Es dürfe keine neue Zollgrenze zwischen Nordirland und dem Rest Großbritanniens geben, wie sie der EU vorschwebe. "Wenn das einzige Angebot der EU unsere Einheit bedroht, dann wird uns keine andere Wahl bleiben, als ohne Abkommen auszutreten", hieß es in Raabs Rede.

"Kein Interesse an Details"

Doch ein Burgfriede war das noch nicht: Denn Finanzminister Philip Hammond - der eigentlich bekannt für eine zurückhaltende Ausdrucksweise ist - zog die Qualifikation von Hunts Amtsvorgänger Boris Johnson für das höchste Regierungsamt in Zweifel. Auf die Frage, ob Johnson Premierminister werden könne, sagte Hammond der Zeitung "Daily Mail": "Ich gehe nicht davon aus, dass das passiert."

Johnson sei "ein wunderbarer Typ", habe aber kein Interesse an Details. Wer jedoch mit der EU verhandele, müsse sich an Tatsachen und Details halten. In seiner Zeit als Londoner Bürgermeister habe Johnson zwar ein System für Leihfahrräder geschaffen, sonst aber keine nachhaltigen politischen Erfolge vorzuweisen.

Johnson hatte Mays Brexit-Pläne als Ergebnis geistiger Verwirrung und lächerlich bezeichnet. Er und andere Brexit-Hardliner fordern einen klaren Bruch mit Brüssel. Sein Auftritt vor den Parteitags-Delegierten wird für diesen Dienstag erwartet.

Die EU rügt Hunts Wortwahl

Ein halbes Jahr vor dem EU-Austritt Großbritanniens stehen sich das Lager von Premierministerin Theresa May und die innerparteilichen Kritiker ihrer Pläne unversöhnlich gegenüber. Der harte Brexit-Flügel der Konservativen wirft May zu weitreichende Zugeständnisse an die EU vor. 

May will eine Freihandelszone mit der Europäischen Union für Waren, aber nicht für Dienstleistungen wie Bankgeschäfte. Das lehnt die EU als "Rosinenpicken" ab. Auch an diesem Montag zeigten sich diverse EU-Politiker alles andere als begeistert von der Rhetorik des Tory-Parteitags.

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen kritisierte Hunts Russland-Vergleich und sprach von einem unangemessenen Ton. Auch in Brüssel stießen Hunts Äußerungen auf Kritik. "Ich würde respektvoll sagen, dass wir alle davon profitieren würden - und insbesondere die Außenminister - von Zeit zu
Zeit ein Geschichtsbuch zu öffnen", sagte der Sprecher von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Margaritis Schinas.

mm/rb (rtr, afp, dpa)

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