Touristen als Tierschützer
23. Juli 2009Allabendliche Pirschfahrt auf der Kavita Lion Lodge am Rande des Etosha-Nationalparks in Namibia. Sie ist eine von mehreren Gästefarmen, die seit vielen Jahren für den Schutz von Raubkatzen kämpfen. Wer dort Urlaub macht, leistet mit seinen Übernachtungsgeldern einen aktiven Beitrag zum Artenschutz. Der deutschstämmige Uwe Hoth hat sich gemeinsam mit seiner Frau Tammy vor zehn Jahren dem Löwenschutz verschrieben: "Bei der Afri-Leo-Stiftung geht es um den Schutz und Erhalt des namibischen Löwen. Die Tiere sind nicht gefährdet hier – im Gegenteil: Hier in Namibia haben wir eine kleine, aber gesunde Population. Aber wenn man sich das Gesamtbild anschaut, ist der Löwe in Afrika gefährdet und als verwundbar zu klassifizieren."
Löwen-Population um die Hälfte geschrumpft
Eine Milliarde Menschen leben mittlerweile in Afrika, und es werden immer mehr. Und jedes Stückchen Platz, das der Mensch einnimmt, ist ein Verlust an Lebensraum für den Löwen. Hinzu kommen Kriege und Krankheiten wie Tuberkulose und FIV, im Volksmund "Katzenaids" genannt. All diese Gründe führen dazu, dass es auch dem Löwen an den Kragen geht: Seine Population ist in den letzten 20 Jahren um fast die Hälfte geschrumpft.
Die Jagd auf die Wildkatzen sei ein drittes Problem, weiß Uwe Hoth: "Einmal die Trophäenjagd, zum Zweiten die traditionelle Jagd, wie die Masai sie betreiben, und zum Dritten die Jagd, wo wir uns vor den Tieren schützen, weil sie unsere Rinder und Schafe auffressen. Wir verlieren rund um den Etosha 20 bis 80 Löwen im Jahr. Die Warzenschweine machen Löcher, und so kommt das Raubtier auf die Farm, egal ob das Löwe, Hyäne, Gepard, Leopard ist. Das Haustier ist einfache Beute, und das Raubtier sagt sich 'dann gehe ich nicht mehr Antilopen jagen, wenn ich doofe Kühe fressen kann'." Nicht nur durch Spenden können Urlauber das Projekt unterstützen, auch Spenden sind stets willkommen. Zum Beispiel für die Finanzierung von neuen Zäunen, die das Vieh der Landbevölkerung besser schützen sollen.
Farmer vergiften Leoparden um eigenes Vieh zu schützen
Etwa 400 Kilometer südlicher: Die Gästelodge Okonjima ist Sitz der Africat-Foundation, die sich um Geparden und Leoparden kümmert. Geschätzte 3.000 Geparde leben in Namibia - das ist ein Viertel der weltweiten Population. Ihr Bestand ist massiv gefährdet, durch die Trophäenjagd und durch das Töten und Vergiften durch die Farmer. Bei der Africat Foundation fanden in den letzten 15 Jahren rund 1.000 Geparden vorübergehend ein Zuhause. Über 80 Prozent konnten wieder ausgewildert werden. Sie kamen verletzt, verwaist oder verstümmelt hier an, erzählt Africat-Chefin Carla Conradi. Manche Geschichten bleiben ihr auch nach all den Jahren in Erinnerung. "Wir haben mal eine Mutter mit vier Kleinen von einer Farm gerettet. Der Farmer war gerade dabei, sie illegal ins Ausland zu exportieren. Die Kleinen waren gerade mal zwei Monate alt. Alle wurden in einer Box gehalten, die zwei Meter lang und einen halben Meter breit war“, erinnert sich die Tierschützerin.
Kein Geld vom Staat
Alles, was es für die Tiere zu fressen gab, habe die Mutter den Kleinen verfüttert, so dass sie selbst in einem erbärmlichen Gesundheitszustand gewesen sei. "Als sie dann hierher kamen, haben wir ihnen erst mal gefüttert, gefüttert, gefüttert. Sie wurden von Tag zu Tag gesünder, und die Kleinen wuchsen und wuchsen, so dass wir sie eines Tages in eine Art privates Naturreservat freilassen konnten."
Neben der Gästelodge gibt es auch hier eine Natur- und Umweltschule und intensive Zusammenarbeit mit den Farmern. Das alles kostet natürlich viel Geld. Momentan ist die Verbindung von Tourismus und Naturschutz die einzige Chance, Projekte wie diese am Leben zu erhalten. Staatliche Unterstützung gibt es keine – dazu gibt es noch zu viele andere Probleme in Namibia.
Koexistenz von Mensch und Tier
Wo liegt die Zukunft der afrikanischen Raubkatzen? Viele prognostizieren eine sogenannte "Island-Conservation": Wilde Tiere wird es nur noch in privaten Reservaten und Parks geben, wo sie fernab der Menschen leben und ihnen keiner nach dem Leben trachtet. Der deutschstämmige Okonjima-Geschäftsführer Tristan Böhme wünscht sich nichts mehr als eine friedliche Koexistenz von Mensch und Tier: "Wir müssen uns auch als Menschen anpassen können und eine Toleranz und ein Verständnis dafür haben, dass diese Tiere auch Platz haben. Und diesen Platz noch für lange beanspruchen sollten."
Autorin: Karin Lamsfuss
Redaktion: Stephanie Gebert