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Reise

Tour durch die Lutherstadt Marburg

15. Juni 2017

1529 hatte Martin Luther einen wichtigen Termin in der hessischen Universitätsstadt. Er traf sich mit seinem Kontrahenten Ulrich Zwingli. An den Schauplätzen können Besucher auf Zeitreise gehen.

Deutschland Blick über Marburg
Bild: picture-alliance/dpa/U. Zucchi

Über die Weidenhäuser Brücke soll Luther in der Reisekutsche über die Lahn gekommen sein, mit seinem ganzen Tross. In der Ferne lässt sich zwischen zwei Bergwipfeln noch die Schneise erahnen, damals der einzige Weg von Osten nach Marburg. 

Weidenhäuser Brücke und Alte Philipps Universität in Marburg an der LahnBild: picture-alliance

Es war der 30. September 1529. Auf dringenden Wunsch des hessischen Landgrafen Philipp sollte der Reformator seinen Kontrahenten Ulrich Zwingli treffen. Historiker und Schriftsteller Christoph Becker hat ein Buch über die Stadt und die Reformation geschrieben, Alltagsanekdoten inklusive. Für die Stadt Marburg begleitet er das Reformationsjubiläum 2017. "Man weiß: Luther ist aus seiner Kutsche ausgestiegen“, erzählt der Historiker: "Die Marburger haben sich die Augen ausgeguckt. Denn Luther war der bekannteste Mann Europas."

Zurück in die Vergangenheit

An diesem Septembertag 1529 ging Luther den steilen Weg hinauf in die Stadt, über den Marktplatz, zu einem Eckhaus, an dem heute ein Schild hängt: "Hier wohnte Dr. Martin Luther 1529." Becker lacht. "Man könnte drunter schreiben: für vier Stunden.“ Denn der Reformator zog sich in dem Gasthaus nur um und eilte weiter, hoch ins Schloss, wo ihn der Landgraf erwartete. Und sein Kontrahent Zwingli.

LandgrafenschlossBild: picture-alliance/dpa/U.Zucchi

Stiegen führen hoch zum Schloss, Fachwerkhäuschen schmiegen sich an den Berg. Auf dem Marktplatz sitzen Touristen beim Kaffee in der Sonne, sie sprechen deutsch, englisch, holländisch.

1529 lebten nur 3500 Menschen Marburg. In den Hinterhöfen waren die Schweineställe, Fäkalien wurden über die Gosse entsorgt oder den Schweinen verfüttert. "Hier wollen wir eine 'Stinkstation' aufbauen“, sagt Becker und deutet auf eine dunkle Ecke hinter St. Marien, der Lutherischen Pfarrkirche. "Wir wollen das 16. Jahrhundert lebendig werden lassen und Marburg wie ein aufgeschlagenes Geschichtsbuch präsentieren", erklärt Kulturamtsleiter Richard Laufner.

Marktplatz und RathausBild: picture-alliance/dpa/U. Zucchi

Die 'Stinkstation' ist Teil einer Zeitreise, zu der die Stadt Marburg Besucher vom 15.-18. Juni 2017 einlädt. Die 'Stinkstation' soll so riechen wie zu Luthers Zeiten. Ein Schauspieler trägt Tischreden Luthers vor, es gibt eine Armenspeisung, ein Pfarrer braut Bier. Das ganze Jahr über sind Ausstellungen, Tagungen und ein Lutherstück im Landestheater vorgesehen.

Gipfeltreffen der Theologen

Bis zum 4. Oktober 1529 blieben die Reformatoren auf dem Marburger Schloss. Versammelt war die theologische Elite der Zeit: Luther, der mit Philipp Melanchthon aus Wittenberg angereist war, aus Zürich kam Zwingli und Martin Bucer aus Straßburg, Justus Jonas aus Sachsen, weitere Theologen, weltliche Ratsherren und Militärs.

Marburger ReligionsgesprächBild: picture-alliance/akg-images

Luther und Zwingli trennte ein heftiger Streit um die Auslegung des Abendmahls: Für Luther war Christus real gegenwärtig in Brot und Wein, für Zwingli bedeuteten Brot und Wein symbolisch den Leib und das Blut Christi. "Luther wollte gar nicht nach Marburg kommen", sagt Historiker Becker. "Er fürchtete, dass er verlieren konnte." Aber Landgraf Philipp, eine politische Kraft hinter der Reformation, bestand auf dem Treffen. "Philipp war durch und durch Machtmensch", sagt Becker. "Er war der zweite Landesfürst, der in seinem Land die Reformation eingeführt hat." Und er hatte 1527 die erste protestantische Universität der Welt gegründet. 

Die erste protestantische Universität der Welt wurde 1527 in Marburg gegründetBild: picture-alliance/dpa/U. Zucchi

Auf dem Schloss ging es sehr laut zu. Die Kontrahenten wohnten teilweise im selben Zimmer. Die Diskussionen in der Fürstenwohnung wurden auf Deutsch und auf Latein geführt, es gab eine Redeordnung, Treffen unter vier Augen, ein Abschlussgespräch. Philipp zwang die Reformatoren, sich in so vielen Punkten wie möglich zu einigen. Doch eine Einigung scheiterte am Ego Luthers. "Er hat auf stur gestellt", sagt Becker. Es gab zwar eine Abschlusserklärung mit 15 Artikeln, doch in der entscheidenden Abendmahlsfrage blieben die Differenzen.

Marburger Altstadt mit FachwerkhäusernBild: picture-alliance/dpa/K.H. Schindler

Luther reiste am 5. Oktober aus Marburg ab. Das - im Grunde ergebnislose - Religionsgespräch ist noch heute bekannt. "Es hat was Folkloristisches", findet Christoph Becker. Religionsgeschichtlich war es ein entscheidender Schritt zur Trennung zwischen lutherischen und reformierten Protestanten.

Stefanie Walter (epd)

 

 

 

 

 

 

 

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